Präambel
Nordrhein-Westfalen-Koalition
Nordrhein-Westfalen hat große Potenziale. Unser Land ist geprägt durch eine breite kulturelle und regionale Vielfalt. Die europaweit einzigartige Hochschul- und Forschungslandschaft ist Ideengeber und Motor für gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt weit über die Landesgrenzen hinaus. Unsere großen Unternehmen und unsere stark mittelständisch geprägte Wirtschaft in Handwerk, Industrie und freien Berufen sind untrennbar in Wertschöpfungsketten miteinander verbunden. Der Einsatz und die Innovationsfreude ihrer qualifizierten und engagierten Beschäftigten bilden die Grundlage für unseren Wohlstand von morgen.
Nordrhein-Westfalen bietet uns allen eine lebenswerte Heimat im Herzen Europas. Weltoffenheit und Toleranz, Verantwortungsgefühl und Gemeinsinn schaffen einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt – ob in den großen Städten oder in den ländlichen Regionen.
Nordrhein-Westfalen schöpft seine Potenziale aber bei weitem nicht aus. Die Bürgerinnen und Bürger spüren das in ihrem Leben Tag für Tag. Christdemokraten und Freie Demokraten nehmen den Auftrag an, unser Land freier und sicherer, fairer und moderner zu gestalten. Wir wollen die Stärken unseres Landes, das Engagement seiner Bürger und die Chancen der Digitalisierung nutzen, um das Leben für alle noch besser zu machen.
Wir wollen Kindern den Aufstieg unabhängig von der Herkunft der Eltern ermöglichen. Beste Bildung, zukunftssichere Arbeitsplätze und mehr Sicherheit in allen Winkeln unseres Landes – das sind die Ziele unserer Politik. Diesen Politikwechsel zu gestalten, dafür braucht es Mut und Zuversicht. Wir werden diesen Weg mit großer Entschlossenheit mit den Menschen gehen.
Wir verstehen uns als Bündnis des Aufbruchs und des Ausgleichs. Uns ist wichtig, Freiheit und Sicherheit, Ökonomie und Ökologie, städtische Räume und ländliche Regionen wieder miteinander ins Gleichgewicht zu bringen. Wir versöhnen Gegensätze und schaffen Raum für Fortschritt.
Wir wollen bei der Lösung der großen Fragen unserer Zeit zu einem Impulsgeber in der deutschen und europäischen Politik werden. Dafür bringen wir unser Gewicht in Berlin und Brüssel stärker ein. Wir bekennen uns zu Europa und wollen es gemeinsam mit unseren Nachbarn Belgien, Luxemburg und den Niederlanden aus der Mitte des Kontinents heraus mitgestalten.
Um diese großen Herausforderungen anzupacken, bilden Christdemokraten und Freie Demokraten die Nordrhein-Westfalen-Koalition. Als eigenständige Parteien schließen wir eine Modernisierungspartnerschaft und bringen unser Land wieder voran.
1. Land des Aufstiegs durch Bildung
Unser Land, unser Anspruch: Wir wollen ein Nordrhein-Westfalen, das Chancen für alle bietet – egal ob für Klein oder für Groß. Nordrhein-Westfalen soll wieder ein Land für Kinder und Familien werden, ein Land, in dem der Aufstieg durch Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf. Starke Familien sind das Fundament unserer Gesellschaft. Familien, in denen Liebe, Geborgenheit und Werte vermittelt werden, sind die beste Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. In Familien werden Kinder und Jugendliche zu eigenständigen, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Sie stehen im Mittelpunkt unserer Politik.
Wir wollen den Aufstieg durch Bildung möglich machen. Christdemokraten und Freie Demokraten eint die Überzeugung, dass alle Kinder, unabhängig von der Herkunft der Eltern, bestmöglich und individuell gefördert werden müssen, damit jeder einen erfolgreichen Lebensweg einschlagen und sich seine Wünsche und Träume erfüllen kann. Deshalb setzen wir uns das Ziel, beste Bedingungen für die Bildung unserer Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen zu schaffen. Dabei werden wir ein verlässlicher Partner der Schulen und Bildungseinrichtungen sein.
Eine gute berufliche Ausbildung bleibt eine der besten Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben. Wir sehen unser weltweit einzigartiges System der dualen Ausbildung als optimalen Weg, gesellschaftliche Vielfalt im Bildungswesen abzubilden, Potenziale zu fördern, Jugendarbeitslosigkeit zu verhindern und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu stärken. Wir wollen die Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung daher wieder deutlich verbessern.
Auch die Studentinnen und Studenten sollen an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen exzellente Studienbedingungen vorfinden. Christdemokraten und Freie Demokraten verfolgen das Ziel, die Hochschulen des Landes an die akademische Qualität der besten Hochschulen in der Welt heranzuführen. Neue Ideen, weltverändernde Entdeckungen und revolutionäre Erfindungen und Modelle entstehen nur dort, wo talentierte Köpfe frei denken können und darin bestärkt werden, ungewöhnliche Wege einzuschlagen statt ausgetretenen Pfaden zu folgen.
FAMILIEN, KINDER UND FRÜHKINDLICHE BILDUNG
Familien geben Halt, machen Mut, kümmern sich umeinander, stehen füreinander ein und vermitteln Werte. Dabei ist die Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern. Christdemokraten und Freie Demokraten haben Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Familien. Sie sind der Ort, an dem Partnerschaft und Solidarität gelebt und der Sinn für Gemeinschaft und Gerechtigkeit von Anfang an erlebt werden kann.
Die Familie ist das zuverlässigste soziale Netz in unserer Gesellschaft und übernimmt im besten subsidiären Sinne zentrale gesellschaftliche Aufgaben. Deshalb ist sie besonders zu schützen und zu unterstützen. Die Gestaltung des persönlichen Lebensumfeldes ist jedoch Sache jedes Einzelnen. Das betrifft Partnerschaft und Familie ebenso wie die freie Entscheidung, Kinder selbst zu betreuen oder sie betreuen zu lassen. Für uns ist dabei klar: Nicht die Familie muss wirtschaftsfreundlicher, sondern die Wirtschaft muss familienfreundlicher werden. Zahlreiche Unternehmen in Nordrhein-Westfalen setzen bereits – unter Berücksichtigung betrieblicher Erfordernisse – auf eine Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege und tragen dazu bei, dass Familie gelebt werden kann. Solche Ansätze gilt es zu fördern.
Christdemokraten und Freie Demokraten setzen sich zum Ziel, die frühkindliche Bildung zu verbessern, die Kinderbetreuung und den Kinderschutz in Nordrhein-Westfalen auszubauen und die Kinderarmut zu bekämpfen. Kinderarmut ist dabei mehr als finanzielle Knappheit. Das Erfolgsmodell der Sozialen Marktwirtschaft verpflichtet jeden Einzelnen von uns, dafür Sorge zu tragen, dass Kinder ihre Talente entfalten können – unabhängig vom Status ihrer Eltern. Bildung eröffnet Perspektiven. Unter „Bildung im Elementarbereich“ wird heute von Eltern häufig immer noch ein schulisches Lernen verstanden. Dabei geht es bei der „Bildung im Elementarbereich“ um das „Lernen lernen“, Neugier – auch im Spiel mit anderen Kindern – zu wecken und Kinder bei ihren Schritten in die Welt gemeinsam mit den Eltern zu begleiten.
Kindertagesbetreuung
Für uns Christdemokraten und Freie Demokraten kommt der Kindertagesbetreuung eine die Eltern unterstützende und ergänzende – jedoch keine ersetzende – Funktion zu. Wir verstehen die Kindertagesbetreuung als Erziehungspartnerschaft zwischen den Eltern und den Erzieherinnen und Erziehern.
Finanzierung
Wir werden die strukturelle Unterfinanzierung der Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen beseitigen. Dazu werden wir stufenweise zusätzliche Landesmittel bereitstellen. Darüber hinaus werden wir schnellstmöglich ein Trägerrettungsprogramm realisieren. Dabei wollen wir grundsätzlich an einem auf Pauschalen basierenden Finanzierungssystem festhalten und diese Pauschalen dynamisieren.
Uns liegt der Erhalt der Trägervielfalt in Nordrhein-Westfalen am Herzen. Daher soll im Rahmen der Neustrukturierung der Finanzierung der Kindertagesbetreuung auch eine Betrachtung der heutigen Trägeranteile erfolgen.
Wir werden das bestehende Finanzierungssystem der Kindertagesbetreuung vereinfachen. Gemeinsam mit den Trägern und den kommunalen Spitzenverbänden werden wir dabei prüfen, wie die besonderen Herausforderungen in sozialen Brennpunkten berücksichtigt werden können.
Das dritte KiTa-Jahr vor der Einschulung bleibt beitragsfrei. Langfristig streben wir eine allgemeine Beitragsfreiheit für alle KiTa-Jahre in Nordrhein-Westfalen an. Sollte der Bund finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, die die Einführung einer Elternbeitragsfreiheit zu einem früheren Zeitpunkt ermöglichen, würden wir dies ausdrücklich begrüßen und umsetzen.
Rahmenbedingungen
Die Erzieherinnen und Erzieher fördern unsere Kinder auf den ersten Schritten ihres Bildungsweges. Dafür verdienen sie unsere Anerkennung und unseren Respekt. Wir haben Vertrauen in die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher sowie der Tagesmütter und -väter in der Kindertagesbetreuung. Im Rahmen der Beseitigung der strukturellen Unterfinanzierung wollen wir mit den Trägern und den kommunalen Spitzenverbänden folgende Ziele erreichen:
Tagesmütter und Tagesväter
Christdemokraten und Freie Demokraten wollen die Arbeit von Tagesmüttern und Tagesvätern als wichtige Säule der Kindertagesbetreuung unterstützen und stärken. Das Gebot von maximal acht Betreuungsverträgen pro Tagesmutter oder Tagesvater wird aufgehoben. Die Maßnahmen sollen unter Berücksichtigung der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen vorgenommen werden, die Obergrenze von maximal fünf gleichzeitig zu betreuenden Kindern bleibt bestehen.
In den vergangenen Jahren haben die Anforderungen an Tagesmütter und -väter stetig zugenommen. Ihrer Qualifizierung kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Die Ausbildung von Tagesmüttern und -vätern soll kompetenzorientiert erfolgen.
Damit Tagesmütter und Tagesväter frei zwischen Selbstständigkeit und Angestelltenverhältnis wählen können, werden wir neue Beschäftigungsmodelle unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände und des Landesverbandes Kindertagespflege NRW auf den Weg bringen.
Ausbau der U3- und Ü3- Betreuungsplätze
Der Ausbau von sowohl U3- als auch Ü3-Betreuungsplätzen ist für uns ein wichtiges Ziel. Um diesen rasch voranzubringen, werden wir sicherstellen, dass bei Neu- und Ausbau- sowie Erhaltungsvorhaben der Träger-Eigenanteil in Höhe von zehn Prozent bei durchschnittlichen Baukosten auch de facto nicht überschritten wird. Gleichzeitig müssen Baustandards im Rahmen von Neu- und Erweiterungsbauten von Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege überprüft und die heutige Zweckbindungsfrist flexibilisiert werden.
Wir werden die unterjährige Aufnahme von Kindern in die Kindertagesbetreuung vereinfachen und somit eine größere Flexibilität für Familien schaffen. Außerdem soll der interkommunale Ausgleich bei der Betreuung, Bildung und Erziehung von gemeindefremden Kindern neu geregelt werden.
Außerdem werden wir schnellstmöglich eine Überprüfung der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung vornehmen. Dabei soll auch eine Umstellung auf eine duale Ausbildung mit einem zertifizierten Fort- bzw. Weiterbildungssystem geprüft werden. Überdies werden wir die Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Berufsgruppen in der Kindertagesbetreuung verbessern.
Familienförderung
Eltern müssen dabei unterstützt werden, ihrem Erziehungs-, Betreuungs- und Bildungsauftrag nachkommen und dabei gleichzeitig berufliche Ziele weiterverfolgen zu können. Familien brauchen langfristige Planungssicherheit und stabile Rahmenbedingungen. Wichtig ist, dass niemand Eltern vorschreibt, wie sie das Familienleben, die Erziehung der Kinder und ihr berufliches Engagement gestalten. Unser Ziel ist, ihnen die größtmögliche Wahlfreiheit zu eröffnen.
Auf der Grundlage einer umfassenden Evaluation aller familienpolitischen Leistungen des Landes werden wir eine offensive Familienförderung auf den Weg bringen. Wir haben in unserer letzten gemeinsamen Regierungszeit mit den Familienzentren vorbildliche Strukturen für die Bündelung und Vernetzung von Beratungs- und Hilfsangeboten für Eltern und Familien geschaffen. Wir werden eine Evaluation der Familienzentren vornehmen, um daraus Erkenntnisse für deren Ausbau und qualitative Weiterentwicklung zu ziehen.
In Bezug auf die Kindertagesbetreuung sollen zukünftig folgende Punkte besondere Beachtung finden:
Die kommunale Ebene ist der erste öffentliche Ansprechpartner für Familien. Es ist daher unser Ziel, die Kommunen in ihrer Familienpolitik zu stärken und nachhaltig dabei zu unterstützen, wie heterogene familienpolitische Kompetenzen fachübergreifend vernetzt werden können.
Das Namensrecht in Deutschland ist nicht zeitgemäß. Sofern keine Namensketten entstehen, wollen wir, dass alle Mitglieder einer Familie die Möglichkeit haben, den gleichen Namen zu tragen, auch wenn es etwa ein Doppelname ist. Gleichzeitig wollen wir den Wünschen vieler zugewanderter Menschen nachkommen und ermöglichen, dass sie ihre Integration durch eine Namensänderung verfestigen können.
Ehen können scheitern. Doch von Kindern darf nicht erwartet werden, sich zwischen ihren Eltern entscheiden zu müssen. Wir fordern eine stärkere Berücksichtigung der Betreuungspflicht für beide Elternteile. Kinder sollen einen Anspruch darauf haben, auch im Trennungsfall mit beiden Eltern zu leben, idealerweise im regelmäßigen Wechsel (Doppelresidenz / Wechselmodell).
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Wir setzen uns dafür ein, dass sich Eltern die Erziehungs- und Erwerbsarbeit untereinander ihren Bedürfnissen entsprechend teilen können. Vor diesem Hintergrund werden wir auch Männer ermutigen, stärker als bisher Familienarbeit, sei es die Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen, zu übernehmen.
Die Erziehungsarbeit aller Eltern in Nordrhein-Westfalen verdient besondere Anerkennung und Unterstützung. Wir setzen uns deshalb gegenüber der Wirtschaft auf Landesebene mit Nachdruck für flexible Arbeitszeitmodelle und hieran angepasste Ganztagsbetreuungsmodelle in Kindertagesstätten und Schulen ein. Darüber hinaus benötigen allein- oder getrennterziehende Mütter und Väter besondere Unterstützung, um ihre Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf meistern zu können. Familien, bei denen ein Elternteil die Kinder zu Hause betreut, sollen ebenfalls aktive Unterstützung erfahren.
Selbstbestimmung beim Kinderwunsch
Wir wollen die Selbstbestimmung der Menschen bei ihrem individuellen Kinderwunsch stärken, indem wir den Zugang zur Reproduktionsmedizin für alle Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch erleichtern. Wir werden zur Entlastung bei den Behandlungskosten die Teilnahme am Förderprogramm des Bundes ermöglichen, indem wir die erforderliche Landesbeteiligung auf den Weg bringen.
Schwangerschaftsberatung
Eine humane und solidarische Gesellschaft muss alles dafür tun, um schwanger gewordenen Frauen umfassende Hilfestellung und Beratung anzubieten. Vor diesem Hintergrund leisten die über 200 Schwangerschaftsberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen eine unverzichtbare Arbeit. Wir werden sie weiter unterstützen.
Teilhabe für alle Kinder
Wir wollen die Kinderarmut in Nordrhein-Westfalen bekämpfen und sind der Überzeugung, dass weder neue Schulden noch staatliche Sonderprojekte die Ursachen von Armut beheben können. Hilfsangebote und präventive Maßnahmen müssen für alle Familien in Nordrhein-Westfalen zugänglich sein. Im Interesse des Kindeswohls müssen Eltern, die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden können oder die mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind, vom Staat wirksam unterstützt, begleitet und befähigt werden. Das unter Regierungsverantwortung von Christdemokraten und Freien Demokraten in Nordrhein-Westfalen aufgebaute, präventiv wirkende Frühwarnsystem rechtzeitiger Hilfen muss künftig noch dichter geknüpft werden und darf nicht wie bisher nur auf Modellkommunen beschränkt bleiben. Wir wollen Eltern und Kindern in Not wirksam und zuverlässig helfen.
Der Schlüssel gegen Kinderarmut ist ein integrierter Ansatz: Eine bessere Wirtschaftspolitik, die die Potenziale Nordrhein-Westfalens freisetzt und die von Armut bedrohten Familien in Lohn und Brot bringt. Eine Familienpolitik, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und Pflege sicherstellt. Und eine Bildungspolitik, die den Aufstieg durch Bildung ermöglicht.
Wir wollen die Prävention stärken. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kommunalen Jugendhilfeämtern kennen die Familienstrukturen und die Sozialräume in ihren jeweiligen Städten. Sie müssen gezielter unterstützt werden. Über eine Änderung der Landesrahmenvereinbarung NRW zum Präventionsgesetz des Bundes werden wir Präventionsmaßnahmen für Kinder, Jugendliche und Familien stärken. Darüber hinaus werden wir prüfen, wie Mittel und Programme von Bund und Land gebündelt werden können, um eine größere Wirkung zu erzielen.
Familien mit geringem Einkommen wollen wir durch die Förderung einer Familienerholung in einer anerkannten, gemeinnützigen Einrichtung gemeinsame Bildungs- und Freizeiterlebnisse ermöglichen.
Familienberatung und Familienbildung sind wichtige, ergänzende und stärkende Familienhilfen. Wir setzen uns dafür ein, dass Eltern, die Unterstützung benötigen, diese auch niedrigschwellig erfahren können. Dafür wollen wir die Angebote evaluieren, bedarfsgerecht ausbauen und finanziell besser fördern.
Zur Verbesserung des Kinderschutzes werden wir den interkollegialen Ärzteaustausch zur Verhinderung von doctor-hopping und Gewalt gegen Kinder ermöglichen und den Ärztinnen und Ärzten Rechtssicherheit geben.
SCHULE
Unser Anspruch an die Leistungsfähigkeit der Schulen ist hoch, weil auch die Herausforderungen, denen sich junge Menschen im (Berufs-)Leben stellen müssen, kontinuierlich wachsen. Dazu gehört etwa eine immer höhere Erwartung an das Erlernen von Fremdsprachen, von mathematisch-naturwissenschaftlichen und technischen Fächern ebenso wie der kompetente Umgang mit digitalen Medien.
Schulen sind der wichtigste Bildungsort im sozialen Raum. Mehr Öffnung nach außen, mehr Gestaltungsfreiheiten, eine bessere Einbindung und Vernetzung mit unterschiedlichen Berufsfeldern und Institutionen von der frühkindlichen Bildung über die Jugendhilfe bis zu außerschulischen Partnern können einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssteigerung in den Schulen leisten. Wir wollen die Schulentwicklungsplanung begleiten und so neue Konzepte für „beste Bildung“ in der Abhängigkeit vom jeweiligen Sozialraum umsetzen.
Eine umfassende bauliche Modernisierung unserer Schulen ist von ganz besonderer Bedeutung. Wir brauchen zudem die am besten ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer, engagierte Eltern, technisch gut ausgestattete Schulen, mehr Autonomie für die Schulen vor Ort und exzellente Leuchtturmprojekte, die auf die Qualitätsentwicklung aller Schulen eine positive Wirkung entfalten.
Die Modernisierung und Weiterentwicklung unserer Schulen und Schulgebäude wird Zeit in Anspruch nehmen und kann nur in Schritten erfolgen. Umso wichtiger ist es, dass wir unverzüglich damit beginnen.
Bildungschancen müssen überall in Deutschland und für alle Kinder gleichermaßen zugänglich und unabhängig von der sozialen Herkunft sein. Gerade in Zeiten großer gesamtgesellschaftlicher und bildungspolitischer Herausforderungen wie der Inklusion und der Integration sind erhebliche finanzielle Ressourcen erforderlich. Notwendig ist eine gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengung unter Beteiligung der Kommunen und der Länder sowie des Bundes. Alle gesetzlichen Hürden, die einer solchen gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung im Wege stehen, müssen beseitigt werden mit dem Ziel, im föderalen Aufbau unseres Landes wieder neue Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen, die wir für die Gesamtfinanzierung unseres Bildungssystems nutzen wollen.
Unterrichtsgarantie und Lehrerversorgung
Unterrichtsausfall trifft vor allem die Schülerinnen und Schüler, die keine Unterstützung durch ihr Elternhaus in Form von Nachhilfe oder anderen Stützen erfahren. Wir wollen den Unterrichtsausfall mit allen Mitteln abbauen.
Um für unsere Schülerinnen und Schüler eine bestmögliche individuelle Förderung zu erreichen, werden wir die Erteilung des Unterrichts im Rahmen einer Unterrichtsgarantie sichern und hierzu die Lehrerversorgung an unseren Schulen spürbar verbessern.
Ausgangspunkt der Bekämpfung des Unterrichtsausfalls kann nur eine genaue Erfassung sein. Zum nächstmöglichen Zeitpunkt werden wir eine digitale und schulscharfe Erfassung des Unterrichtsausfalls einführen. Hierfür werden wir eine transparente Definition von Unterrichtsausfall festlegen.
Die von der Vorgängerregierung für die nächsten Jahre in der mittelfristigen Finanzplanung mit dem Vermerk „künftig wegfallend“ versehenen Lehrerstellen werden wir nicht streichen, um die personelle Ausstattung der Schulen zu sichern und zu verbessern. Vor allem fachspezifische Nachbesetzungen sollen so ermöglicht werden.
Mittelfristig streben wir eine 105-prozentige Lehrerversorgung an, vordringlich an den Grundschulen. Wir wollen die Klassengrößen schrittweise reduzieren und die Schüler-Lehrer-Relation verbessern. Um die Schulen bei den vielfältigen sozialen Herausforderungen zu unterstützen, werden wir den Einsatz multiprofessioneller Teams ausbauen.
Um Gestaltungsmöglichkeiten zu erweitern, werden wir ein Programm der offenen Schule schaffen. Schulen sollen so vermehrt Persönlichkeiten aus der beruflichen und akademischen Praxis in den Unterricht einbeziehen können. Dafür sollen unbürokratisch ergänzende Möglichkeiten für den ehrenamtlichen Einsatz oder die temporäre Beschäftigung sogenannter Praxis-Lehrer geschaffen werden. Wir wollen Programme wie zum Beispiel „Teach First“ ausbauen. Gleichzeitig werden wir den pädagogisch begleiteten Seiteneinstieg sowie das Anwerben ausländischer Lehrkräfte stärker fördern und die pädagogische Konzeption für den Seiteneinstieg weiterentwickeln.
Gute Bedingungen für unsere Lehrkräfte
Wir werden Maßnahmen zur besseren Besetzung von Schulleitungspositionen ergreifen. Hierzu zählen zum Beispiel Jobsharing und frühzeitiges Mentoring oder auch Fortbildungen zur Unterstützung beim Führungshandeln. Zudem werden wir unter anderem die bei der letzten Besoldungserhöhung übergangenen Stellvertreterfunktionen entsprechend berücksichtigen.
Wir wollen die Attraktivität des Lehrerberufs generell wieder steigern. Unsere Lehrerinnen und Lehrer bereiten unsere Kinder auf die Zukunft vor und leisten hierzu enorme Anstrengungen. Deshalb verdient der Lehrerberuf höchste gesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung. Zur weiteren Entlastung wollen wir die Berichts- und Dokumentationspflichten für Lehrerinnen und Lehrer zurückführen und vereinfachen. Eine Entbürokratisierung soll auch unter Prüfung der Arbeitsbelastung der Lehrkräfte erfolgen. Die Schulen sollen verstärkt durch Schulverwaltungsassistenten unterstützt werden. Diesen sollen auch Aufstiegsmöglichkeiten eröffnet werden.
Um qualitativ hochwertigen Unterricht für Lehrkräfte zu ermöglichen, müssen auch die Instrumente zur Unterstützung der Qualitätsentwicklung weiterentwickelt werden. Wir werden die Aufgabenstellung des Landesinstituts für Schule „QUA-LiS“ überprüfen. Es wird eine „Clearingstelle“ für evidenzbasierte Pädagogik geschaffen.
Um mehr Transparenz zu schaffen, werden die Qualitätsberichte und Zielvereinbarungen zukünftig durch die Schulen im Internet veröffentlicht. Die Schulaufsicht wird weiterentwickelt.
Lehreraus- und Fortbildung
Für besten Unterricht braucht es bestens aus- und fortgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Wir werden zur Unterstützung der Lehrkräfte die Lehrerausbildung überarbeiten und die Fortbildung intensivieren.
Wir haben das Ziel, durch die Stärkung der Fachlichkeit an den Schulen die Lehrpraxis wissenschaftlicher zu machen. Parallel dazu muss auch die Wissenschaft der Lehrerausbildung praxisorientierter werden. Der Stellenwert der Lehrerausbildung an den Universitäten soll daher verbessert werden
Die Lehrerausbildung wird novelliert und eine Stärkung der Fachlichkeit und der Fachdidaktik in den Fächern umgesetzt. Die erste und die zweite Phase der Lehrerausbildung müssen besser verzahnt werden.
Wir werden eine Fortbildungsoffensive für Lehrkräfte durchführen, insbesondere zu den Feldern der Inklusion, der Integration und der digitalen Medien. Es wird eine Evaluierung und Neustrukturierung der Fortbildungen von Lehrerinnen
und Lehrern mit dem Ziel der Nachhaltigkeit und Wirksamkeit im Unterrichtsalltag erfolgen. Dabei wollen wir eine stärkere Einbeziehung der Universitäten und Fachhochschulen umsetzen sowie neue Wege zur qualitativen Verbesserung der Fortbildungen eröffnen. Auch hierzu wollen wir die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen.
Freiheit und Eigenverantwortung für unsere Schulen
Unsere Schulen benötigen mehr Gestaltungsfreiheit, um ihre Kreativität voll entfalten und neue Wege beschreiten zu können. Deshalb werden wir den Schulen mit einem Schulfreiheitsgesetz mehr Freiheit und Eigenverantwortung ermöglichen. Wir wollen den Schulen keine erneute Reform von oben und zusätzliche Belastungen aufbürden, sondern ihnen mehr Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen, damit sie ihre Ideen besser verwirklichen und die erweiterten Handlungsspielräume vor Ort erfolgreich nutzen können. Den Schulen ermöglichen wir so viel stärker, ihre pädagogischen Konzepte auf der Grundlage klarer Qualitätsstandards fortzuentwickeln. Wir werden die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer und vor allem der Schulleitungen durch eine grundlegende Bereinigung unnützer und aufwendiger Erlasse entlasten und die Unterstützung bei der Verwaltungsarbeit stärken. Im Rahmen einer Verantwortungsgemeinschaft mit den
Lehrerinnen und Lehrern und den Schulleitungen wollen wir unsere Schulen Schritt für Schritt erfolgreicher und besser machen.
Dies bedeutet mehr pädagogische Freiheit etwa bei der Bildung von Lerngruppen innerhalb einer Schule, bei Lehrplänen, bei Stundentafeln oder auch beim Verzicht auf Förderpläne. Darüber hinaus werden die Lehrpläne zur Stärkung der Fachlichkeit überarbeitet und deren Kompetenzorientierung neu bewertet. Auch sollen die Schulen selbst über den Anteil von äußerer und innerer Differenzierung entscheiden können. Diese gestärkte pädagogische Freiheit wird in eine gleichzeitige Sicherung verbindlicher Standards sowie der Bildungs- und Erziehungsziele eingebettet.
Auf freiwilliger Basis soll es den Schulen ermöglicht werden, ihre Personalmaßnahmen eigenständig zu treffen. Dazu gehören Entscheidungen über Finanzmittel bei Einstellungen (Freie Personalmittel) oder beim Jobsharing für Schulleitungen. Mehr finanzielle Freiheit soll durch Schritte von Kleinen zu Großen Schulbudgets, durch die Übertragbarkeit und die Möglichkeit für Anspareffekte sowie gegenseitige Deckungsfähigkeit eröffnet werden.
Neben der pädagogischen, der personellen und der finanziellen Freiheit werden den Schulen zudem mehr organisatorische Freiheiten eröffnet. Dies kann mehr Freiheit bei der Gestaltung des Ganztags, beim Wechsel von Trägerschaften und bei der Organisation der Schulgremien (z.B. Schulvorstand) bedeuten oder auch, dass Berufskollegs Bildungsgänge verstärkt selber festlegen können.
Wir wollen die Gleichbehandlung aller Schulformen wiederherstellen. Die Benachteiligung von Realschulen und Gymnasien werden wir beenden. Zur Sicherung von Schulangeboten der Sekundarstufe I im ländlichen Raum können Sekundarschulen genauso wie Realschulen und Gymnasien zweizügig fortgeführt werden. Dabei ist zu prüfen, ob und wie gymnasiale Standards umgesetzt werden.
Wir werden unsere Schulen modern ausstatten und die Schulträger finanziell besser unterstützen. Hierzu ist die Schul- und Bildungspauschale zu dynamisieren und bedarfsgerecht anzupassen.
Der notwendige Ausbau der multiprofessionellen Unterstützung ist nicht nur eine wichtige Entlastung der Lehrkräfte, sondern stellt auch eine nachhaltige und intensive soziale Begleitung der Schülerinnen und Schüler sicher. Daher wollen wir eine Stärkung und verlässliche Fortführung der Schulsozialarbeit erreichen und den Ausbau der Schulpsychologie vorantreiben.
Wir wollen bei der Aufnahme der Schülerinnen und Schüler die Entscheidungsmöglichkeiten der Schulen aufgrund ihres jeweiligen Bildungsauftrags stärken. Das Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ werden wir evaluieren und an allen Schulformen weiterentwickeln.
Wir wollen Schülerinnen und Schüler besser auf eine selbstbestimmte Lebensgestaltung und einen erfolgreichen Berufseinstieg vorbereiten. Ökonomische Bildung ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Allgemeinbildung. Christdemokraten und Freie Demokraten werden daher an allen weiterführenden Schulen das Schulfach Wirtschaft etablieren, in dem unter anderem Kenntnisse unserer Wirtschaftsordnung ebenso wie Aspekte der Verbraucherbildung vermittelt werden. Zur Ausgestaltung werden wir auf bereits bestehende Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen wie auch aus anderen Bundesländern zurückgreifen und schulische, außerschulische sowie wissenschaftliche Expertise einbinden.
Wir wollen soziale Nachteile im Bildungsbereich überwinden und Aufstiegschancen für alle eröffnen. Hierzu ergreifen wir für alle Schulen geeignete Maßnahmen. Darüber hinaus werden wir als besondere Maßnahme für unterschiedliche Schulformen mindestens 30 Talent-Schulen – insbesondere mit MINT-Schwerpunkt – mit exzellenter Ausstattung und modernster digitaler Infrastruktur in Stadtteilen mit den größten sozialen Herausforderungen einrichten. Hierzu sollen auch privates Engagement aus dem regionalen Umfeld der neuen Talent-Schulen sowie Mittel von Sozial- und Bildungsstiftungen zum Einsatz kommen. Von diesen Talentschulen erhoffen wir uns, dass sie als Leuchtturmprojekte der schulischen Bildung eine positive Wirkung auf die Qualitätsentwicklung in allen Schulen entfalten.
Wir werden durch Anreizsysteme für Lehrkräfte die Schüler-Lehrer-Relation in sozial schwierigen Stadteilen verbessern und die Möglichkeiten des Sozialindexes erweitern.
Schulvielfalt in Nordrhein-Westfalen
Eltern wünschen sich vielfältige und qualitativ hochwertige Schulangebote, weil sich auch die individuellen Neigungen der Kinder und Jugendlichen unterscheiden. Daher wollen wir ein vielfältiges Schulangebot sicherstellen und alle Schulen qualitativ verbessern. Hierzu ist die Sicherung verbindlicher Qualitäts- und Leistungsstandards unverzichtbar.
Um für die Kinder an Grundschulen einen bestmöglichen Einstieg in die Schullaufbahn sicherzustellen, streben wir einen verbesserten Übergang von der KiTa zur Grundschule an. Der Entwicklungsstand gleichaltriger Kinder unterscheidet sich oftmals. Die Form der Rückstellung soll sich daher an der Entwicklung des Kindes orientieren und ist neu zu regeln.
Gegenwärtig sind die Rahmenbedingungen für einen bestmöglichen Unterricht im Primarbereich unzureichend. Wir werden deshalb einen „Masterplan Grundschule“ auflegen. Zu den Kernelementen dieses Masterplans zählen eine effektive Vertretungsreserve, die Prüfung der flexiblen Mittel für den Vertretungsunterricht sowie kleinere Klassen bei Inklusion und Integration. Zudem soll die Lehrerausstattung insbesondere an den Grundschulen am Sozialindex ausgerichtet werden. Für die notwendige Lehrerversorgung an Grundschulen sind darüber hinaus ausreichende Studienkapazitäten für den Primarbereich unerlässlich.
Entscheidende Grundlagen für die weitere schulische Entwicklung werden in der Grundschule gelegt. Daher wollen wir die Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen stärken, mit besonderer Fokussierung auf die Rechtschreibung. Aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse soll die Erteilung des Fachs Englisch in den Grundschulen überprüft werden. Zukünftig werden ab Klasse 3 Ziffernoten mit einer Erläuterung verbindlich, ab Klasse 4 ist eine ergänzende Erläuterung optional möglich.
Neben vielfältigeren religiösen Bekenntnissen ist auch die Anzahl der Familien ohne konfessionelle Bindung angewachsen. Daher werden wir Ethikunterricht an Grundschulen ermöglichen.
An Hauptschulen werden wir durch eine verstärkte Kooperation mit beruflichen Schulen, der regionalen Wirtschaft, den Handwerkskammern und den Industrie- und Handelskammern in regionalen „Bündnissen für Schule, Ausbildung und Beruf“ die Berufsorientierung intensivieren. Weitere zentrale Ziele sind die konzeptionelle Weiterentwicklung der Integration von praktisch interessierten Flüchtlingen und des inklusiven Unterrichts mit Blick auf die Berufsorientierung.
An den Realschulen werden wir eine Stärkung der Berufsorientierung durch eine Überarbeitung der Lehrpläne im Sinne der Neigungsdifferenzierung vornehmen. Wir werden die Durchlässigkeit durch eine verbindliche Kooperation mit Oberstufen von Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs verbessern.
Die Gesamtschulen sind ein wichtiger Bestandteil einer vielfältigen Schullandschaft und bereiten auf die duale Ausbildung und Hochschulreife vor. Ihre langjährigen Erfahrungen im Bereich der Inklusion können einen wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Gestaltung dieser gesellschaftlichen Aufgabe leisten. Wir wollen die Gesamtschulen wieder in die Lage versetzen, eigene Inklusionskonzepte umsetzen zu können.
Das Gymnasium darf nicht weiter benachteiligt werden. Wir werden den Bildungsauftrag der Gymnasien stärken. Das Ziel ist die vollumfängliche Studierfähigkeit der Abiturientinnen und Abiturienten. Hierzu werden wir die MINT-Fächer stärken und den Ausbau der Kooperationen mit den Hochschulen des Landes und denen des benachbarten Auslands vorantreiben.
Christdemokraten und Freie Demokraten nehmen in der Frage G8 oder G9 zur Kenntnis, dass der überwiegende Teil der Schüler- und Elternschaft der Gymnasien G9 favorisiert. Daher wird als Leitentscheidung ab dem Schuljahr 2019/2020 an den Gymnasien der neunjährige Bildungsgang (G9) eingeführt. Zukünftig wird G9 sowohl an Ganztagsgymnasien, aber auch als Halbtagsangebot möglich sein. Demgegenüber wünscht ein ebenfalls ernst zu nehmender Anteil von Schülerinnen und Schülern, von Eltern und Schulleitungen G8. Für Gymnasien, die beim achtjährigen Bildungsgang verbleiben wollen, wird eine unbürokratische Entscheidungsmöglichkeit für G8 eröffnet. Alle Gymnasien werden zusätzlich gestärkt. So wird die Benachteiligung der Gymnasien beendet und der Umstellungsprozess auf G9 bestmöglich gestaltet. Ebenso erhalten diejenigen Gymnasien, die die Wahlfreiheit für G8 nutzen wollen, eine zusätzliche Unterstützung, um dieses G8 qualitativ hochwertig umsetzen zu können.
Wir werden bei der Umsetzung des neunjährigen gymnasialen Bildungsgangs als Regelfall sowie der Option zum Verbleib bei G8 betroffene Verbände und Gruppierungen sowie Erfahrungen anderer Bundesländer in einem intensiven fachlichen Austausch einbinden. Im Zentrum der Ausgestaltung muss die Stärkung gymnasialer Bildung stehen.
Ganztagsschulen
Ganztagsschulen leisten einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gleichzeitig nehmen sie neben dem Betreuungsangebot eine wichtige Rolle als zusätzliches Bildungsangebot wahr. Dabei müssen für Eltern Wahlmöglichkeiten gesichert sein.
Wir werden die Offenen Ganztagsschulen ausbauen, qualitativ stärken und flexibler gestalten. In einem ersten Schritt werden wir mit einem Sofortprogramm neue Plätze schaffen und die Qualität verbessern. Sollte eine Beteiligung des Bundes möglich werden, wollen wir langfristig den Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz ermöglichen. Gemeinsam mit den Trägern werden wir ein Konzept zur Flexibilisierung der OGS in Kombination mit anderen Betreuungsangeboten erarbeiten, das Platz-Sharing und individuelle Abholzeiten ermöglicht.
Schulen in freier Trägerschaft
Schulen in freier Trägerschaft bereichern unser vielfältiges Schulsystem. Die unterschiedlichen pädagogischen Konzepte und Profile leisten einen wichtigen Beitrag, um den unterschiedlichen Neigungen und Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen bestmöglich zu entsprechen. Daher werden wir hier eine angemessene Finanzierung sicherstellen. Auch verfolgen wir das Ziel, bei Landesprogrammen eine grundsätzlich wirkungsgleiche Übertragung auf Schulen in freier Trägerschaft zu gewährleisten.
Gelingende Inklusion
Christdemokraten und Freie Demokraten wollen die Inklusion an den Schulen bestmöglich und zum Wohle der Kinder und Jugendlichen gestalten. Dabei muss die Qualität der individuellen Förderung aller Kinder und Jugendlichen im Zentrum der Anstrengungen stehen. Gleichzeitig wollen wir Wahlmöglichkeiten für Familien sichern, um den unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen gerecht werden zu können. Hierzu zählt auch eine durchgehende Wahlmöglichkeit zwischen Förderschule und inklusiver Regelschule. Für Eltern wollen wir hierzu eine unabhängige fachliche Beratung ermöglichen.
Zur Sicherung der Qualität des Unterrichts unter den Bedingungen schulischer Inklusion werden wir verbindliche Qualitätsstandards setzen. Voraussetzung für die Bildung von inklusiven Lerngruppen an allgemeinen Schulen ist fortan die Erfüllung und Sicherung dieser Qualitätsstandards. Um den Wünschen vieler Eltern nach qualitativ hochwertigen inklusiven Angeboten an allgemeinen Schulen zu entsprechen, werden wir mit einer konzeptionellen Neuausrichtung und in Absprache mit den Schulträgern verstärkt Schwerpunktschulen für den gezielten Einsatz von Ressourcen bilden.
Zur akuten Sicherung des Förderschulangebots werden wir die Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke für Ausnahmen öffnen und die kommunalen Schulträger bei der Entwicklung regionaler Förderschulentwicklungspläne unterstützen.
Um weitere Begegnungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen, werden wir Förderschulgruppen an allgemeinbildenden Schulen und allgemeinbildende Angebote an Förderschulen ermöglichen.
Wir werden gemeinsam mit den Trägern und vor allem mit den ehemaligen Kompetenzzentren Netzwerke fördern, bei denen neben allgemeinen Schulen auch Förderschulen und Partner im Sozialraum wie die Jugendhilfe, die Wirtschaft oder Vereine beteiligt sein sollen.
Die Möglichkeit der Feststellung eines Bedarfs an sonderpädagogischer Förderung muss jederzeit bestehen, dies auch auf Antrag von Schulen. Hierfür ist das Verfahren nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu überarbeiten.
Wir werden die Förderschulabschlüsse unter Anrechnung individueller Begabungen im Hinblick auf ein selbstständiges berufliches Leben überarbeiten und eine Verbesserung der Berufsbildung im Bereich der sonderpädagogischen Förderung an Berufskollegs umsetzen. Die Umsetzung der Inklusion an Gymnasien erfolgt in der Regel zielgleich. Wenn zieldifferenter Unterricht gewünscht wird, bedarf es eines Konzeptes und entsprechender Unterstützung durch das Land. Die Betreuung durch Inklusionshelfer werden wir regeln und qualitativ und quantitativ stärken.
Förderung begabter Schülerinnen und Schüler
Die bestmögliche Förderung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler ist ein zentrales Anliegen unserer Bildungspolitik. Die Schule hat aber auch den Auftrag, besonders begabte Kinder zu fördern und diesen einen auf sie zugeschnittenen individuellen Bildungsweg zu ermöglichen. Es ist daher unser Ziel, neben verstärkter Fortbildung an mindestens zwei Universitäten in Nordrhein-Westfalen nach dem Vorbild anderer europäischer Länder einen Masterstudiengang zu etablieren, in dem begleitend zum fachbezogenen Lehramtsstudium ein Schwerpunkt auf die Begabungs- und Hochbegabtenförderung gelegt wird. Netzwerksstrukturen zur Begabungs- und Hochbegabtenförderung
zwischen den Schulen werden wir unterstützen.
Integration zugewanderter Schülerinnen und Schüler
Die erfolgreiche Integration zugewanderter Schülerinnen und Schüler ist eine große Herausforderung. Wir wollen diesen Integrationsprozess bei bestmöglicher Unterstützung der Schulen strukturiert und zielorientiert gestalten.
Für eine zügige Integration von Flüchtlingskindern müssen für Schulen vielfältige Möglichkeiten geschaffen werden. Dies bedeutet auch übergangsweise die Bildung externer Klassen, in denen Kinder und Jugendliche ohne ausreichende Deutschkenntnisse auf den Unterricht in Regelklassen vorbereitet werden.
Es bedarf strukturierter Angebote, um geflüchteten Jugendlichen den Einstieg in die Ausbildung zu ermöglichen. Hierzu wollen wir eine bessere Verzahnung der verschiedenen Institutionen unterstützen.
Wir wollen verhindern, dass junge Flüchtlinge ohne Perspektiven bleiben und absehbar keine Integration in Gesellschaft und Arbeitsmarkt gelingen wird. Daher werden wir eine Schulpflicht für nicht mehr schulpflichtige Flüchtlinge einführen.
Chancen der Digitalisierung
Die Lebenswelt junger Menschen ist bereits heute umfassend von der Digitalisierung geprägt, spiegelt sich aber im Schulleben noch viel zu wenig wider. Unsere Schulen müssen über eine hervorragende digitale Infrastruktur verfügen und unsere Lehrerinnen und Lehrer müssen bestmöglich für die Nutzung der digitalen Möglichkeiten aus und fortgebildet werden. Schülerinnen und Schülern muss angesichts des viel umfangreicheren Angebots viel stärker als bisher Medienkompetenz vermittelt werden.
Wir werden für eine bessere Mittelausstattung für moderne und digitale Schulen sorgen. Dazu nutzen wir insbesondere auch die Mittel des Bundesprogramms „Digitalpakt#D“, den wir bestmöglich umsetzen wollen. Die Chancen der Digitalisierung müssen in allen Fächern genutzt werden. Hierzu sind die Lehrpläne bedarfsgerecht zu aktualisieren. Gleichzeitig wollen wir den Informatikunterricht in allen Schulformen stärken. Alle Kinder sollen auch Grundkenntnisse im Programmieren erlernen. Daher werden wir die Vermittlung von Fähigkeiten im Programmieren als elementaren Bestandteil im Bildungssystem verankern. Um die Lehrkräfte bestmöglich zu unterstützen, werden wir insbesondere auch zur Nutzung digitaler Medien eine Fortbildungsoffensive für Lehrerinnen und Lehrer initiieren. Um angehende Lehrkräfte im Studium auf den Einsatz und Umgang mit den digitalen Möglichkeiten frühzeitig vorzubereiten, werden wir digitales Lernen in der Lehrerausbildung stärker verankern. Zur digitalen Medienbildung streben wir bundesweite Bildungsstandards an.
Im Rahmen eines neuen Grundschul-Projekts in Anlehnung an „Jedem Kind ein Instrument“ (JEKI) werden wir Kinder früh an das Programmieren heranführen.
Wir schaffen die notwendigen Strukturen für die Nutzung von mobilen digitalen Endgeräten im Unterricht. Wir beschleunigen zudem die Nutzung von Tablets und eBooks und werden sicherstellen, dass Endgeräte im notwendigen Umfang zur Verfügung stehen. Wir starten Pilotprojekte für digitale Lernzentren 4.0 an Berufsausbildungseinrichtungen („Smart Factory“).
Europa und unsere Schulen
Wir wollen den europäischen Gedanken bereits in der Schule stärken und diese Zielsetzung im Schulunterricht vertiefen. Wir befürworten zudem den Ausbau von internationalen Schulen, „Europaschulen“ und europäischen Studiengängen als wichtigen Beitrag zur Stärkung des europäischen Gedankens in der Bildung. Wir werden darauf hinarbeiten, dass der Übergang von Kindern aus dem System der europäischen Schulen in das Schulsystem reibungsloser erfolgen kann. Auch den grenzüberschreitenden Schulbesuch werden wir ermöglichen (Primar- und Sekundarstufe).
AUS- UND WEITERBILDUNG
Ausbildung
Für Christdemokraten und Freie Demokraten sind die berufliche und die akademische Bildung gleichwertig. Eine Ausbildung ist genau so viel wert wie ein Hochschulabschluss. Wir lehnen die unnötige Akademisierung von klassischen Ausbildungsberufen deshalb ab. Die berufliche Bildung ist für eine erfolgreiche Entwicklung unserer Gesellschaft und Wirtschaft unverzichtbar und eröffnet vielfältige Chancen und Aufstiegsmöglichkeiten. Daher wollen wir intensive Anstrengungen unternehmen, um die berufliche Bildung besser zu unterstützen.
Wir wollen die Möglichkeit modularer Ausbildungen fördern und den Ausbildungskonsens fortführen.
Um die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung umfassend zu berücksichtigen, sollen bei der Berufsinformation verbindlich nicht nur Studienfächer, sondern gleichwertig auch stets konkrete Ausbildungsgänge vorgeschlagen werden.
Zur Stärkung dieses wichtigen und chancenreichen Bildungsbereichs bedarf es eines Pakts für berufliche Bildung von Bund und Ländern. Notwendig sind eine Vereinheitlichung der Anerkennung von Abschlüssen der beruflichen Bildung auf Studienleistungen und ein Konzept der höheren Berufsbildung. Hierbei sollen neue Bildungswege im Abschluss gleichwertig sein mit den beiden akademischen Qualifikationen Bachelor und Master. Zudem muss die Doppelqualifizierung mit Meister und Bachelor möglich sein. Wir ergreifen eine Bundesratsinitiative für einen Exzellenzpakt für die berufliche Bildung und werden dazu ein entsprechendes Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen starten.
Dringend geboten ist ebenfalls ein Abbau bürokratischer Aufgaben an den Berufskollegs. Um die Eigenverantwortung von Berufskollegs zu stärken, werden rechtliche Öffnungsklauseln und neue Trägermodelle geprüft. Auch soll eine Profilierung des Studiums für das Lehramt an Berufskollegs erfolgen.
Motivierte, qualifizierte Fachkräfte sind Grundvoraussetzung für eine starke Wirtschaft. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung und des demografischen Wandels kommt der Stärkung des Fachkräftenachwuchses eine herausragende Bedeutung zu.
Das stellt Anforderungen an Unternehmen, Politik und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst. Nordrhein-Westfalen steht in der Verantwortung, die besten Rahmenbedingungen für die Ausbildung der Fachkräfte von morgen, für die Fort- und Weiterbildung der Beschäftigten und für die Qualifizierung von beschäftigungslosen Menschen zu schaffen.
Deshalb stärken wir die Fachkräftesicherung und Qualifizierung in Nordrhein-Westfalen. Einen besonderen Fokus legen wir dabei auf die berufliche Ausbildung. Denn die duale Ausbildung sowie die darauf aufbauende Fort- und Weiterbildung sind von zentraler Bedeutung für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Handwerk, Mittelstand und Industrie und eines hohen Beschäftigungsniveaus. Dazu ergreifen wir folgende Maßnahmen:
Wir werden uns für einen Ausbau der Teilzeitausbildung einsetzen, um jungen Eltern und Alleinerziehenden die Möglichkeit zu geben, Ausbildung und Familie gleichzeitig zu bewältigen. Insbesondere für Jugendliche, die mit einer dreijährigen Ausbildung überfordert sind, werden wir für mehr Berufsbilder zweijährige Ausbildungsabschlüsse schaffen.
Wir werden Jugendliche mit schulischen und ausbildungsbezogenen Defiziten besser unterstützen, zum Beispiel durch eine weitere Verbreitung des Programms „assistierte Ausbildung“ der Bundesagentur für Arbeit.
In Abstimmung mit Nahverkehrsverbünden und Arbeitgebern wollen wir den Rechtsrahmen zur freiwilligen Einführung eines „Azubi-Tickets“ schaffen.
Weiterbildung
Wir werden eine angemessene und projektungebundene finanzielle Grundausstattung für Volkshochschulen und Weiterbildungseinrichtungen in freier Trägerschaft sicherstellen und dabei die Mittel für die institutionelle Förderung dynamisieren. Vor allem werden wir die Mittel für das Nachholen von Schulabschlüssen erhöhen. Die Weiterbildungseinrichtungen sollen stärker in regionale Bildungslandschaften eingebunden werden.
Das Weiterbildungsgesetz werden wir reformieren. Zudem werden wir die Digitalisierung in der Weiterbildung stärken und die damit verbundenen Chancen bestmöglich nutzen.
Wir wollen die finanzielle Vorsorge für Aus- und Weiterbildung verbessern und hierzu mit Unterstützung des Bundes das Konzept des Bildungssparens umsetzen. Deshalb befürworten wir die Einführung von Bildungssparkonten. Lebenslanges Lernen erlangt immer größere Bedeutung, weshalb das Bildungssparen attraktiv gemacht werden muss. Es sollte daher mit einem staatlichen Anreiz versehen werden.
HOCHSCHULEN
Beste Lernbedingungen für Studierende verlangen eine Abkehr von Massenvorlesungen in überfüllten Hörsälen und vergriffenen Fachbüchern in den Bibliotheken. Für ein erfolgreiches Studium müssen Studierende praktische Einblicke in Forschung und Anwendung bekommen, aber auch individuelle Betreuung und Kritik erfahren, damit sie ihre Persönlichkeit bestmöglich entwickeln und auf dieser Grundlage einen erfolgreichen beruflichen Werdegang einschlagen können.
Unsere Hochschulen sollen in ihrer Rolle als Katalysatoren für Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt wieder gestärkt werden. Dafür brauchen sie wieder mehr Freiheit, bessere Rahmenbedingungen und eine verlässliche und auskömmliche Finanzierung. Sie sollen für Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher sowie für akademische Lehrerinnen und Lehrer aus der ganzen Welt an Attraktivität gewinnen. Wir wollen die Kraft der Hochschulen für die Erneuerung unseres Landes nutzen.
Hochschulfreiheit
Wir werden die Autonomie und die eigenverantwortliche Gestaltungskraft der nordrhein-westfälischen Hochschulen durch ein überarbeitetes Hochschulgesetz wiederherstellen. Hierzu werden wir das bestehende Hochschulgesetz im Sinne eines weiterentwickelten Hochschulfreiheitsgesetzes ändern.
Das neue Hochschulfreiheitsgesetz soll sehr zeitnah und unter Mitwirkung unserer Hochschulen in einem effizienten und zügigen Verfahren erarbeitet werden. Es soll unsere Hochschulen schnell von zentraler Steuerung durch das Land und von unnötigem bürokratischen Aufwand befreien.
Hierzu müssen insbesondere das Instrument der Rahmenvorgaben, das Durchgriffsrecht des Ministeriums auf das Hochschulmanagement und die Pflicht zur Aufnahme von Zivilklauseln in die Grundordnungen der Hochschulen sowie Vorgaben des Landeshochschulentwicklungsplans abgeschafft werden.
Mit dem neuen Hochschulfreiheitsgesetz werden wir sicherstellen, dass unsere Hochschulen eigenverantwortlich entscheiden und mit dem Land künftig wieder auf Augenhöhe über die richtigen Ideen und Maßnahmen zur Weiterentwicklung unserer nordrhein-westfälischen Hochschullandschaft partnerschaftlich verhandeln können.
Hochschulfinanzierung und Studienqualität
Der Studienerfolg vieler Studierenden hängt maßgeblich vom direkten Austausch mit den Lehrenden ab. Vielen Professorinnen und Professoren sowie Dozentinnen und Dozenten fehlt jedoch die Zeit für eine gute Betreuung aller Studierenden. Wir werden deshalb im Rahmen eines Qualitätspaktes für beste Studienbedingungen die Qualität des Studiums und die Studienbedingungen an den nordrhein-westfälischen Hochschulen insbesondere durch eine bessere Betreuungsrelation zu stärken.
Für eine Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studienbedingungen an den Hochschulen des Landes sind zusätzliche finanzielle Ressourcen unerlässlich. Zur Finanzierung entsprechender Maßnahmen durch die Hochschulen werden wir jedoch auf die Einführung allgemeiner Studiengebühren verzichten. Stattdessen werden wir Studienbeiträge für Studierende aus Drittstaaten einführen und uns am „Baden-Württemberg-Modell“ orientieren. Sogenannte „Bildungsinländer“ werden bei der Erhebung von Studienbeiträgen ausgenommen. Ebenso werden Ausnahmen für Studierende aus Entwicklungsländern, für anerkannte Flüchtlinge und für Studierende mit besonderen sozialen Härten ermöglicht. Hierbei sollen auch entsprechende Stipendienprogramme zum Einsatz kommen. Die zusätzlichen Einnahmen des Landes werden den Hochschulen ungeschmälert zur Verbesserung der Studienbedingungen zur Verfügung gestellt.
Zudem werden wir zur weiteren Verbesserung der Studienbedingungen den Landesanteil zur Ko-Finanzierung des bisherigen Hochschulpaktes im Umfang von 250 Millionen Euro verstetigen. Vom Bund erwarten wir, dass er seine Hochschulpaktmittel im Rahmen einer Vereinbarung mit den Ländern in angemessener Höhe ebenfalls dauerhaft zur Verfügung stellt. In Richtung Bund ergreifen wir eine Initiative mit dem Ziel, dass sich dieser an der Finanzierung des Studiums von Studierenden aus Drittstaaten dauerhaft beteiligt.
Die Hochschulen sollen diese dauerhafte Erhöhung der Grundfinanzierung dazu nutzen, zusätzliche und verlässliche Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen, ohne dabei die Notwendigkeit flexibler Beschäftigungsmöglichkeiten im Wissenschaftssystem vernachlässigen zu müssen.
Karrierewege und -optionen
An unseren Hochschulen sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Weltrang lehren und forschen. Attraktive Arbeitsbedingungen sind dabei wichtige Voraussetzungen. Das gilt selbstverständlich auch bei der Vergütung. Veraltete Grundsätze der Vergütungsstruktur müssen aufgebrochen werden. Deshalb wollen wir im Rahmen einer KMK-Initiative mit den Beteiligten einen Wissenschaftstarif entwickeln, um für Professorinnen und Professoren sowie für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine dem Wissenschaftssystem gerecht werdende Vergütung zu schaffen.
Die Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Karriere ist für viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ebenfalls ein entscheidendes Kriterium bei der Standortwahl. Wir werden deshalb Maßnahmen der Hochschulen zur Attraktivitätssteigerung der akademischen Berufe an Hochschulen unterstützen. Hierzu zählen unter anderem „dual career“-Aktivitäten, „tenure track“-Modelle oder der Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten im Umfeld der Hochschulen, womit die persönlichen Lebensumstände eine bessere Berücksichtigung finden können.
Das „Professorinnenprogramm“ werden wir als wichtiges Instrument zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in unseren Hochschulen nutzen. Unser Ziel ist es, auch durch die Nutzung dieses Bund-Länder-Programms die Anzahl der Professorinnen an unseren Hochschulen zu erhöhen und die Strukturen für die hochschulinterne Gleichstellung zu stärken.
Wir werden die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des nordrhein-westfälischen Wissenschaftssystems durch die Etablierung der „tenure track“-Professur als international bekanntem und akzeptiertem Karriereweg erhöhen.
Die Förderung des Landesprogrammes „Karrierewege FH-Professur“, das den Fachhochschulen die Gewinnung wissenschaftlichen Nachwuchses erleichtert, wird fortgeführt. Es soll zudem als Vorbild für ein entsprechendes Bund-Länder-Programm dienen.
Zur Sicherstellung des Studienerfolgs von Beginn an werden wir vor allem aufgrund der steigenden Heterogenität der Studierendenschaft die Studienberatungen unserer Hochschulen für die Studieneingangsphase unterstützen. Wir werden innovative Formen und Projekte der Beratung in der Studieneingangsphase besonders stärken. Auch das Engagement der Hochschulen, Schülerinnen und Schülern frühzeitig Einblicke in die Inhalte und in die Organisation des jeweiligen Studiengangs zu ermöglichen, werden wir unterstützen.
Studienbedingungen, Wissenstransfer und Internationalisierung
Die Landesregierung wird geeignete Maßnahmen ergreifen, damit in Kooperation mit Stiftungen, Wirtschaft und Privatpersonen mehr Studierende in Nordrhein-Westfalen von einem Deutschland-Stipendium profitieren können.
Die Studierendenwerke leisten einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung von Chancengleichheit. Im Zusammenwirken mit Hochschulen und Hochschulstädten tragen sie zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Hochschulstudium bei und gestalten den Lebensraum Hochschule wesentlich mit.Sie ermöglichen vor allem eine preiswerte Verpflegung, leisten einen Beitrag für ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum, schaffen Beratungs- und Kinderbetreuungsangebote und leisten finanzielle Förderung für die Studierenden. Diese wichtige Arbeit werden wir durch eine aufgabengerechte Finanzierung und durch die Entbürokratisierung der Arbeit der Studierendenwerke
weiter unterstützen.
Immer mehr Studierende wünschen sich zeitlich flexible Studiengänge, weil sie ihr Studium mit familiären Verpflichtungen vereinbaren müssen oder einen Nebenjob ausüben. Gemeinsam mit den Hochschulen werden wir die Möglichkeiten für mehr zeitliche Flexibilität im Studium noch besser umsetzen.
Die Hochschulen müssen bei der Organisation ihrer Studienangebote und bei der Ausgestaltung ihrer Räumlichkeiten für Lehre und Forschung stets auch den Bedürfnissen von Studierenden mit Behinderungen Rechnung tragen. Wir werden Zielvereinbarungen mit den Hochschulen anstreben, die Leistungszulagen für Studienabschlüsse von Studierenden mit Behinderungen beinhalten. Mit diesem Anreiz sollen die Bemühungen um das Gelingen der Inklusion an unseren Hochschulen gefördert werden.
Für einen erfolgreichen beruflichen Werdegang der Studierenden nach dem Studium sind frühzeitige Praxiserfahrungen besonders wichtig. Das Land wird deshalb die Praxisorientierung in der Lehre sowie duale und triale Studiengänge unterstützen.
Ein Studienabbruch darf nicht als Scheitern stigmatisiert werden, sondern muss zeitnah und ohne Biografie-Bruch als Chance für einen anderen beruflichen und persönlichen Lebensweg begriffen werden. Die Hochschulen leisten mit zahlreichen Initiativen bereits wertvolle Beratungen für Studierende, die einen Studienabbruch in Erwägung ziehen. Wir werden eine landesweite Vernetzung dieser Initiativen fördern. Zudem wird der Übergang in die duale Ausbildung durch eine Anerkennung von bereits erworbenen Studienleistungen erleichtert.
Fachhochschulen sind durch ihre Anwendungsorientierung und ihrem direkten Bezug insbesondere zu mittelständischen Unternehmen ein wichtiger regionaler Ansprechpartner für die Verwirklichung innovativer anwendungsorientierter Vorhaben. Aufbauend auf den bereits vorhandenen Strukturen und Aktivitäten der Fachhochschulen soll die Forschung gestärkt werden. Forschungsstark sind auch viele Master-Absolventinnen und -Absolventen der Fachhochschulen. Die Wege zur Promotion sollen deshalb für Studierende an Fachhochschulen verbessert werden.
Hochschulen sind nicht nur als reine Lehr- und Forschungseinrichtungen zu verstehen. Im Rahmen der „Dritten Mission“ ist der Wissenstransfer in die Gesellschaft sowie die Verwertung von Anregungen aus der Gesellschaft ein Beitrag zur Weiterentwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft und damit letztlich zur Steigerung der Lebensqualität und des Wohlstands in Nordrhein-Westfalen. Der Ausbau dieser Aktivitäten ist angesichts der dynamisierten zivilgesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung ein wichtiger Bestandteil der Hochschulentwicklung.
Die zunehmende Komplexität unserer Gesellschaft verlangt lebenslanges Lernen.Deshalb benötigen wir auch verbesserte Angebote zur wissenschaftlichen Weiterbildung. Durch die Modularisierung der Studienangebote bestehen für Berufstätige hervorragende Anknüpfungsmöglichkeiten, diese wollen wir gemeinsam mit den Hochschulen weiterentwickeln.
Wir werden die Hochschulen darin unterstützen, ihre Internationalisierungsstrategien erfolgreich umzusetzen. Wir brauchen Hochschulen mit international sichtbarem Profil, um die weltbesten Forscherinnen und Forscher für den Wissenschaftsstandort Nordrhein- Westfalen gewinnen zu können. Zudem werden wir internationale Studierenden-Austauschprogramme unterstützen.
In den Kunst- und Musikhochschulen des Landes werden junge Talente zu Musikern, Schauspielern, Tänzern, Designern, Filmgestaltern, Musikjournalisten und Bildenden Künstlern ausgebildet. Beim Erhalt der hervorragenden Qualität und bei der Sicherung eines vollständigen Angebots wird das Land in Zukunft ein verlässlicher Partner unserer Kunst- und Musikhochschulen sein. Wir werden die Kunst- und Musikhochschulen dabei unterstützen, ihre Verwaltungen weiter zu stärken und zu professionalisieren. Zudem sollen die Kunst- und Musikhochschulen die Chance erhalten, die Möglichkeiten der Digitalisierung in Lehre, Forschung und Verwaltung zu nutzen.
Zur Stärkung der wichtigen demokratischen Prozesse wollen wir den Hochschulen die Möglichkeit eröffnen, Gremienwahlen auch online durchführen lassen zu können.
Bauen und Investieren an unseren Hochschulen
Wir wollen zusätzliche Investitionen in den Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen vornehmen, um den Erhalt der vorhandenen Bausubstanz der Hochschulen und Forschungsstandorte sicherzustellen. Ziel ist es darüber hinaus, unsere Hochschullandschaft im ganzen Land zu modernisieren und zu erweitern. Dort, wo zusätzliche Flächen und Investitionen zur Weiterentwicklung unserer Hochschullandschaft notwendig sind, werden wir ein verlässlicher Partner unserer Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Universitätskliniken sein und diese unterstützen.
Im Rahmen eines Optionsmodells werden wir die Bauherreneigenschaft auf die Hochschulen übertragen. Danach sollen die Hochschulen ohne Beteiligung des BLB landesfinanzierte Bauvorhaben in eigener Verantwortung umsetzen können.
Im Rahmen einer landesweiten Digitalisierungsoffensive werden wir die Möglichkeiten für das digitale Lehren und Lernen ausweiten. Hierzu werden wir den Investitionsstau beim dringend notwendigen Ausbau der digitalen Infrastruktur an unseren Hochschulen und Forschungseinrichtungen auflösen. Bei der Umsetzung entsprechender Investitionsmaßnahmen sowie bei der Beschaffung von entsprechender Soft- und Hardware werden wir die Hochschulen unterstützen. Wir unterstützen zudem eine hochschulübergreifende Vernetzung und überprüfen die Anerkennung von Massive-Online-Open-Course (MOOC)-Zertifikaten.
Hochschulmedizin in Nordrhein-Westfalen
Wir werden eine zeitnahe Begutachtung der nordrhein-westfälischen Hochschulmedizin durch den Wissenschaftsrat veranlassen. Ziel der Begutachtung ist eine Bestandsaufnahme der Leistungsfähigkeit in Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Zudem sind insbesondere die Infrastrukturausstattung (Geräte, Gebäude und IT-Infrastruktur) sowie die Governance-Strukturen zu begutachten. Ziel des Begutachtungsverfahrens durch den Wissenschaftsrat ist eine Stärkung und Profilierung aller bestehenden nordrhein-westfälischen Hochschulmedizinstandorte in Forschung, Lehre und Krankenversorgung.
Die bauliche Sanierung und Modernisierung der nordrhein-westfälischen Hochschulmedizinstandorte muss weiter vorangetrieben werden. Zur Ausfinanzierung des begonnenen Medizinischen Modernisierungsprogramms und zur Umsetzung der Masterplanungen der Universitätskliniken des Landes sind hierzu die Investitionsmittel für große Baumaßnahmen, Infrastruktur und Bauunterhaltung für die Zeit 2018 bis 2025 nochmals unter Berücksichtigung der Baupreisindexsteigerungen angemessen zu erhöhen.
Im Rahmen der Umsetzung des Medizinischen Modernisierungsprogramms benötigen unsere Universitätskliniken zudem zusätzliche Flächen und Grundstücke. Wir werden unsere Universitätskliniken beim Erwerb von Grundstücken, die sich in Landeseigentum oder im Eigentum von Dritten befinden, unterstützen.
Die Anforderungen an die IT-Infrastruktur der Universitätskliniken wachsen ständig. Dies resultiert aus dem enorm steigenden Digitalisierungsgrad in der Krankenversorgung und der Gesundheitsforschung sowie der rasant wachsenden Bedeutung der Medizininformatik. Ein nachhaltiger und zielgerichteter Ausbau der IT-Infrastruktur ist notwendig, um die Hochschulmedizin Nordrhein-Westfalens national und international wettbewerbsfähig zu halten und die Zukunft der Ärzteausbildung durch eine weitreichende Digitalisierung der Lehre zu sichern. Daher wird ein auf IT-Investitionen ausgerichtetes Investitionsprogramm aufgelegt. Zudem werden wir die bislang erfolgreichen nordrhein-westfälischen Standorte im Bundesförderwettbewerb „Medizininformatik“ weiterhin unterstützen.
Wir unterstützen die Umsetzung des Masterplans Medizinstudium 2020 und werden den Gesetzgebungsprozess auf Bundesebene für eine neue Approbationsordnung unter Berücksichtigung der Interessen der nordrhein-westfälischen Medizinischen Fakultäten konstruktiv mitgestalten. Mit Blick auf den zusätzlichen Finanzbedarf für die Umsetzung des Masterplans 2020 wird ein angemessener Finanzierungsbeitrag des Bundes und der für die ärztliche Versorgung verantwortlichen Träger erwartet.
Die bislang eingesetzten Hochschulpaktmittel zur Schaffung zusätzlicher Medizinstudienplätze werden wir verstetigen und so zu einer nachhaltigen Erhöhung der Medizinstudienplätze in Nordrhein-Westfalen beitragen.
In Ostwestfalen-Lippe werden wir am Hochschulstandort Bielefeld eine neue Medizinische Fakultät einrichten. Vorbild für die damit beabsichtigte Ausbildung zusätzlicher Medizinerinnen und Mediziner ist das sogenannte „Bochumer Modell“. Die Medizinerausbildung in Ostwestfalen-Lippe soll insbesondere darauf ausgerichtet sein, langfristig die ärztliche Versorgung auf dem Land zu verbessern. Hierzu soll bei diesem Vorhaben die Allgemeinmedizin und die Vernetzung mit akademischen Lehrkrankenhäusern und Arztpraxen auf dem Land eine besondere Bedeutung haben.
Zur Verbesserung der medizinischen Versorgung in der Fläche wollen wir in der Region Südwestfalen einen Modellversuch „Medizin neu denken“ starten. Danach sollen die Universitäten Bonn und Siegen künftig gemeinsam Mediziner ausbilden. Neben der klassischen Medizinerausbildung sollen gemeinsam mit dem DZNE Forschungsaktivitäten aufgebaut werden, die sich auf eine maximal mobile und stark digitalisierte Hochleistungs-Gesundheitsversorgung von der frühesten Kindheit bis zum hohen Alter insbesondere im ländlichen Raum konzentrieren. Das Modell setzt auf die Kooperation der beiden Basispartner Bonn und Siegen, schließt aber auch eine Zusammenarbeit mit der Universität Mainz sowie dem Erasmus Medical Center Rotterdam ein. Es wird erwartet, dass das zunächst auf fünf Jahre befristete Vorhaben neben dem Land auch vom Bund und der EU unterstützt wird und als „Nucleus“ in Nordrhein-Westfalen dienen
kann.
Zur Gewinnung von Nachwuchs für eine flächendeckende hausärztliche Versorgung werden die Verfahren der Zulassung zum Medizinstudium in der Weise weiterentwickelt und erprobt, dass die ärztliche Versorgung in unterversorgten und von Unterversorgung bedrohten ländlichen Regionen spürbar verbessert werden kann. Hierzu soll in der Vergabeverordnung der Stiftung für Hochschulzulassung die Möglichkeit eröffnet werden, bis zu zehn Prozent der Medizinstudienplätze vorab an geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu vergeben, die sich verpflichten, nach Abschluss des Studiums und der fachärztlichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin für bis zu zehn Jahre in der hausärztlichen Versorgung in den genannten Regionen tätig zu sein.
Wir werden darauf hinwirken, dass jenseits der Abiturnote auch andere Auswahlkriterien zur Erlangung eines Studienplatzes für die Humanmedizin stärker zur Geltung kommen.
2. Land der Innovation und einer starken Wirtschaft
Nordrhein-Westfalen ist das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Bundesland. Nach seiner Wirtschaftsleistung wäre Nordrhein-Westfalen die siebtgrößte Volkswirtschaft in der Europäischen Union. Unsere Wirtschaft verfügt zweifellos über das Potential, auch in Zukunft wichtiger Treiber von Innovation, Wachstum und Beschäftigung in Europa zu sein.
Nordrhein-Westfalen konnte seine wirtschaftlichen Kräfte in den vergangenen Jahren aufgrund bürokratischer Hürden und Fesseln jedoch nicht umfassend entfalten und wurde dadurch von der Wachstums- und Wohlstandsentwicklung in den anderen Ländern abgekoppelt. Diesen Rückstand holen wir gemeinsam wieder auf.
Unser Leitbild ist die Soziale Marktwirtschaft, die wie keine andere Wirtschaftsordnung Freiheit mit Verantwortung sowie fairem Wettbewerb, Leistungsgerechtigkeit und sozialem Ausgleich verbindet. In diesem Sinne werden wir die Menschen und Unternehmen von überbordender Bürokratie befreien, Investitionen wieder beflügeln und die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft durch eine forschungs- und gründerfreundliche Innovationspolitik unterstützen.
Die nordrhein-westfälische Wirtschaft braucht einen neuen Aufbruch. Dabei setzen wir auf die Kreativität, Leistungsbereitschaft und den Gestaltungswillen der Beschäftigten und der Unternehmerinnen und Unternehmer. Die Mischung aus einer überwiegend mittelständisch geprägten Wirtschaft und führenden Großunternehmen im Zentrum wachstumsstarker Leit- und Zukunftsmärkte bietet dazu alle Chancen.
Voraussetzung ist aber, dass Nordrhein-Westfalen die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung konsequent zur Modernisierung von Bildung, Wirtschaft und Verwaltung nutzt und den kleinen und mittleren wie den großen Unternehmen ein innovatives und wirtschaftsfreundliches Umfeld bietet. Dazu gehören insbesondere bestens qualifizierte Fachkräfte, eine flächendeckende Gigabit-Netzinfrastruktur, eine ebenso sichere wie bezahlbare, umweltfreundliche Energieversorgung und verkehrsmäßig erstklassig angebundene, schnell verfügbare Flächen.
Die Familienunternehmen in unserem Land leben die Grundwerte der Sozialen Marktwirtschaft vor. Viele von ihnen stehen seit Generationen für ihre Mitarbeiter und ihren Betrieb ein. Sie praktizieren Unternehmertum im besten Sinne. Die Landespolitik muss ihnen zukünftig wieder mehr Gehör verschaffen.
Weltmarktführende Familienunternehmen von der Industrie bis zum Handel, Energieund Logistikunternehmen als Rückgrat der deutschen Wirtschaft, ein hoch innovativer Telekommunikations- und Softwaresektor, ein starkes Handwerk, eine vielfältige Dienstleistungsbranche und Kreativwirtschaft, leistungsfähige Freie Berufe sowie die für die Zukunft des Landes immer wichtiger werdenden jungen Startup-Unternehmerinnen und Unternehmer wollen sich in Nordrhein-Westfalen engagieren. Wir werden ihnen das wieder ermöglichen, statt sie zu behindern.
Für Nordrhein-Westfalen als Industrieland liegen die größten Chancen der Digitalisierung in der Verbindung von Digitalisierung und industrieller Produktion. Unser Land hat alle Chancen, zum Motor der Entwicklung hin zur Industrie 4.0 zu werden. Dafür wollen wir die Stärken unseres Industriestandorts einbringen. Wir wollen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Nordrhein-Westfalen ein starkes Industrieland bleibt: mit einer leistungsfähigen Grundstoffindustrie und vielen Weltmarktführern in den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik und Automobilbau. Wir wollen den Menschen in unserem Land wieder bewusst machen, dass ihr Wohlstand ganz wesentlich vom Status Nordrhein-Westfalens als Industrieland abhängt. Unsere Industrie ist auch heute noch die zentrale Säule der nordrhein-westfälischen Wirtschaft.
Mit der Zukunft unserer Industrie hängt auch die Zukunft des Ruhrgebiets untrennbar zusammen. Die Industrie war und ist für das Ruhrgebiet der Schlüsselsektor und bedeutender Arbeitgeber, Ausbilder und Auftraggeber zugleich. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umwälzungen in der Metropole Ruhr erfordern neue Antworten und einen neuen Impuls in der Industrie- und Wirtschaftspolitik. Wir wollen gemeinsam mit den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteuren vor Ort und in Kooperation mit der Politik auf Bundes- und Europaebene das Ruhrgebiet auf seinem Weg zu einem wissensbasierten Industriestandort unterstützen.
INNOVATION, WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG
Nordrhein-Westfalen steht mit der Energiewende, dem demografischen Wandel, den zunehmenden Ansprüchen an Mobilität und der Digitalisierung vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen. Das Land muss deshalb insbesondere bei der Energieforschung, der Nano- und Mikrotechnologie sowie bei Werkstoffen, der Medizinforschung, den Informations- und Kommunikationstechnologien als auch bei Biotechnologien Spitzenreiter werden. Dabei wollen wir die von den Hochschulen und Forschungseinrichtungen in eigener Verantwortung entwickelten und profilierten Forschungsschwerpunkte gezielt weiter stärken. Mit der Gründung eines Max-Planck-Instituts wollen wir den Forschungsschwerpunkt Maschinenbau und Robotik stärken.
Digitalisierung und die ihr zugrundeliegenden Informations- und Kommunikationstechnologien verändern nicht nur die Methodik in Lehre und Forschung, sondern auch grundlegend Gesellschaft, Staat und Wirtschaft. Es ist deshalb auch Aufgabe von Wissenschaft und Forschung, Antworten zur Gestaltung dieser Veränderungen zu entwickeln. Privatsphärenschutz und IT-Sicherheit dürfen nicht der Realität hinterherhinken, eine Stärkung der Grundlagen- und angewandten Forschung sowie der Lehre ist unabdingbar. Eine so ausgerichtete Schwerpunktsetzung an einer entsprechenden Fakultät sowie die Etablierung eines Studiengangs zum Thema Cyberkriminalität an einer Hochschule des Landes sollen hierzu einen Beitrag leisten. Wir werden entsprechende Anstrengungen und Initiativen der Hochschulen unterstützen und zugleich eine bessere Verzahnung mit der Praxis anstreben, z.B. durch den ergänzenden Aufbau einer Cybercrime-Akademie für unsere Sicherheits- und Ermittlungskräfte, die mit den Hochschulen mit entsprechenden Studiengängen kooperieren sollen.
Mit den Jülich Supercomputing Centre (JSC) der Ebene 1 und weiteren universitären Hochleistungsrechenzentren der Ebenen 2 und 3 verfügt Nordrhein-Westfalen über hervorragende Voraussetzungen, um die Chancen des High Performance Computing (HPC) für Forschung, Lehre und Transfer nutzbar zu machen. Das Hoch- und Höchstleistungsrechnen in Nordrhein-Westfalen ist angesichts wachsender Bedarfe der Wissenschaft auf Landesebene sowie im Bund-Länder-Kontext zu stärken und weiterzuentwickeln. Dies gilt nicht nur für die reine technische Infrastruktur, sondern auch für Softwareentwicklung und Methodenkompetenz.
Exzellente Forschung erfordert freie Wissenschaften. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen Zukunftsfelder in eigener Verantwortung ohne Einschränkungen erforschen können. Neue Erkenntnisse und Forschungsergebnisse zum Beispiel bei der in Nordrhein-Westfalen stark vertretenen Forschung im Bereich der Grünen Gentechnik, der Stammzellforschung unter Mitwirkung des Kompetenzzentrums Stammzellforschung NRW oder der Kernsicherheitsforschung können wichtige Beiträge zum gesellschaftlichen und ökonomischen Fortschritt, zum Kampf gegen Krankheiten und zur Bewältigung anderer großer Herausforderungen leisten. Diese Chancen werden wir am Forschungsstandort Nordrhein-Westfalen entschlossen nutzen.
Initiativen von Wissenschaft und Wirtschaft zur Reduzierung von Tierversuchen werden wir unterstützen. Zugleich erkennen wir an, dass insbesondere die biomedizinische Grundlagenforschung von größter Bedeutung für die Erforschung und Behandlung vor allem der großen Volkskrankheiten und damit für das menschliche Wohlergehen ist. Dabei ist die Grundlagenforschung auf die Abbildung komplexer Vorgänge im Organismus ganz besonders angewiesen. Die hierzu notwendigen Antragsverfahren für die in der Forschung unerlässlichen Tierversuche werden wir vereinfachen und beschleunigen.
Wir wollen Forschung fördern zur Frage der Sicherung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der produzierenden Unternehmen in Nordrhein-Westfalen vor dem Hintergrund der absehbaren Transformation in Richtung einer CO2-effektiveren Produktionswirtschaft.
Die Forschungsstrategie „Fortschritt NRW“ werden wir durch eine bürokratiearme, finanziell abgesicherte und ideologiefreie Innovationsbeschleunigungsstrategie ersetzen: Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, die Patentverwertung, der Transfergedanke, Transfereinrichtungen, Clustermanagement sowie Hochschulausgründungen und studentische Startups werden wir in Verbindung mit mehr Hochschulfreiheit im Rahmen eines Innovationsbeschleunigungsgesetzes stärken und unterstützen.
Das Forschungsland Nordrhein-Westfalen soll attraktiver werden für Hochqualifizierte aus dem Ausland und für internationale Forschungskooperationen. Hierzu wollen wir das sehr erfolgreiche „NRW-Rückkehrerprogramm“ für herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Ausland ausbauen.
Bei internationalen Forschungskooperationen sind die darauf ausgerichteten Förderverfahren so einfach wie möglich zu gestalten, Hindernisse in der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit müssen abgebaut werden.
Die von kleinen und mittleren Unternehmen sehr gut angenommene, bürokratiearme und technologieoffene Forschungsförderung der Initiative „Mittelstand.Innovativ!“ werden wir weiterentwickeln. Zur Unterstützung der Forschungsaktivitäten der Wirtschaft werden wir uns über eine Bundesratsinitiative für eine die Projektförderung ergänzende, steuerliche Forschungsförderung einsetzen.
Die Exzellenzinitiative hat zu wichtigen Impulsen in der nordrhein-westfälischen Wissenschaftslandschaft geführt. Wir werden deshalb die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die vertraglichen Verpflichtungen aus den Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern zur Exzellenzinitiative und zur Exzellenzstrategie zu erfüllen und insbesondere die erforderlichen Mittel zur Kofinanzierung der Bundesmittel bereitstellen. Dies gilt auch für das Programm „Innovative Hochschule“.
Die Fernuniversität Hagen soll zu einer weltweit führenden und forschungsorientierten Open University Hagen ausgebaut werden.
Wir wollen das Angebot an exzellenter praxisnaher Ausbildung von Softwareentwicklern in NRW nach dem Vorbild und möglichst in Kooperation mit der jüngst in Berlin gegründeten Code University of Applied Sciences ausbauen.
Um mit den knappen Landesmitteln möglichst wirkungsvoll Forschungsförderung betreiben zu können, müssen diese vor allem zur Ko-Finanzierung für die weitaus finanzstärkeren Bundes- und EU-Förderprogramme zum Einsatz kommen. Damit Nordrhein-Westfalen bei der Einwerbung dieser Mittel gemessen an der Größe des Landes erfolgreich sein kann, werden wir verlässliche Ko-Finanzierungsstrategien entwickeln und im Landeshaushalt absichern. Das Land bringt somit eine verlässliche und flexible Ko-Finanzierung von EU- und Bundesmitteln für die Forschung auf den Weg. Dies gilt mit Blick auf den Bund insbesondere für die Ko-Finanzierung von Forschungsbauten gemäß Art. 91b GG.
DIGITALISIERUNG
Die Digitalisierung verändert und durchdringt alle Lebensbereiche. Sie bietet Chancen für eine fortschrittliche Gesellschaft, eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und einen modernen Staat gleichermaßen. Um eine Spitzenposition im digitalen Zeitalter erreichen zu können, müssen wir den Ausbau der digitalen Infrastruktur erheblich beschleunigen.
Unser Ziel ist, dass Nordrhein-Westfalen die Chancen der Digitalisierung aktiv nutzt und mit einer innovativen, vernetzten Wirtschaft die Voraussetzungen für Wachstum und Wohlstand von morgen schafft. Wir wollen, dass die Menschen mehr Freiheit und mehr Aufstiegschancen für sich nutzen können und dass wir die Herausforderungen der Digitalisierung gemeinsam meistern. Dazu bedarf es einer breit angelegten Digitalstrategie, in deren Zentrum ein Masterplan zum Ausbau gigabitfähiger digitaler Infrastrukturen steht. Denn flächendeckende hochleistungsfähige Netze sind die Grundlage einer erfolgreichen Digitalisierung.
Digitalstrategie
Wir werden eine umfassende Digitalstrategie der Landesregierung entwickeln. Bei der Umsetzung werden wir den grundlegenden Ansatz verfolgen, die frühzeitige praktische Erprobung digitaler Geschäftsideen und neuer Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Von der technologischen Entwicklung überholte Rahmenbedingungen dürfen nicht dazu führen, dass der Fortschritt einen Bogen um Nordrhein-Westfalen macht und stattdessen woanders Wirklichkeit wird.
Die Digitalstrategie und der Gigabit-Masterplan werden finanzielle Herausforderungen mit sich bringen. Darauf stellen wir uns ein.
Die erfolgreiche Entwicklung und Umsetzung der Digitalstrategie erfordert eine Weiterentwicklung der organisatorischen Strukturen.
Gigabit-Masterplan
Wir entwickeln einen Masterplan für unser Gigabit-Ziel:
Digitale Wirtschaft als Innovationstreiber
Nordrhein-Westfalen verfügt über alle Potentiale, die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland endlich wieder aus einer Spitzenposition heraus mit zu gestalten. Mit einer über die gesamte Wertschöpfungskette hervorragend aufgestellten Industrie, einem innovativen Mittelstand in Handwerk, Handel, Freien Berufen oder im Dienstleistungssektor, einer wachstumsstarken Kultur- und Kreativwirtschaft sowie zahlreichen Weltmarktführern über alle Leitmärkte und Branchen hinweg kann Nordrhein-Westfalen wieder zum Antreiber für Wohlstand und Wachstum in der Mitte Europas werden.
Dafür müssen vor allem Innovationskräfte freigesetzt und gestärkt werden. Eine zentrale Bedeutung kommt dabei der Digitalisierung und Vernetzung von Geschäftsmodellen, Produktionsprozessen, Produkten und Dienstleistungen zu. Dafür braucht unser Land wieder eine Willkommenskultur für Investitionen und bessere Rahmenbedingungen für neue Ideen und neue Geschäftsmodelle sowie für qualifizierte Fach- und Führungskräfte, die das Neue in der Wirtschaft mutig vorantreiben.
STARTUPS UND GRÜNDERKULTUR
Nordrhein-Westfalen soll ein Land neuer Ideen, innovativer Startups und einer lebendigen Gründerszene werden. Dazu braucht Nordrhein-Westfalen ein Update für die Gründungskultur und bessere Rahmenbedingungen für Unternehmensgründungen und -gründer. Unser Ziel ist eine neue Gründerzeit in Nordrhein-Westfalen.
Wir wollen die gründerfreundlichsten Rahmenbedingungen schaffen und die Gründungsphase für alle so einfach wie möglich gestalten. Dabei setzen wir auf die besten Lösungen und Vorbilder – national wie international – und werden einen umfassenden Bürokratieabbau vorantreiben.
Wir werden innovative Startups gezielt fördern.
BÜROKRATIEABBAU UND DIGITALE VERWALTUNG
Wir werden die Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft, die Kommunen sowie Gründerinnen und Gründer von unnötigen und zu komplizierten Regeln befreien. Bürokratie hat in den vergangenen Jahren Eigeninitiative, Fortschritt und wirtschaftliche Entwicklung ausgebremst. Wir schaffen einen unkomplizierteren Staat und werden Gesetze, Regelungen und Prozesse für alle Beteiligten vereinfachen.
Dabei werden wir die Chancen der Digitalisierung nutzen und eine moderne, digitale Verwaltung aufbauen, die den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen einen nutzerfreundlichen Austausch mit staatlichen Stellen ermöglicht.
Wirtschaft und Bürger entfesseln – weniger Bürokratie
Wir werden ein Entfesselungsgesetz mit Sofortmaßnahmen zum Abbau unnötiger Bürokratie vorlegen. Zur Modernisierungs- und Investitionsbeschleunigung werden unter anderem folgende Maßnahmen beitragen:
Auf Vorgaben des Bundes und der Europäischen Union werden zukünftig keine weiteren bürokratischen Regeln aufgesattelt (eins zu eins-Umsetzung). Bestehende Gesetze und Vorschriften werden daraufhin rückwirkend überprüft und korrigiert.
Das Leitbild der allgemeinen Gesetzgebung wird sein, dass sich Nordrhein-Westfalen an den unkompliziertesten Lösungen in Deutschland orientiert.
Das Mittelstandsförderungsgesetz und das Wirkungsumfeld der Clearingstelle Mittelstand werden wir gemeinsam mit Wirtschaft, Gewerkschaften und Kommunen weiterentwickeln.
Wir führen einen Normenkontrollrat des Landes ein, der die Aufgabe eines „Bürokratie-TÜV“ nach dem Vorbild des Normenkontrollrates des Bundes wahrnimmt. Der Bürokratie-TÜV wird bei Gesetzgebungsverfahren den Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Verwaltungen berechnen und öffentlich machen. Der „Bürokratie-TÜV“ beinhaltet auch eine regelmäßige Evaluierung von Gesetzen.
Wir werden überprüfen, welche hoheitlichen Aufgaben wie etwa Gewerbeanmeldungen von den Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft übernommen werden können.
Zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen werden wir bei geeigneten Verfahren Genehmigungsfiktionen einführen. Die Planungs- und Genehmigungskapazitäten werden wir durch Aufgabenverschiebungen in der Landesverwaltung von Kontrolle hin zu Genehmigung ausbauen. Bei der Anwendung und Umsetzung des Planungs- und Genehmigungsrechts des Bundes werden wir die jeweils ein fachste bundesweite Praxis anwenden und damit Verfahren beschleunigen. Außerdem werden wir zur Vermeidung unnötiger Verfahrensfehler Beteiligungs- und Verbandsklagerechte mit dem Bundesrecht und dem europäischen Recht harmonisieren.
Wir werden die Erlasspraxis in Nordrhein-Westfalen systematisch so verändern, dass Genehmigungsverfahren nicht durch Erlasse behindert, sondern beschleunigt werden. Mit der Durchführung beauftragen wir den neu einzurichtenden Normenkontrollrat des Landes.
Wir werden den Mittelstand vor unfairer Konkurrenz durch öffentliche Unternehmen und den Staat schützen. Die Betätigung von öffentlichen Unternehmen ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Betätigung zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dringend erforderlich ist und private Unternehmen diese Aufgabe nicht ebenso wirksam und effektiv erledigen können. Wir prüfen das Beteiligungsportfolio des Landes auf Privatisierungsmöglichkeiten.
Digitale Verwaltung
Die Digitalisierung eröffnet Chancen, die Servicequalität der öffentlichen Verwaltung, die Nutzerfreundlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Effizienz des Staates erheblich zu verbessern. Die digitale Verwaltung soll etwa durch ein digitales Bürgeramt den Bürgerinnen und Bürger das gleiche Nutzererlebnis verschaffen wie bei modernen und service-orientieren kommerziellen Anbietern („citizen centricity“).
Wir beschleunigen die Digitalisierung der Verwaltung. Wir schaffen die Rahmenbedingungen dafür, dass die gesamte Landesverwaltung nicht erst bis 2031, sondern bereits bis zum Jahr 2025 vollständig digitalisiert wird.
LANDESPLANUNG UND WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
Landesplanung
Der Landesentwicklungsplan (LEP) soll zukünftig wieder eine nachhaltige Entwicklung ermöglichen und dabei ein Gleichgewicht zwischen sozialem Zusammenhalt, Ökonomie und Ökologie herstellen.
Ländliche Regionen und Ballungsräume brauchen wieder gleichwertige Entwicklungschancen. Dazu werden wir unseren Kommunen Flexibilität und Entscheidungskompetenzen bei der Flächenausweisung zurückgeben. Wir werden ermöglichen, dass bedarfsgerecht neue Wohngebiete und Wirtschaftsflächen ausgewiesen werden können, auch in Orten mit weniger als 2.000 Einwohnern.
Zum Erhalt unserer Wertschöpfungsketten sowie zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen muss die Landesplanung Standortsicherung und Standortentwicklung durch die Bereitstellung und Bevorratung von Flächen zur gewerblichen und industriellen Nutzung ermöglichen. Gemeinsam mit den Standortkommunen wollen wir das immense Flächenportfolio der RAG von fast 8.000 Hektar für eine wirtschaftliche, städtebauliche und Freiraum schützende Entwicklung nutzbar machen. Den Ansiedlungsschutz von Bereichen für gewerbliche und industrielle Nutzung wollen wir stärken.
Tierhaltungsanlagen sollen im Außenbereich weiter zulässig sein. Ställe gehören nicht in Industriegebiete.
Wir werden die Unterscheidung in Landes- und Regionalbedeutsamkeit von Flughäfen und Häfen im LEP aufheben, um allen Standorten die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben.
Die LEP-Flächen für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben werden wir ertüchtigen und weiterentwickeln. Wir werden insbesondere den Strukturwandel im Ruhrgebiet gestalten. Der newPark soll in den nächsten Jahren zum Top-Standort für neue Industrie in Nordrhein-Westfalen werden. Das Industrieareal am nördlichen Rand der Metropole Ruhr soll Standort für die Industrien und Arbeitsplätze der Zukunft werden. Dort sollen Industrieunternehmen aus der ganzen Welt willkommen sein.
Im Rahmen des LEP wollen wir die Ausweisung von Versorgungszeiträumen und Reservezeiträumen für die Rohstoffsicherung wieder auf je 25 Jahre verlängern.
Der ökologische Ausgleich bei der Inanspruchnahme von Natur und Landschaft benötigt dringend innovative Ansätze bei der Kompensationsregelung. Anstelle der Ausweisung neuer Schutzflächen wollen wir vorrangig bestehende Flächen qualitativ aufwerten. Dazu führen wir ein Monitoring von Naturschutzflächen ein. Ferner wollen wir den Vertragsnaturschutz stärken und ihm Vorrang vor dem Amtsnaturschutz einräumen. Kompensationsmaßnahmen sollen zudem verstärkt für die Finanzierung von Brachflächensanierungen, naturverbessernde Maßnahmen innerhalb bebauter Gebiete, die Aufstellung von Landschaftsplänen oder die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie genutzt werden.
Diese Leitlinien werden wir für die gesamte Landesregierung bindend festlegen. Die landesplanerischen Vorgaben werden wir in einem gestuften Verfahren korrigieren. Dazu gehört auch der in den anderen Kapiteln dieses Koalitionsvertrags genannte Korrekturbedarf.
Für größtmögliche Rechts- und Planungssicherheit werden wir kurzfristig die notwendigen Korrekturen zum Beispiel auf dem Erlass- und Verordnungsweg und durch ein entsprechendes Investitionsbeschleunigungsgesetz auf den Weg bringen. Dadurch wird der LEP praxisorientiert anwendbar. Darüber hinaus bestehender Korrekturbedarf wird im Rahmen eines konzentrierten Planänderungsverfahrens adressiert.
Fläche ist ein endliches Gut, mit dem sparsam umzugehen ist. Wir wollen moderne Flächenmanagementsysteme wie Zertifikathandel und Flächenpools anwenden, um den Flächenverbrauch zu minimieren.
Angesichts der langen LEP-Erarbeitungsverfahren und der Schnelllebigkeit gesellschaftlicher Änderungen soll mittelfristig die Struktur der Landes- und Regionalplanung vereinfacht und flexiblere Planverfahren entwickelt werden. Hierbei wollen wir neue Mechanismen prüfen und entwickeln und eine marktwirtschaftliche Lösung für einen zertifikatbasierten Flächenhandel in einem Modellprojekt, zum Beispiel im Rheinischen Revier, erproben.
Bei Neuansiedlungen gewerblicher oder industrieller Unternehmen auf bisher entsprechend genutzten Flächen wollen wir diese immissionsschutzrechtlich der Vornutzung gleichstellen. Ein solcher Bestandsschutz für die Fläche ist insbesondere für die Bewältigung des Strukturwandels im Ruhrgebiet wichtig.
Wirtschaftsförderung
Mit unserer Wirtschaftsförderung wollen wir wirksame Anreize für Investitionen in den Standort und Ansiedlungen setzen und Innovations- und Wachstumsprozesse initiieren. Das ist unser Maßstab an alle bestehenden und zukünftigen Förderstrukturen und -instrumente.
Um einen schnellen und unbürokratischen Einsatz von Fördermitteln sowie ein höheres Maß an Verlässlichkeit sicherzustellen, werden wir Vorab-Prüfungen durch den Landesrechnungshof ermöglichen.
Wir werden regelmäßig einen wissenschaftlich fundierten und unabhängigen Innovationsbericht vorlegen.
Die Entwicklung des nördlichen Ruhrgebietes und des Ibbenbürener Reviers nach der dort kurzfristig bevorstehenden und abschließenden Beendigung des Steinkohlebergbaus werden wir bestmöglich unterstützen. Christdemokraten und Freie Demokraten konnten den Ausstieg aus der subventionierten Steinkohleförderung gesellschaftlich nur deshalb durchsetzen, weil damit ein Versprechen verbunden war: Die Subventionen der Vergangenheit sollten in die Zukunft investiert werden. Diese Idee werden wir weiter verfolgen. Wir werden eine Vision für das Ruhrgebiet entwerfen. In diesem Sinne werden wir mit Europäischer Kommission und Bundesregierung im Jahr 2018 – dem Jahr, in dem die letzte Zeche in Nordrhein-Westfalen seine Tore schließen wird – eine gemeinsame „Konferenz zur Zukunft des Ruhrgebiets“ durchführen.
Nordrhein-Westfalen profitiert von und bekennt sich zum Freihandel. Wir bringen uns offensiv in die Verhandlungen von Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und anderen Staaten bzw. Regionen ein und treiben diese voran.
Wir setzen uns für eine Entbürokratisierung der Einfuhrumsatzsteuer auf Bundesebene ein.
INDUSTRIE UND ENERGIE
Der Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger und die Zukunft von Millionen Arbeitsplätzen hängen maßgeblich von der Entwicklungsperspektive für unseren Industrie- und Energiestandort ab. Wir werden die Rahmenbedingungen für Mittelstand und Industrie verbessern, treten ein für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung sowie einen wirksamen Klimaschutz. Durch die Landesplanung schaffen wir mehr Flexibilität zur umweltverträglichen und schnellen Verfügbarkeit von Siedlungs- und Wirtschaftsflächen.
Zukunfts- und wettbewerbsfähige Industrie
Die überwiegend mittelständisch geprägte Industrie ist das Rückgrat der nordrheinwestfälischen Wirtschaft und bietet rund einer Million Menschen einen Arbeitsplatz. Ihre Innovations- und Entwicklungsfähigkeit können Wachstumskräfte für den gesamten Standort und darüber hinaus freisetzen. Dafür muss die Wettbewerbsfähigkeit der breit aufgestellten industriellen Wertschöpfungsketten gestärkt werden.
Wir wollen Nordrhein-Westfalen zum innovativsten Industriestandort in Europa machen und hierzu beste Investitionsbedingungen schaffen. Die immer kürzer werdenden Innovations- und Produktionszyklen erfordern schnellere Planungs- und Entscheidungsprozesse. Wir werden die Bürokratielasten für forschungsintensive Unternehmen verringern und den digitalen Umbau im Bereich von Bildung, Wirtschaft und Verwaltung unterstützen. Zukunft und Industrie sind in Nordrhein-Westfalen untrennbar miteinander verbunden.
Die im Wirtschaftsministerium erarbeiteten industriepolitischen Leitlinien werden wir zu einem industriepolitischen Leitbild mit verbindlichen Zielen für die gesamte Landesregierung weiterentwickeln. Damit geben wir auch ein positives Bekenntnis zur Industrie als Grundpfeiler für nachhaltiges Wachstum und Wohlstand in unserem Land ab. Die Initiativen, die das Bewusstsein für den gesellschaftlichen Mehrwert von Industrie erfolgreich vermitteln, werden wir weiter unterstützen.
Christdemokraten und Freie Demokraten stellen sicher, dass die Interessen des Industrie- und Energiestandorts Nordrhein-Westfalen künftig wieder wahrnehmbar und mit Nachdruck gegenüber dem Bund und der Europäischen Union vertreten werden.
Leistungsfähige Infrastrukturen sind das zentrale Nervensystem einer starken Industrie. Das gilt für den Verkehrsbereich genauso wie für digitale Netze. Ebenso gilt es, die Verbundstrukturen der chemischen Industrie zu erhalten und auszubauen. Rohrfernleitungen sind hierfür ein unverzichtbares Element. Zudem wollen wir eine gemeinsame Entwicklung der Chemieregion Rheinland-Flandern durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur unterstützen und die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie im Ruhrgebiet für die Energiewende nutzen.
Wir werden die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission zur Zukunft der chemischen Industrie in Nordrhein-Westfalen umsetzen. Einen besonderen Fokus legen wir auf den Erhalt der Wertschöpfungsketten, der Wettbewerbsfähigkeit, der Arbeitsplätze und der Innovationsfähigkeit der in Nordrhein-Westfalen ansässigen chemischen Industrie. Hierzu suchen wir den Dialog mit Industrie und Gewerkschaften.
Die hochinnovative und überwiegend mittelständisch geprägte Pharmazeutische Industrie in Nordrhein-Westfalen ist ein Stabilitätsanker, den wir erhalten und stärken. Wir werden einen Pharmadialog zwischen Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften initiieren und eine gemeinsame Strategie zur Stärkung des Standorts erarbeiten.
Wir unterstützen Industrie und Anlagenlieferanten beim Schutz ihres Know-hows vor dem Einblick ihrer globalen Wettbewerber und beim Schutz der Integrität von Industrieanlagen. Detaillierte Genehmigungsunterlagen aus umweltrechtlichen Verfahren, die Prozesse, Anlagen, Produkte und detaillierte Standortangaben zeigen, sind sensible und sicherheitsrelevante Dokumente. Der Erlass zur Veröffentlichungspflicht von Antragsunterlagen immissionsschutzrechtlicher Verfahren im Internet wird aufgehoben und durch eine Regelung ersetzt, die berechtigten Anwohnerinteressen und wirtschaftlichen Interessen gleichermaßen gerecht wird.
Energie- und Klimapolitik
Nordrhein-Westfalen hat die Schlüsselstellung im Energiesystem Deutschlands. Dies gilt sowohl für die Energieversorgung als auch für den Energieverbrauch. Wir werden die Energie- und Klimapolitik danach ausrichten, Nordrhein-Westfalen als Energieland Nummer eins zu stärken, um führendes Industrieland auch für energieintensive Industrien zu bleiben und Wertschöpfungsketten zu erhalten. Bezahlbare Energiepreise und Versorgungssicherheit werden zukünftig wieder gleichranging mit den Zielen des Klimaschutzes berücksichtigt.
Nordrhein-Westfalen soll führender Anbieter von sicheren Energieversorgungskapazitäten bleiben. Dabei wird die Bedeutung der erneuerbaren Energien und Speichertechnologien schrittweise zunehmen. Mit einer technologieoffenen Energieforschungsoffensive werden wir den Energiestandort stärken und auf Basis eines fairen Wettbewerb und eines marktwirtschaftlichen Rahmens einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Klimaschutz
Christdemokraten und Freie Demokraten begrüßen das Klimaschutzabkommen von Paris und bekennen sich zu dem Ziel, dass die Welt in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts weitgehend treibhausgasneutral wirtschaften soll. Den Klimaschutz werden wir technologieoffen vorantreiben.
Wir stehen für erfolgreichen Klimaschutz im Rahmen des EU-Zertifikatehandels und gegen klimapolitisch unwirksame und bürokratische Bevormundung in einzelnen Bundesländern. Deshalb werden wir das Landes-Klimaschutzgesetz von Regelungen, die über die Ziele und Maßnahmen der Europäischen Union hinausgehen, befreien.
Wie werden eine innovationsgetriebene Modernisierungsstrategie für Nordrhein-Westfalen entwerfen und den bestehenden Klimaschutzplan zu einem „Klimaschutzaudit“ fortentwickeln, mit dem Maßnahmen auf Effizienz und ihre Wirksamkeit überprüft werden.
Der Wärmemarkt bietet mit Abstand die größten, mit vertretbarem Mittelaufwand zu erreichenden Potentiale zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Er benötigt dringend weitere Innovationsschübe. Daher wollen wir die Fernwärmeschienen an Rhein und Ruhr verbinden, um das Potenzial für eine effiziente Wärmeversorgung aus Kraft-Wärme-Kopplung und industrieller Abwärme zu heben.
Wir setzen uns gegenüber Bund und Ländern für eine steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung ein.
Energiewende
Von Nordrhein-Westfalen aus leiten wir einen energiepolitischen Neustart ein. Unser Ziel ist es, die Energiewende sicherer, kostengünstiger und ökologisch nachhaltiger zu gestalten. Wir streben eine engere europäische Zusammenarbeit im Sinne eines Energie- Binnenmarktes mit den Zielen eines integrierten und intelligenten Stromnetzes, eines offenen Wettbewerbs bei den Erzeugungstechnologien und effizienteren Speichertechnologien an. Zur besseren Integration in den Energiebinnenmarkt wollen wir verstärkt Interkonnektoren ausbauen.
Nordrhein-Westfalen soll seine Potentiale als innovativer Anbieter von Versorgungssicherheit besser nutzen können. Gegenüber dem Bund setzen wir uns für ein vom Wettbewerb geprägtes Marktdesign ein, mit dem Leitungsbau, Speicherforschung, Effizienzsteigerungen im Produkt- und Gebäudebereich, Ausbau der erneuerbaren Energien, Anpassung des konventionellen Kraftwerksparks und Lastmanagement besser synchronisiert werden können.
Wir wollen die privilegierte Netzeinspeisung des Stroms aus erneuerbaren Energieträgern für Neuanlagen beenden und die Preisbildung für jeden Anbieter wieder am Strommarkt ermöglichen. In offenen Leistungsmärkten sollen alle Stromanbieter die dem Verbraucher zugesagte Leistung durch Versorgungsgarantien absichern müssen. Dadurch entsteht ein Markt für Versorgungssicherheit, der zur Wirtschaftlichkeit von Speichertechnologien bis hin zum Einsatz moderner konventioneller und Kraft-Wärme- Kopplungskraftwerke eine Grundlage liefert.
Wir wollen das intelligente Verkoppeln von Großabnehmern und der Einspeisung von Erneuerbaren besser ermöglichen und zukunftsgerichtete Lösungen wie etwa Demand Side Management, virtuelle Kraftwerke oder „power to x“ voranbringen.
Wir wollen die Potenziale der Digitalisierung im Energiebereich mit neuen Förderprogrammen unterstützen, um konkrete Projekte zur Sektorkopplung und intelligenten Vernetzung (Smart Grids) auf regionaler und kommunaler Ebene zu fördern. Ergänzend hierzu streben wir eine Reform der Netzentgeltstrukturen an, um mehr Anreize für Marktintegration sowie für systemdienliches Nachfrage- und Anbieterverhalten zu schaffen.
Durch die allgemeine Marktentwicklung hin zu dezentralen und klimafreundlichen Energielösungen verliert die EEG-Förderung (aktuell ca. 25 Milliarden Euro Subventionen pro Jahr) ihre Bedeutung. Deshalb wollen wir die Subventionierung von Neuanlagen schnellstmöglich beenden. Anlagen mit Förderzusage genießen Bestandsschutz. Wir wollen die Stromsteuer mindestens im Maße der aufgrund eingegangener Verpflichtungen steigenden EEG-Umlage absenken, um Haushalte und Unternehmen vor weiteren Belastungen zu bewahren.
Energiemix erhalten
Wir entwickeln eine „Energieversorgungsstrategie NRW“, die steigende Anforderungen an die Versorgungsqualität im Zeitalter der Digitalisierung, ausreichende Verfügbarkeit konventioneller Kraftwerke und anderer Beiträge zu einer nachhaltig gesicherten Stromversorgung („virtuelle Kraftwerke“, Speicher), steigende Anforderungen an Netzumfang und -qualität und den Ausbau von Flexibilitäten entsprechend berücksichtigt.
Dazu halten wir an einem breiten Energiemix fest. Fossile Strom- und Wärmeerzeugung auf Basis von Braunkohle, Steinkohle und Erdgas wird als Brückentechnologie noch auf absehbare Zeit unverzichtbar sein, bis erneuerbare Energien in Verbindung mit Speichertechnologien in der Lage sein werden, Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe jederzeit sicher und bezahlbar mit Energie zu versorgen. Gleichwohl sind die fossilen Energieträger in der Pflicht, die steigenden Anforderungen des Gesundheits-, Umwelt- und Klimaschutzes zu erfüllen.
Hocheffiziente und klimafreundliche Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen (KWK) werden wir als wesentliches Element für den erfolgreichen Neustart der Energiewende unterstützen. Wir wollen auch in Zukunft die wirtschaftliche Verwertung von Grubengas ermöglichen.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll technologieoffen und im Rahmen des energiepolitischen Zieldreiecks vorangetrieben werden. Planwirtschaftliche Ausbaupfade für erneuerbare Energien werden wir nicht festsetzen.
Braunkohle ist unser einziger heimischer Rohstoff, der wettbewerbsfähig ist und zudem einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leistet. Wir stehen zu den vorhandenen Genehmigungen der Tagebaue im Rheinischen Braunkohlerevier. Gleichzeitig sind mit dem Braunkohleabbau und untertägigen Steinkohlebergbau, auch nach dessen Beendigung, Belastungen für die Umgebung und die dort lebenden Menschen verbunden. Wir wollen die die Rechte aller Bergbaubetroffenen schützen. Wir stellen eine effektive Bergaufsicht sicher.
Für das Rheinische Revier werden wir eine nachhaltige Perspektive entwickeln und die Kommunen bei der Bewältigung des Strukturwandels unterstützen. In der Landes und Regionalplanung werden wir ihnen eine Sonderstellung bei der Ausweisung zusätzlicher Industrie- und Gewerbegebiete zuweisen und die Arbeit der Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) evaluieren, effektiver gestalten und vorantreiben.
Windenergie
Der massive Ausbau der Windenergie stößt in weiten Teilen des Landes auf zunehmende Vorbehalte in der Bevölkerung. Wir wollen die Akzeptanz für die Nutzung der Windenergieanlagen erhalten. Dazu werden wir unter Berücksichtigung von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz folgende Änderungen vornehmen:
Die Windpotenzialstudien NRW werden wir zu immissionsschutz-, erdbebensicherheits- und naturschutzbezogenen Planungsgrundlagen für Windstandorte in Nordrhein-Westfalen weiterentwickeln und diskriminierungsfrei zur Verfügung stellen, um insbesondere für Bürgerenergieprojekte die Umstellung der EEG-Förderung auf Ausschreibungsverfahren zu erleichtern.
Energieforschung
Wir wollen das Energieland Nummer 1 auch zum Energieforschungsland Nummer 1 ausbauen. Unser Ziel ist es, durch technologieneutrale Förderung von Forschung, Entwicklung und Verfahren insbesondere bei Energieumwandlung, Energiespeicherung, alternativen Antrieben und Recycling Innovationen anzuregen, die auch zukünftig eine umweltverträgliche und jederzeit sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen ermöglichen. Wir werden sicherstellen, dass die Potentiale der Tiefengeothermie wieder ausgeschöpft werden können. Es wird ein jährlicher Energieforschungsbericht erstellt. Die Arbeit von Energie- und Effizienzagentur werden wir auf unsere neuen energiepolitischen Ziele ausrichten.
HANDWERK, MITTELSTAND UND FREIE BERUFE
Handwerk und Mittelstand
Für das starke und innovative Handwerk in Nordrhein-Westfalen mit seinen mutigen Unternehmerinnen und Unternehmern, qualifizierten Beschäftigten und engagierten Auszubildenden werden wir bessere Voraussetzungen für Wachstum und Zukunftschancen schaffen. Angesichts der großen Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung und des demografischen Wandels müssen die Rahmenbedingungen besser werden. Unsere Politik für Handwerk und Mittelstand stützen wir auf die Erkenntnisse und Empfehlungen der erfolgreichen Enquetekommission zur Zukunft von Handwerk und Mittelstand der 16. Wahlperiode.
Wir werden die Handlungsempfehlungen der Enquetekommission umsetzen. Hierzu werden wir die Zuständigkeiten an einer Stelle in der Landesregierung bündeln und die Umsetzung mit den Beteiligten aus Handwerk, Politik und Verwaltung zügig vorantreiben.
Besonders wichtig sind uns dabei die im Folgenden genannten Maßnahmen:
Wir fördern Innovationen und Digitalisierung im Handwerk.
Wir stärken die Fachkräftesicherung und Qualifizierung
Mittelstand und Handwerk werden wir von Bürokratie befreien. Wir schaffen einen unkomplizierten Staat, einfachere Prozesse und einen fairen Wettbewerb.
Wir stärken die Selbstverwaltung der Wirtschaft und den Meisterbrief.
Freie Berufe
Christdemokraten und Freie Demokraten stehen an der Seite der Freien Berufe in Nordrhein-Westfalen. Sie sind Dienstleister im öffentlichen Interesse. In Nordrhein-Westfalen sind knapp eine Million Menschen im Bereich der Freien Berufe tätig. Gerade für den ländlichen Raum sind die Praxen, Kanzleien oder Apotheken ein unverzichtbarer Teil der Infrastruktur. Sie tragen zur Entwicklung und Sicherung unseres Gemeinwesens bei und versorgen die Bevölkerung mit notwendigen und hochwertigen Dienstleistungen. Die Freien Berufe sind ein wichtiger Bestandteil der Sozialen Marktwirtschaft.
Wir wollen die Freien Berufe in unserem Land weiter stärken. Ihre Selbstverwaltungsstrukturen und ihre Versorgungswerke haben sich bewährt und wirken stabilisierend. Einer Aufweichung dieser Strukturen treten wir daher genauso entgegen wie einer Absenkung der hohen Ausbildungsstandards. Die interdisziplinäre Forschung zu den Freien Berufen wollen wir besser koordinieren und systematisch weiterentwickeln. Wir werden auch die vielfältige Kultur- und Kreativwirtschaft in Nordrhein-Westfalen stärken. Dazu setzen wir gezielt Instrumente der Wirtschaftsförderung ein. Wir werden zudem einen fortwährenden Dialog über einen zeitgemäßen regulatorischen Rahmen sowie effiziente Verfahren im Bereich des Kartellrechts anstoßen.
HANDEL UND TOURISMUS
In der Mitte Europas gelegen, bildet Nordrhein-Westfalen ein Zentrum für die Begegnung von Menschen und den Austausch von Waren. Touristen aus aller Welt werden von der regionalen und kulturellen Vielfalt unseres Landes angezogen. Als logistisches Drehkreuz nimmt es eine bedeutende Rolle für Wachstum und Wohlstand in allen Teilen der Welt ein. Die Menschen kommen gerne in unser Land – ob privat oder geschäftlich.
Die Handelsbranche spürt technologischen Fortschritt besonders intensiv und treibt ihn voran. Die fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung ist deshalb Chance und Herausforderung zugleich. Der Tourismus-Sektor ist nicht nur die Visitenkarte Nordrhein-Westfalens. Aufgrund seiner auch in Zukunft personalintensiven Struktur bietet er Chancen für Beschäftigungsimpulse. Deshalb werden wir Innovationsprozesse in
Handel und Tourismus gezielt unterstützen und bürokratische Lasten abbauen.
Wir wollen den stationären Einzelhandel im zunehmenden Wettbewerb insbesondere mit dem Onlinehandel stärken.
An den Regelungen des Nichtraucherschutzes halten wir fest. Für Einrichtungen, die nach der Verkehrsanschauung gerade dem Zweck des gemeinsamen Konsums bestimmter Tabakrauchwaren dienen, werden wir Ausnahmegenehmigungen in Kombination mit der Erteilung einer Schankgenehmigung durch die Kommunen ermöglichen. Der Betrieb einer solchen Einrichtung als oder in einer Gaststätte bleibt unzulässig.
Wir werden den Wirtschaftsfaktor Tourismus über eine systematische Vernetzung der Regionen im touristischen Landesverband weiterentwickeln. Eine neue Landestourismus-Strategie wird dem enormen Einfluss der Digitalisierung und dem internationalen Wettbewerb der Destinationen um die Gäste von morgen Rechnung tragen.
ARBEIT
Eigenverantwortung, Solidarität und Subsidiarität sind die tragenden Prinzipien unserer Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Wir stehen für eine Gesellschaft ein, in der jeder echte und faire Chancen hat – unabhängig von Herkunft und Umfeld. Wir wollen für alle Menschen die begründete Hoffnung auf sozialen Aufstieg erneuern.
Die Sozialpartnerschaft von Arbeitgebern und Beschäftigten und auch das Miteinander von Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern im Rahmen der Mitbestimmung haben sich bewährt. Wir wollen die Tarifautonomie sowie die Verantwortung von Tarif- und Betriebspartnern stärken. Das ist auch der richtige Weg, um die wohlerprobte Tarifbindung zu stärken. Die Soziale Marktwirtschaft lebt auch und gerade vom Engagement in Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden und wir begrüßen dieses Engagement ausdrücklich.
Die Digitalisierung verändert Wirtschaft und Arbeitswelt ebenso rasant wie nachhaltig. Mit seiner wirtschaftlichen, industriellen und technischen Stärke hat Nordrhein-Westfalen beste Möglichkeiten, diesen Wandel positiv zu gestalten und die sich bietenden Chancen zu nutzen. Gelingt dies und werden die tragenden Prinzipien unserer Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik mit Leben gefüllt, dann wird die Bedeutung Nordrhein-Westfalens wieder seiner Größe gerecht.
Unser Land wird dann auch wieder eine prägende Rolle in der arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Bundesgesetzgebung spielen. Das ist unser Anspruch.
Die Möglichkeit zum Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt ist eine zentrale Gerechtigkeitsfrage. Nur wer diesen erstmals oder erneut geschafft hat, kann durch fortlaufende Qualifikation auch aufsteigen und vorankommen. Deshalb wollen wir dazu beitragen, dass die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen ausreichend Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen können. Gemeinsam mit Wirtschaft, Kammern, Innungen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden werden wir alle Chancen wahrnehmen, um die Menschen in Nordrhein-Westfalen in Arbeit zu bringen.
Moderne Arbeitsbedingungen
Wir brauchen das Versprechen an alle Bürgerinnen und Bürger, beim digitalen Wandel auch mithalten zu können. Auch deshalb muss lebenslanges Lernen noch stärker vom Schlagwort zur gelebten Realität werden. So können Aufstiegschancen verbessert und das Risiko von Arbeitslosigkeit vermieden werden. Weiterbildung auch durch zertifizierte Teilqualifikationen für unterschiedlichste Zielgruppen wollen wir weiter verbreiten.
Wir werden Weiterbildung von Beschäftigten daher als politischen Schwerpunkt fördern – unter anderem durch eine Weiterentwicklung des Bildungsschecks, in enger Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und den Tarifpartnern sowie mit Hilfe weiterer Maßnahmen. Die Weiterentwicklung des Bildungspakets soll sich insbesondere auf die Umwälzungen durch die Digitalisierung ausrichten und die Menschen für die Bewältigung der Anforderungen fit machen sowie den Bedarf an Fachkräften nachhaltig decken.
Der wirtschaftliche Wandel verlangt Flexibilität und Entwicklungsbereitschaft. Mit Hilfe der Potentialberatung wird den Unternehmen geholfen, sich zukunftsfähig aufzustellen. Dabei werden die Schwerpunkte Arbeitsorganisation, Kompetenzentwicklung, Demografischer Wandel, Digitalisierung und Gesundheit beibehalten.
Wir wollen die Chancen der Digitalisierung nutzen und deshalb über eine Bundesratsinitiative das Arbeitszeitgesetz flexibilisieren. Die innerhalb der Vorgaben der europäischen Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung vorhandenen Spielräume wollen wir nutzen und die Tarifpartner innerhalb dieses Rahmens eigene Regelungen treffen lassen.
Der Arbeitsschutz in Nordrhein-Westfalen sichert gesunde Arbeitsplätze, trägt zu fairen Wettbewerbsbedingungen bei und entlastet so langfristig die sozialen Systeme. Die Arbeitsschutzverwaltung garantiert durch risikogesteuerte Aufsicht und gezielte Schwerpunkte, aber auch als kompetenter Ansprechpartner für Beschäftigte und Unternehmen beim Thema Arbeitsschutz die Grundlage für gleiche Wettbewerbsbedingungen sowie die Gesunderhaltung der Beschäftigten.
Teilhabe am Arbeitsmarkt
Wir wollen die Anzahl der langzeitarbeitslosen jungen Menschen reduzieren, indem wir die jungen Menschen bedarfsgerecht ins Arbeitsleben integrieren, wo nötig auch über nachholende Qualifikationen. Hierzu werden wir vorhandene Instrumente auf ihre Zielgenauigkeit überprüfen und gegebenenfalls Programmlinien in Zusammenarbeit mit der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit neu entwickeln und einführen.
Ziel unserer Politik ist eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt für möglichst viele langzeitarbeitslose Menschen. Wir werden die bestehenden Programme einer kritischen Überprüfung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit, Passgenauigkeit sowie der Frage der erfolgreichen Integration und Teilhabe unterziehen. Wir wollen auch Menschen mit multiplen Vermittlungshindernisse den Zugang zur Arbeit und Teilhabe durch den gebündelten Einsatz von Fördermitteln eröffnen. Auch und gerade die Tarifpartner sind in der Verantwortung, Beschäftigungsmodelle für Langzeitarbeitslose mit zu entwickeln.
Wir wollen über eine Bundesratsinitiative Freibeträge und Anrechnungssätze für eigenes Einkommen im SGB II so neu gestalten, dass sie motivieren, die Bedürftigkeit Schritt für Schritt zu verlassen und finanziell wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Denn heute lohnt es sich kaum, mehr Stunden zu arbeiten und so auch mehr zu verdienen. Es muss insbesondere attraktiver werden, vom Mini- in den Midijob zu wechseln und dort die Stundenzahl immer mehr auszuweiten.
Wir wollen die Instrumente aus der Arbeitsmarktpolitik, der Schulsozialarbeit und der Jugendhilfe engmaschig zusammenführen.
Wir wollen über eine Bundesratsinitiative die Einkommensgrenzen für Mini- und Midi- Jobs an die Lohentwicklung anpassen und mit Bezug auf die Entwicklung des gesetzlichen Mindestlohns erhöhen und dynamisieren.
VERKEHR UND INFRASTRUKTUR
Mobilität ist eine entscheidende Voraussetzung für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand in Nordrhein-Westfalen. Damit die Wirtschaft unseres Landes im internationalen Standortwettbewerb bestehen kann, braucht sie eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur. Den Erhalt, die Modernisierung und den bedarfsgerechten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur werden wir daher zu einem Schwerpunkt der Landespolitik machen, dem sich alle Ressorts der Landesregierung verpflichtet fühlen. Die zentrale Lage Nordrhein-Westfalens im europäischen Verkehrsnetz werden wir dabei ebenso berücksichtigen wie die unterschiedlichen Bedürfnisse der Ballungsräume und der ländlichen Regionen unseres Landes.
Christdemokraten und Freie Demokraten stehen für eine ideologiefreie Verkehrspolitik: Die Menschen sollen frei von staatlicher Bevormundung selber entscheiden können, welches Verkehrsmittel für sie das geeignete ist. Aufgabe der öffentlichen Hand ist dabei, individuelle Mobilität für alle zu gewährleisten – zuverlässig und unkompliziert, auf intakten Brücken und möglichst ohne Stau, mit attraktiven Angeboten im ÖPNV und auf der Schiene. Die Potenziale der Digitalisierung werden wir nutzen, um die Effizienz der Verkehrsnetze zu erhöhen und neue Mobilitätskonzepte zu ermöglichen.
Die herausragende Bedeutung einer funktionierenden Verkehrsinfrastruktur für den Wohlstand unseres Landes werden wir verstärkt in das öffentliche Bewusstsein rücken und die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig in die Planungen einbeziehen. Dadurch wollen wir die notwendige Akzeptanz von Verkehrs- und Bauprojekten vor Ort erhöhen und die Planungsprozesse beschleunigen. Das im vergangenen Jahr gestartete „Bündnis für Infrastruktur“ werden wir zu einem „Bündnis für Mobilität“ fortentwickeln, das von der gesamten Landesregierung getragen wird und konkrete Projekte voranbringen soll.
Planung und Realisierung von Bundesfernstraßenprojekten
Um jederzeit sämtliche zur Verfügung stehenden Bundesmittel für den Fernstraßenbau abrufen zu können und mittelfristig eine ausreichende Reserve an baureifen Projekten zu schaffen, werden wir die Planungs- und rojektsteuerungskapazitäten des Landesbetriebes Straßenbau verstärken und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass mehr externe Vergaben möglich werden. Bis Ende 2017 werden wir einen Masterplan zur Umsetzung der Projekte des Bundesverkehrswegeplans 2030 erarbeiten und in den nächsten zwölf Monaten mindestens zwölf Planfeststellungsbeschlüsse für Bundesfernstraßenprojekte fertigstellen. Gegenüber dem Bund werden wir uns umgehend
dafür einsetzen, dass die Planungskosten des Landes für Bundesfernstraßenprojekte vorab und vollständig übernommen werden.
Beschleunigung der Genehmigungsverfahren
Wir wollen Nordrhein-Westfalen zum Bundesland mit den schnellsten Planungs- und Genehmigungsverfahren machen. Dazu werden wir alle Möglichkeiten nutzen, das Planungs- und Genehmigungsrecht zu verschlanken. Zum Vorbild nehmen wir uns die deutlich schnelleren Verfahren in den Niederlanden. Vor allem für Brückenersatzbauwerke am gleichen Standort brauchen wir ein vereinfachtes und beschleunigtes Planungsrecht. Die Möglichkeiten in § 45 Bundesnaturschutzgesetz, die Genehmigungsverfahren für Ersatzinvestitionen bei landesbedeutsamen Projekten zu verkürzen, werden wir nutzen. Um die Effizienz bei Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte zu steigern, werden wir unter anderem prüfen, die Zuständigkeit in einer Genehmigungsbehörde zu bündeln. Für Planfeststellungsverfahren werden wir ein Controlling mit festen und transparent gemachten Zielvereinbarungen zwischen Verkehrsministerium
und Planungsstelle etablieren. Das zeitraubende Zusammenwirken mit den Umweltbehörden und weiteren zuständigen Stellen werden wir optimieren. Verfahrensbeschleunigungen wollen wir auch dadurch erzielen, dass Umweltgutachten nicht nur fünf Jahre, sondern für die Dauer des gesamten Planungs- und Genehmigungsprozesses gültig sind.
Um die Vielzahl der gesperrten oder abgelasteten Brücken in Nordrhein-Westfalen schneller zu sanieren bzw. neu zu errichten, setzen wir auf Standardisierungen wie bei den Legobrücken und die Zusammenfassung mehrerer Brückenprojekte zu Losen. Bis die Brückenbauwerke wieder für den Güterverkehr zur Verfügung stehen, werden wir dafür sorgen, dass Schwerlasttransporte auf Ausweichstrecken leichter und unbürokratischer durchgeführt werden können.
Landesstraßenbau
Wir wollen, dass auch die Siedlungs- und Gewerbegebiete abseits der Bundesfernstraßen zuverlässig an das überregionale Straßennetz angebunden werden. Dazu werden wir den weiteren Substanzverzehr im Landesstraßennetz stoppen und die Erhaltungsinvestitionen auf das bedarfsgerechte Niveau von 200 Millionen Euro pro Jahr anheben. Zugleich werden wir die Investitionsmittel für Neu- und Ausbaumaßnahmen im Landesstraßennetz erhöhen und – wo notwendig – auch Straßenbauvorhaben, die bisher nicht geplant wurden, in die Realisierung geben.
Baustellenmanagement
Die staubedingten Belastungen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen in Nordrhein-Westfalen wollen wir auch durch eine Optimierung des Baustellenmanagements reduzieren. Um die Bauzeiten auf Autobahnen zu verkürzen, müssen die Ausnutzung der Tageshelligkeit und die 6-Tage-Woche zur Regel und der Dreischichtbetrieb weiter ausgebaut werden. Mit einem Bonussystem wollen wir die Stillstandzeiten auf Baustellen hochbelasteter Strecken verringern und die Fertigstellung beschleunigen. Um die einzelnen Baumaßnahmen verkehrsträgerübergreifend zwischen Bund, Land und Kommunen abzustimmen, werden wir eine Stabsstelle für die Verkehrs- und Baustellenkoordination in Nordrhein-Westfalen einrichten. Die Verkehrszentrale in Leverkusen werden wir entsprechend aufwerten.
Landesbetrieb Straßen.NRW
Die vom Bund beschlossene Gründung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr stellt den Landesbetrieb Straßen.NRW vor einen Umbruch, den wir konstruktiv und zielorientiert auch im Interesse der Beschäftigten begleiten werden. In dieser Übergangsphase muss sichergestellt werden, dass es zu keinen Verzögerungen bei der Planung und Umsetzung von Verkehrsprojekten kommt. Für Nordrhein-Westfalen vordringliche Maßnahmen müssen ohne Zeitverlust und in enger Abstimmung mit dem Bund umgesetzt werden. Auch darf es zu keiner Prioritätenverschiebung zulasten von NRW-Verkehrsprojekten kommen. Bei der Einführung der Bundesfernstraßengesellschaft bestehen wir auf mindestens einer Tochtergesellschaft mit Sitz in Nordrhein-Westfalen.
Infrastrukturfinanzierung
Christdemokraten und Freie Demokraten setzen sich auf allen Ebenen für eine bedarfsgerechte, auskömmliche und langfristig gesicherte Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur ein. Dabei wird anerkannt, dass die Belastungsgrenze der Nutzer des Straßennetzes bereits überschritten ist. Weitere Belastungen lehnen wir ab. Die bestehenden Finanzierungssysteme wollen wir durch Zweckbindung und Überjährigkeit weiterentwickeln. Die EU-Förderprogramme für transnationale Verkehrsachsen werden wir durch eine aktive Interessenvertretung der NRW-Landesvertretung in Brüssel besser nutzen.
Öffentlich-private Partnerschaften können verkehrsträgerübergreifend zur Beseitigung des bestehenden Planungs- und Investitionsstaus beitragen. Daher werden wir die konventionelle Realisierung von Verkehrsprojekten in geeigneten Fällen durch mittelstandsfreundliche ÖPP-Modelle ergänzen. Den Ausbau der A 1 zwischen Lotte/Osnabrück und Münster sowie der A 57 zwischen Köln/Nord und Moers werden wir wie ursprünglich vom Bund geplant als ÖPP-Projekte priorisieren.
Mobilität 4.0
Wir wollen Nordrhein-Westfalen zur Modellregion für Mobilität 4.0 machen – mit intelligenter Verkehrsführung, neuen Mobilitätskonzepten und autonomem Fahren, aber auch mit konsequenter Beachtung des Datenschutzes. Dazu werden wir mit der Wissenschaft, innovativen Unternehmen und Entwicklern in einen konzentrierten Austausch treten. Die Steuerung des Verkehrs mit dynamischen Wegweisern und integrierten Stauinformationen werden wir verbessern. Um die Potenziale der Digitalisierung wie beispielsweise Ridesharing neben dem Car- und Bikesharing für Nordrhein-Westfalen zu erschließen, setzen wir uns für eine Modernisierung des Personenbeförderungsrechts ein. In diesem Zusammenhang werden wir Möglichkeiten prüfen, mehr Parkplätze für Mitfahrgemeinschaften an Autobahnauffahrten zu schaffen. Zur Verbesserung des Verkehrsflusses an Landesstraßen werden wir ein Sofortprogramm zur digitalen Steuerung von Ampelanlagen starten.
Innovative Antriebssysteme
Um technischen Fortschritt zu befördern, Ressourcen zu schonen und die Lärm- und Emissionsbelastung zu senken, werden wir die Rahmenbedingungen zur Entwicklung innovativer Antriebssysteme weiter verbessern. Welcher technische Weg der richtige ist, hat nicht die Politik zu entscheiden. Wir verfolgen daher einen technologieoffenen Ansatz und vertrauen darauf, dass Wissenschaft und Forschung, Institute und Hersteller auch in Zukunft erhebliche technische Fortschritte erzielen werden. Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, wie sie mit der Einführung einer blauen Plakette diskutiert werden, lehnen wir ab. Stattdessen setzen wir uns dafür ein, dass Flottenfahrzeuge, die große
Fahrleistungen in Innenstädten erbringen, schnell auf emissionsarme Antriebe umgestellt werden. Den Anteil von Elektrobussen wollen wir erhöhen und die bundesweiten Programme zur Umrüstung von Euro-5-Dieselbussen für Nordrhein-Westfalen bestmöglich nutzen.
Elektro- und Hybridantriebe leisten einen wichtigen Beitrag zu einer Mobilität, die das Klima schützt und die Gesundheit der Menschen schont. Wir wollen Nordrhein-Westfalen zu einem führenden Land im Bereich der Elektromobilität machen. Dabei müssen wir nicht bei null anfangen. Es gibt bereits sehr erfolgreiche und innovative Projekte, die wir bei ihrer Weiterentwicklung unterstützen werden. Den zahlreichen Automobilzulieferern in unserem Land werden wir durch Initiativen in der Forschungspolitik dabei helfen, ihren Status als führende Unternehmen der Branche auch bei Elektroautos behaupten zu können. Wir werden ein Konzept für den Testbetrieb autonomer elektrobetriebener Shuttle im Innenstadtverkehr entwickeln und die Batteriezellenforschungund -produktion in unserem Land fördern.
Schienenverkehr
In keinem anderen Bundesland ist das Schienennetz so dicht ausgebaut, nutzen so viele Menschen täglich die Bahn wie in Nordrhein-Westfalen. Den Verkehrsträger Schiene werden wir daher weiter stärken. Den Rhein-Ruhr-Express, das wichtigste Schienenverkehrsprojekt in Nordrhein-Westfalen, wollen wir gemeinsam mit dem Bund und der Deutschen Bahn zügig realisieren. Schienenprojekte, die im Bundesverkehrswegeplan 2030 nur im sogenannten „Potentiellen Bedarf“ eingestuft sind, wollen wir möglichst schnell in den „Vordringlichen Bedarf“ bringen. Dazu gehören unter anderem der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecken Münster-Lünen und Kaldenkirchen-Dülken sowie der dreigleisige Ausbau der Strecke Aachen-Düren. Engpässe im europäischen Schienenverkehr wollen wir durch grenzüberschreitende Fern- und Nahverkehrsverbindungen beheben. Die Modernisierung der Bahnhöfe in Nordrhein-Westfalen wollen wir konsequent voranbringen. Gemeinsam mit dem Bund, anderen Rheinanliegerländern und der Deutschen Bahn werden wir einen Masterplan „Lärmbekämpfung und Bahnübergangsbeseitigung im Rheintal“ auf den Weg bringen. Zur Stärkung der nichtbundeseigenen öffentlichen Eisenbahnen (NE-Bahnen), die besonders in wirtschaftsund strukturschwachen Gebieten eine erhebliche Bedeutung für den regionalen Güterverkehr haben, werden wir die Infrastrukturförderung wieder einführen.
Luftverkehr
Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Luftverkehrsstandortes Nordrhein-Westfalen im Fracht- und Passagierverkehr werden wir das vorliegende Luftverkehrskonzept des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur prüfen, bewerten und Schlussfolgerungen für eine aktive Luftverkehrspolitik in Nordrhein-Westfalen daraus ableiten. Wir bekennen uns zur dezentralen Flughafeninfrastruktur in Nordrhein-Westfalen und wollen die Anbindung der Flughäfen via Schiene und Straße verbessern. Um die bestehenden Nachteile für die nordrhein-westfälische Luftverkehrswirtschaft im Wettbewerb mit den Flughäfen im benachbarten europäischen Ausland zu beseitigen, werden wir auf Bundesebene die Initiative zur Abschaffung der Luftverkehrssteuer ergreifen. Zur Verbesserung des Lärmschutzes werden wir insbesondere darauf hinwirken, dass der rechtliche Rahmen für die Spreizung lärmabhängiger Start- und
Landeentgelte ausgeschöpft wird. Bei Flughäfen und Flugsicherung werden wir Maßnahmen zur Umsetzung von lärmmindernden Betriebs- und Flugverfahren anstoßen.
Landesentwicklungsplan
Die im Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen enthaltene willkürliche Unterscheidung zwischen regional- und landesbedeutsamen Flughäfen und Häfen werden wir aufheben. Den Vorrang des Bestands vor dem Neubau bei Verkehrsinfrastrukturen werden wir weiterentwickeln. Alle Verkehrsträger müssen nicht nur in einem guten Zustand erhalten, sondern je nach ihrem Bedarf auch ausgebaut werden können.
Logistik
Wir wollen Nordrhein-Westfalen als führenden Logistikstandort in Deutschland stärken und ausbauen. Dazu wollen wir grenzüberschreitende Schienenverbindungen für den Gütertransport verbessern und ausreichende Verlademöglichkeiten für den kombinierten Verkehr schaffen. Aufgrund der in Zukunft weiter stark ansteigenden Seefrachtverkehre und der Expansion insbesondere der Überseehäfen Rotterdam und Antwerpen ist Nordrhein-Westfalen als Ziel-, Quell- und Transitland der wachsenden Güterverkehre in besonderem Maße auf leistungsfähige Hinterlandanbindungen angewiesen. Daher setzen wir uns für den schnellen Ausbau der Betuwe-Linie auf deutscher Seite ein. Zugleich machen wir uns auf europäischer Ebene gemeinsam mit unseren Partnern in Belgien und den Niederlanden für eine leistungsfähige, schienengebundene Anbindung des Antwerpener Hafens, die auch im Interesse Nordrhein-Westfalens
liegt, an das europäische Hinterland stark.
Wir begrüßen, dass Lang-LKWs auch in Nordrhein-Westfalen im Regelbetrieb auf dafür geeigneten Strecken zugelassen werden. Dies spart Treibstoff, verringert Emissionen und senkt die Belastung der Straßen durch Verteilung des Gewichts auf mehr Achsen. Anträge von Transportunternehmen auf Freigabe konkreter Strecken werden wir zügig prüfen und bei Geeignetheit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Aufnahme in das Positivnetz für Lang-LKW melden. Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um den Ausbau von LKW-Rastplätzen zu beschleunigen.
Binnenschifffahrt
Die Potenziale der nordrhein-westfälischen Wasserstraßen wollen wir besser nutzen und den energieeffizienten Verkehrsträger Binnenschiff stärken. Dazu werden wir das Wasserstraßenverkehrs- und Hafenkonzept des Landes verbessern und schnellstmöglich umsetzen, insbesondere durch die Verabschiedung eines Landeshafengesetzes. Mit innovativen Lösungskonzepten sowie unter Ausschöpfung aller technischen und baulichen Maßnahmen sowohl im Bereich der Schiffe als auch der Wasserstraßen wollen wir die Voraussetzungen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Nutzung des westdeutschen Kanalnetzes schaffen. Gegenüber dem Bund werden wir mit Nachdruck auf eine Sanierung der Schleusenbauwerke sowie auf die Anhebung der Fluss und Kanalbrücken hinwirken. Gemeinsam mit dem Bund und den anderen Rheinanliegerländern wollen wir die Vertiefung des Rheins vorantreiben. Analog zu dem Kooperationsabkommen mit dem Hafenstandort Hamburg werden wir ein Abkommen zur Zusammenarbeit zwischen Nordrhein-Westfalen und den ZARA-Häfen Zeebrügge, Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen schließen.
ÖPNV
Wir werden die Attraktivität des Öffentlichen Personennahverkehrs in der Stadt und auf dem Land erhöhen. Die Leistungsfähigkeit wollen wir über eine optimale Vernetzung, innovative Technologien und Prozessoptimierungen erhöhen. Im Bereich der kommunalen Stadt-, Straßen- und U-Bahnen wollen wir den Erhaltungszustand des Netzes durch den Einsatz geeigneter Finanzierungsmittel des Bundes, wie zum Beispiel dem GVFG-Bundesprogramm, und Standardisierungen verbessern. Nordrhein-Westfalen soll eine Vorreiterrolle einnehmen, indem wir ein landesweit einheitliches elektronisches Ticketing-System verbundübergreifend einführen. Als Ergänzung zu den herkömmlichen Regional- und Schellbusangeboten setzen wir auf die Weiterentwicklung digital unterstützter flexibler Bussysteme. Das ehrenamtliche Engagement der Bürgerbusvereine werden wir auch in Zukunft unterstützen. Bahnhöfe, Bus- und
Straßenbahnhaltestellen wollen kundenfreundlich und barrierefrei gestalten. In Abstimmung mit Nahverkehrsverbünden und Arbeitgebern wollen wir den Rechtsrahmen zur freiwilligen Einführung eines „Azubi-Tickets“ schaffen.
Radverkehr
Radwege sind praktizierter Umwelt- und Naturschutz und verbessern die Nahmobilität. Sie sind in Zeiten erhöhter Nutzung von Fahrrad und E-Bike auch für die Fahrt zur Arbeit fester Bestandteil einer intelligenten Verkehrspolitik. Daher werden wir die Radverkehrsinfrastruktur weiter stärken. Es gilt, Radwege auszubauen, besser zu vernetzen und zu sanieren. Radschnellwege können das konventionelle Radwegenetz ergänzen. Radwege an Landesstraßen und Bürgerradwege wollen wir fördern.
FINANZEN, HAUSHALT UND VERWALTUNG
Schuldenbremse
Christdemokraten und Freie Demokraten eint das Leitbild einer soliden, nachhaltigen und generationengerechten Haushalts- und Finanzpolitik. Denn eine hohe staatliche Verschuldung verringert die Entwicklungschancen des Landes und den Gestaltungsspielraum künftiger Generationen. Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland mit der höchsten Verschuldung. Die große Schuldenlast hat zu einer immer niedrigeren staatlichen Investitionsquote, einer deutlichen Überlastung der Kommunen und mangelhafter Wettbewerbsfähigkeit geführt. Wir wollen diesen Trend zum Wohle unseres Landes und unserer Kinder endlich stoppen. Wir werden die Schuldenbremse einhalten.
Konsolidierung
Wir bekennen uns zum Ziel der Konsolidierung der Landesfinanzen und werden in den künftigen Haushalten entsprechende Prioritätensetzungen vornehmen. Dabei soll der Dreiklang „konsolidieren, modernisieren und investieren“ für uns handlungsleitend sein. Wir werden alle Ausgaben des Landes auf einen effizienten Mitteleinsatz prüfen und die gesamte Verwaltung einer ehrlichen Aufgabenkritik unterziehen.
Wir werden die Verwaltung durch gezielten Bürokratieabbau leistungsfähiger und moderner machen. Insbesondere werden wir die Chancen im Zusammenhang mit der Digitalisierung konsequent auch zur Konsolidierung des Landeshaushalts nutzen. Aus der Standardisierung von Abläufen und einer effizienteren Aufgabenerfüllung werden wir so eine nachhaltige Digitaldividende erzielen.
Zudem werden wir konsequent die Möglichkeiten auch im laufenden Haushaltsvollzug zum Beispiel durch ein intelligentes Beschaffungsmanagement nutzen, um auch hier einen Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts zu erwirtschaften.
Wir werden die Landesverwaltung einer Aufgabenkritik unterziehen und unser Personal effektiver und zielgerichteter einsetzen. Stellen, die nicht benötigt werden, wollen wir identifizieren und konsequent abbauen.
Landesverwaltung
Christdemokraten und Freie Demokraten stehen zu den Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Bestrebungen, das Berufsbeamtentum abzuschaffen, lehnen wir entschieden ab. Das Land muss weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber sein. Da sich der Wettbewerb um die besten Köpfe weiter verschärfen wird, wollen wir eine Attraktivitätsoffensive für den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen ins Leben rufen und in diesem Rahmen auch das Dienstrecht weiterentwickeln.
Zu politischer Verantwortung gehört zwingend, haushälterische Vorsorge für die heute schon absehbaren Pensionsausgaben von morgen zu betreiben. Wir wollen dem früher bestehenden politischen Konsens des Landtags, der eine generationsgerechte Verteilung von Versorgungsaufwendungen sicherstellen sollte, wieder Geltung verschaffen. Wir wollen deswegen die Pensionsvorsorge stärken.
Wir werden Prozesse in der Landesverwaltung optimieren und damit Ausgaben senken. Insbesondere werden wir ein zentrales Bedarfs- und Beschaffungsmanagement einführen und den Beschaffungsprozess professionalisieren.
Öffentlich-private Partnerschaften
Wir streben weitere erfolgreiche öffentlich-private Partnerschaften unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit an. Hier könnten Projekte beispielsweise beim Bau und der Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur des Landes in Betracht kommen.
Finanzverwaltung der Zukunft
Die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung mit ihren motivierten und qualifizierten Bediensteten muss keinen bundesweiten Vergleich scheuen. Sie ist anerkannt und leistungsfähig. Wir werden unsere Finanzverwaltung weiter modernisieren und stärken.
Wir werden umgehend die richtigen Maßnahmen einleiten, damit wir auch zukünftig über eine leistungsfähige Finanzverwaltung verfügen. Bürgernähe und Beschäftigtenorientierung sind unsere Kernziele in der Finanzverwaltung. Dazu gehört für uns, dass Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen schnelle, klare sowie rechtssichere Auskünfte erteilt werden, um so eine höhere Akzeptanz und Zufriedenheit mit den Entscheidungen zu schaffen. Durch die Ausweitung von zeitnahen Betriebsprüfungen wollen wir eine stärkere Steuerzahlerfreundlichkeit erreichen und Fehlentwicklungen schnell aufklären, bevor sich diese verfestigt haben. Wir wollen dadurch auch Standortnachteile beseitigen.
Nordrhein-Westfalen hat seinen Einfluss im Bereich der Steuermodernisierung auf Bundesebene in den vergangenen Jahren viel zu selten geltend gemacht. Unsere Finanzverwaltung galt in der Vergangenheit als Ideenschmiede. Wir werden die steuergesetzliche Modernisierung von Nordrhein-Westfalen aus wieder vorantreiben. Hierfür werden wir uns auf Bundesebene aktiv einsetzen.
Wir wollen insbesondere bei Führungspositionen die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Ebenen in der Finanzverwaltung verbessern, um Führungskräfte zielgerichteter einsetzen und die Erfahrungen der Spitzenkräfte besser nutzen zu können.
Wir werden die Attraktivität der Finanzverwaltung vor dem Hintergrund des Wettbewerbs um die besten Köpfe bei der Nachwuchsgewinnung weiter stärken. Dafür wollen wir den Stellenschlüssel verändern und bedarfsgerecht ausbilden. Wir werden zudem die Fort- und Weiterbildungsangebote kontinuierlich verbessern und damit die Effizienz der Finanzverwaltung weiter stärken. Wir werden den Dialog mit den Steuerberaterund Wirtschaftsprüferkammern suchen und an die eigene Ausbildungsverantwortung der Branche appellieren.
Wir verstehen die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Finanzverwaltung als große Chance. Dies gilt vor allem für das E-Government und eine moderne Arbeitsorganisation. Hierdurch entstehende Effizienzpotentiale wollen wir identifizieren und nutzen. Insbesondere wollen wir das Risikomanagement weiterentwickeln und durch eine ITgesteuerte Kosten-Nutzen-Analyse die Schnelligkeit der Aufgabenerledigung erhöhen.
Kriminalität, Terrorismusfinanzierung und Steuerhinterziehung
Wir werden kriminelle Finanzströme und die Steuerhinterziehung wirksam bekämpfen. Die Beschränkungen im dem Umgang mit Bargeld sind jedoch kein zielführender Ansatz. Verbote oder Höchstgrenzen lehnen wir ab.
Wir werden durch eine verstärkte Behördenkooperation insbesondere von Landeskriminalamt und Steuerfahndung kriminelle Finanzierungswege gezielt aufdecken. Die Steuerfahndung soll für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der Terrorismusfinanzierung und der Geldwäsche („Follow the money“) eingesetzt werden. Dieser Ansatz wurde in den vergangenen Jahren vernachlässigt.
Dienstrecht
Wir wollen einen modernen und flexiblen Öffentlichen Dienst sowie einen attraktiven Arbeitgeber Land und werden hierzu die notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen ergreifen. Gute Arbeitsbedingungen und faire Aufstiegschancen sind die besten Voraussetzungen für die Gewinnung hochqualifizierter Nachwuchskräfte.
Folgende Maßnahmen sind aus unserer Sicht notwendig:
Bau- und Liegenschaftsbetrieb
Beim landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen besteht großer Erneuerungsbedarf. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb muss für Mieter, Steuerzahler und Beschäftigte effizienter werden. Wir wollen ein leistungsstarkes und wettbewerbsfähiges Management für die Liegenschaften des Landes. Hierzu werden wir eine klare und zukunftsweisende Konzeption erarbeiten, die auch eine Vorreiterrolle in baueffizienter, bautechnischer und baukultureller Hinsicht umfasst. Wir unterziehen alle großen Landesbetriebe einer Organisationsanalyse.
Beteiligungen und Geldanlagen des Landes
Das Land Nordrhein-Westfalen engagiert sich über seine Beteiligungen in vielfältiger Weise auch unternehmerisch in Nordrhein-Westfalen. Wir prüfen das Beteiligungsportfolio des Landes auf Privatisierungsmöglichkeiten, da für uns das Subsidiaritätsprinzip uneingeschränkt gilt.
Geldanlagen des Landes stehen aus vielen Gründen im öffentlichen Fokus. Dies hat auch das finanzielle Engagement des Landes an den Reaktoren in Tihange und Doel gezeigt. Wir werden daher die Anlagestrategie des Landes überarbeiten.
Finanzplatz Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen weist im Vergleich zu anderen Bundesländern eine eher dezentrale Wirtschaftsstruktur mit einer Vielzahl von leistungsfähigen Regionen auf. Die Struktur der Kreditwirtschaft spiegelt diese Verteilung wider. Wir wollen diese Vielfalt erhalten und stärken – insbesondere das bewährte Drei-Säulen-Modell. Die Vorschläge für die Errichtung einer europäischen Einlagensicherung, auch in Form einer Rückversicherung, unterstützen wir nicht. Die Vergemeinschaftung von Bankrisiken durch eine gemeinsame europäische Einlagensicherung schafft kein Vertrauen in die Sicherheit der Spareinlagen in Europa und trägt nicht zur Stabilität der Banken bei.
Gemeinsam mit den Sparkassen, den Genossenschaftsbanken, den Privatbanken und ihren jeweiligen Verbänden werden wir darauf hinwirken, dass die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Institute gerade vor dem Hintergrund stetig wachsender regulatorischer Anforderungen gesichert bleibt. Wir unterstützen deshalb Vorschläge zu einer differenzierten Regulierungstiefe, die sich an der Größe und Bedeutung der einzelnen Institute misst. Die Initiative „Small-Banking-Box“ begrüßen wir.
Wir werden die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, die notwendig sind, um eine maximale Handlungsfreiheit und Unabhängigkeit beim weiteren Umgang mit den Altlasten zu erlangen. Die Abwicklung soll möglichst wertschonend und risikominimierend geschehen. Dies gilt für die öffentliche und die private Seite.
NRW.BANK
Die NRW.BANK ist die zentrale Förderbank für Nordrhein-Westfalen und hat den staatlichen Auftrag, das Land und seine kommunalen Körperschaften bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben, insbesondere in den Bereichen der Struktur-, Wirtschafts-, Sozial- und Wohnraumpolitik, zu unterstützen. Wir werden die NRW.BANK bei der Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags unterstützen.
Versicherungsstandort Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen ist gemessen an der Zahl der ansässigen Unternehmen und der Beschäftigten der größte Versicherungsstandort in Deutschland. Durch die zahlreichen und weitreichenden Verflechtungen in den Regionen leistet die Versicherungswirtschaft einen bedeutenden Beitrag zur erfolgreichen Gestaltung des Strukturwandels in Nordrhein-Westfalen. Sie schafft Wachstum und Beschäftigung vor Ort. Wir wollen die Rahmenbedingungen für Versicherungen am Standort Nordrhein-Westfalen verbessern. Insbesondere wollen wir die Chancen nutzen, die sich aus dem Brexit für den Finanzplatz Nordrhein-Westfalen ergeben.
3. Land der Sicherheit und Freiheit
Nordrhein-Westfalen braucht einen Neustart in der Sicherheitspolitik. Wir wollen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat wieder herstellen. Nordrhein-Westfalen muss wieder überall sicher und lebenswert sein. Dies wollen wir durch gezielte und konsequente Maßnahmen in der richtigen Balance zwischen Freiheit und Sicherheit gewährleisten.
Christdemokraten und Freie Demokraten werden künftig eine Null-Toleranz-Politik gegen Kriminelle verfolgen, um den besonderen Charakter Nordrhein-Westfalens als tolerantes und vielfältiges Land dauerhaft bewahren zu können.
Die Gewährleistung der Inneren Sicherheit und die Durchsetzung von Recht und Gesetz gehören zu den wichtigsten Kernaufgaben des Staates. Sie bilden die Grundvoraussetzung für die Entfaltung individueller Freiheit. Die Bürgerinnen und Bürger wollen ein Leben in Freiheit führen, unabhängig davon, wo sie sich in Nordrhein-Westfalen aufhalten. Sie sollen sich in der Stadt oder auf dem Land, auf dem Weg zur Schule oder zur Arbeit, in der eigenen Wohnung oder beim Besuch öffentlicher Veranstaltungen sicher fühlen. Wir wollen bestmöglichen Schutz und starke Bürgerrechte für die Bürgerinnen und Bürger überall im Land gewährleisten – zu jeder Zeit, an jedem Ort. Dieser Grundsatz ist die Richtschnur unserer Innen- und Justizpolitik.
Wir werden Polizei, Verfassungsschutz und Justiz in Nordrhein-Westfalen deshalb für die bestehenden und die neuen Herausforderungen bestmöglich aufstellen. Damit unsere Sicherheitsbehörden ihre Aufgaben optimal erfüllen können, bedarf es neben einer konsequenten Ausschöpfung des geltenden Rechts auch einer besseren personellen und technischen Ausstattung, einer Überprüfung der Sicherheitsarchitektur sowie der Erweiterung polizeilicher Handlungsmöglichkeiten. Letztere werden wir mit Augenmaß und rechtssicher im Landesrecht verankern.
Wir wollen, dass Nordrhein-Westfalen wieder vorangeht: als handlungsfähiger und wehrhafter Rechtsstaat im Einklang von Freiheit und Sicherheit.
INNERE SICHERHEIT
Personelle und technische Ausstattung der Polizei
Innere Sicherheit ist ohne eine leistungsstarke Polizei, die sich als Partner der Bürgerinnen und Bürger versteht, nicht möglich. Deshalb werden wir die Polizei in Nordrhein-Westfalen personell, technisch, organisatorisch und rechtlich stärken.
Wir brauchen mehr Polizei auf der Straße, weshalb wir die Einstellungszahlen bei der Polizei Nordrhein-Westfalen noch in diesem Jahr auf 2.300 Kommissaranwärterinnen und Kommissaranwärter erhöhen werden. Bis zum Jahr 2022 wird dieses Einstellungsniveau mindestens beibehalten. Um die hohen unterjährigen Abgänge im Polizeibereich künftig zeitnah kompensieren zu können, werden wir zudem einen zweiten jährlichen Einstellungs- und Nachersatztermin prüfen.
Wir prüfen die Gründung einer Fachhochschule für die Polizei. Dabei sind sowohl ein zentraler oder mehrere dezentrale Standorte denkbar. Wir werden ebenfalls prüfen, wie wir den zusätzlichen Herausforderungen für unsere Kriminalpolizei durch gezielte Verstärkung begegnen können. Wir wollen die Polizeipräsenz im Land auch dadurch erhöhen, dass wir die Schutz- und Kriminalpolizei von Verwaltungsaufgaben und Bürokratie entlasten. Dazu werden wir in den Jahren 2018 bis 2022 jedes Jahr 500 Tarifbeschäftigte als Polizeiverwaltungsassistenten einsetzen. Alle in den letzten anderthalb Jahren bereits geschaffenen 350 Stellen für Polizeiverwaltungsassistenten werden wir schnellstmöglich entfristen. Durch eine ehrliche Aufgabenkritik und die Konzentration des Polizeivollzugsdienstes auf die Kernaufgaben der Polizei werden wir noch weitere Kräfte für den operativen Dienst zurückgewinnen. Wir wollen eine passgenauere Werbekampagne für den Polizeiberuf, insbesondere für Kandidaten mit Zugangsberechtigung durch Berufsabschluss und entsprechende berufliche Tätigkeit. Unter Beibehaltung der zweigeteilten Laufbahn wollen wir künftig auch Bewerberinnen und Bewerbern mit mittlerem Bildungsabschluss den Zugang zum Polizeidienst ermöglichen. Geeignete Polizeiverwaltungsassistenten können nach Erwerb der Fachhochschulreife die Ausbildung für den Polizeivollzugsdienst durchlaufen. In diesem Sinne prüfen wir die Übernahme von Ausbildungsverfahren anderer Länder.
Die Verteilung der Polizeikräfte auf die Kreispolizeibehörden werden wir optimieren, um bestmögliche Sicherheit sowohl im ländlichen Raum als auch in den Ballungsgebieten sicherzustellen. Wir werden ein System vorhalten, das die tatsächliche Personalstärke der Behörden vor Ort und landesweit aktuell und automatisiert ausweist.
Wir werden das Diensthundewesen, die Landesreiterstaffeln sowie die Wasserschutzpolizei optimal aufstellen.
Wir wollen, dass unsere Polizistinnen und Polizisten über eine moderne Ausrüstung verfügen. Deshalb werden wir alle Streifenwagen der nordrhein-westfälischen Polizei mit geeigneten Laptops oder Tablets ausstatten und sicher miteinander vernetzen. Darüber hinaus werden wir eine ausreichende Zahl von Diensthandys für die Polizeikräfte sicherstellen und einen Polizei-Messenger zeitnah einführen. Die Anzahl und Art der Polizeidienstfahrzeuge werden wir künftig besser an den tatsächlichen Bedürfnissen der Bediensteten ausrichten.
Wir werden ein funktionales zentrales Fahndungsportal der Polizei einrichten.
Im Rahmen der Aus- und Fortbildung tragen wir der zunehmend wichtigen Rolle der interkulturellen Kompetenz der Polizei als auch der Sensibilität im Umgang mit Opfern von Sexualdelikten ausreichend Rechnung.
Den Umgang der polizeilichen Leitstellen mit Notrufen gilt es im Sinne der Hilfesuchenden zu verbessern. Wir werden die polizeilichen Leitstellen für die Notrufbearbeitung optimal aufstellen.
Effektive Polizeiarbeit
Für eine erfolgreiche Verbrechensbekämpfung benötigt die Polizei wirksame Ermittlungsinstrumente und Befugnisse. Wir werden den Fahndungs- und Kontrolldruck zur Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung unter Wahrung der Freiheits- und Persönlichkeitsrechte der Bevölkerung spürbar erhöhen und zu diesem Zwecke folgende Maßnahmen umsetzen:
Gesetzliche Rahmenbedingungen und Eingriffsbefugnisse werden wir laufend auf notwendige Anpassungen aufgrund von höchstrichterlicher Rechtsprechung sowie Hinweisen der Datenschutzbeauftragten überprüfen und evaluieren. Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2016 zum BKA-Gesetz besteht ein rechtsstaatlich gebotener Änderungsbedarf für das Landespolizeirecht, den wir vollumfänglich erfüllen werden.
Zur Bekämpfung der Straßenkriminalität wird die polizeiliche Videobeobachtung künftig auch an Orten zulässig sein, an denen tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten von erheblicher Bedeutung verabredet, vorbereitet oder begangen werden. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass diese Orte öffentlich zugänglich sind und die Polizei unverzüglich eingreifen kann. Eine flächendeckende Überwachung findet nicht statt. Zur Wahrung von Bürgerrechten werden wir zugleich die Datenschutz- und Informationsfreiheitsrechte in Nordrhein-Westfalen stärken.
Darüber hinaus werden wir die nordrhein-westfälische Polizei in die Lage versetzen, zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person Telekommunikationsverbindungen durch den Einsatz technischer Mittel („Störsender“) zu unterbrechen oder zu verhindern. Soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Tatsachen ergeben, die einen anderen Sachverhalt betreffen, dürfen die auf diesem Weg erlangten personenbezogenen Daten nur verarbeitet werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person unerlässlich ist.
Wir werden die Kooperation zwischen der Landespolizei, der Bundespolizei und dem Zoll sowie mit angrenzenden Bundesländern, den Niederlanden und Belgien verbessern. In diesem Zusammenhang werden wir insbesondere eine Eilzuständigkeit für Vollzugskräfte des Zolls im Polizeiorganisationsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen schaffen. Zudem planen wir, künftig mehr Verbindungsbeamte aus osteuropäischen Staaten einzusetzen.
Wir werden die Gesetzgebungskompetenz des Landes zur Schaffung eines modernen Versammlungsgesetzes nutzen.
Schwerpunkte der Kriminalitätsbekämpfung
Der Rechtsstaat muss in jedem Winkel unseres Landes gelten und handlungsfähig sein. Erkannte Vollzugsdefizite gilt es wirksam zu beseitigen. Rechtsfreie Räume, in denen Kriminelle die Abwesenheit des Rechtsstaates ausnutzen können oder Gebiete unter sich aufteilen, das staatliche Gewaltmonopol unterlaufen und Anwohner verängstigen können, darf es in Nordrhein-Westfalen nicht geben.
Um die objektive Sicherheit und das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu stärken, werden wir die Polizeipräsenz vor Ort erhöhen und die Ansprechbarkeit und Bürgernähe der Polizei verbessern.
Der Ausbreitung von Organisierter Kriminalität – insbesondere in Form von Banden, Rockern und Familienclans – werden wir durch eine Null-Toleranz-Strategie und maximalen Kontroll- und Verfolgungsdruck wirksam begegnen. In diesem Rahmen werden wir folgende Maßnahmen umsetzen:
Wir werden dafür sorgen, dass Kräfte der Bereitschaftspolizei künftig auch zur Bekämpfung örtlicher Kriminalitätsbrennpunkte und zur Bewältigung besonderer Einsatzlagen in ausreichender Stärke zur Verfügung gestellt werden. In diesem Zusammenhang werden wir vier zusätzliche, als Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit ausgebildete Züge der Bereitschaftspolizei schaffen.
Wir werden eine konsequente polizeiliche Präsenz an U-Bahn-, Straßenbahn- und Bushaltestellen mit hohem Personenaufkommen und stichprobenartig auch in den Verkehrsmitteln sicherstellen.
Illegale Geschäftsmodelle mit Problemimmobilien werden wir entschieden bekämpfen und den betroffenen Kommunen dabei rechtlich und organisatorisch Hilfe leisten. Auch werden wir die Kommunen künftig stärker dabei unterstützen, vor Ort gegen gewerbs- und bandenmäßiges Betteln einzuschreiten.Tumultdelikte werden wir künftig systematisch erfassen, um darauf zielgerichteter reagieren zu können.
In Nordrhein-Westfalen gibt es eine spezifische Szene von Mehrfach- und Intensivtätern, die überwiegend aus nordafrikanischen Ländern eingereist sind. Wir wollen diejenigen, die in polizeilichen Auswerte- und Analyseprojekten erfasst sind, systematisch auf ihre wahre Identität, Vorstrafen und ihren Aufenthaltsstatus überprüfen. Die Betroffenen werden wir – sofern dies rechtlich möglich ist – konsequent in ihre Heimatländer zurückführen. In diesem Zusammenhang werden wir auch ein landesweites Lagebild für Intensivtäter aus Nordafrika erstellen.
Wir werden „Sicherheitskonferenzen“ vor Ort und landesweite Behördenleiterkonferenzen stärken und gemeinsame Streifen und Kontrollen durch Polizei, Ordnungsamt, Jugendamt, Ausländeramt, Sozial-, Gewerbe- und Steueramt unterstützen. Ordnungspartnerschaften in Nordrhein-Westfalen wollen wir besser vernetzen und ausbauen sowie landesweit erfassen und dokumentieren.
Erfahrungen zeigen, dass gerade junge Opfer und Zeugen oftmals aus Angst vor Rache von Anzeigen absehen oder Aussagen verweigern. Daher wollen wir eine Ombudsstelle für jugendliche Opfer und Zeugen mit der Möglichkeit des anonymen Dialogs zwischen Polizei und Hinweisgebern einrichten.
Wir bekennen uns zu einer deutlichen Verstärkung des Landeskriminalamts (LKA) mit Spezialisten, insbesondere für die Bekämpfung von Cyber- und Wirtschaftskriminalität, für Finanzermittlungen im Bereich Organisierter Kriminalität und für die beschleunigte Auswertung von DNA-Spuren und Datenträgern.
Den laufenden Pilotversuch Predictive Policing werden wir zu Ende führen und auf Basis der Ergebnisevaluierung zeitnah über die Einführung entscheiden. Die Sachfahndung nach Diebesgut werden wir ausbauen und zur Störung der Absatzwege insbesondere Verkaufsplattformen im Internet sowie bekannte An- und Verkaufsstellen stärker kontrollieren.
Wir werden die Abschiebehaft und das Abschiebungshaftvollzugsgesetz praxisgerecht anpassen. Wer im Asylverfahren vorsätzlich falsche Angaben macht oder eine ausreichende Mitwirkung unterlässt, muss eine spürbare Sanktion erfahren.
Gewalttäter in und um Fußball-Stadien
Gewalttäter haben in einem Fußballstadion nichts zu suchen. Gemeinsam mit Vereinen und Verbänden werden wir deshalb darauf hinwirken, dass diese Personen künftig verstärkt mit langjährigen und überörtlichen Stadionverboten belegt werden. Darüber hinaus werden wir eine konsequente Strafverfolgung gegenüber Hooligans und anderen Chaoten sicherstellen, die den Fußball als Bühne für die Begehung von Straftaten missbrauchen. Die wichtige Präventionsarbeit der Fanprojekte in Nordrhein-Westfalen werden wir weiter unterstützen. Unser Ziel ist es zudem, den Dialog zwischen Politik, Polizei, Fans, Vereinen und Verbänden zu verbessern.
Terrorismusbekämpfung und -prävention
Wir werden die elektronische Fußfessel für terroristische Gefährder im Sinne des BKAGesetzes rechtskonform im nordrhein-westfälischen Polizeigesetz verankern. Die Anordnung der elektronischen Fußfessel unterliegt dem Richtervorbehalt. Darüber hinaus werden wir die präventiv-polizeiliche Überwachung von terroristischen Gefährdern und Organisierter Kriminalität auf Lücken überprüfen. Wir werden die Dauer des Unterbindungsgewahrsams
für terroristische Gefährder auf maximal 7 Tage ausdehnen. Die Anordnung des Unterbindungsgewahrsams unterliegt dem Richtervorbehalt.
Darüber hinaus verfolgen wir das Ziel, Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen rechtssicher unter Strafe zu stellen. Wir prüfen, dazu eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen. Sofern die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, werden wir konsequent Vereinsverbote gegen islamistische Vereinigungen verhängen. Ebenso werden wir andere salafistische Betätigungen und Veranstaltungen mit allen rechtlichen Mitteln unterbinden. Dies gilt insbesondere für das Wirken von Hasspredigern.
Wir werden ein landesweites Lagebild zur Salafistenszene erstellen.
Die ausländerrechtliche Beurteilung von Gefährdern durch die Sicherheitskonferenz im Innenministerium in Nordrhein-Westfalen muss auf eine neue, fachlich qualifizierte und belastbare Grundlage gestellt werden. Wir werden die rechtlichen Grundlagen für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) überprüfen.
Neben der repressiven Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr wollen wir vor allem die Prävention stärken. Dazu ist ein wirksames Konzept zu erarbeiten. Insbesondere muss die Aufklärung in den Schulen verstärkt werden, da gerade junge Menschen Adressaten von gezielten Werbemaßnahmen der Extremisten sind. Zudem sollen Aussteigerprogramme ausgeweitet werden.
Extremismus
Wir werden dem Rechts- und Linksextremismus sowie politisch motivierter Gewalt in unserem Land entschieden entgegentreten. Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.
Rechtsextreme Strukturen werden wir wo nötig durch Vereinsverbote und eine konsequente Strafverfolgung zerschlagen. Personengruppen wie die „Reichsbürger“, die ihre Ideologie auch unter Anwendung von Gewalt durchsetzen wollen, werden wir gezielt bekämpfen. Dabei wollen wir alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um bekennende Reichsbürger aus dem Öffentlichen Dienst auszuschließen. An unseren Schulen wollen wir Programme zur Aufklärung über die besondere historische Verantwortung Deutschlands weiter fördern und somit einen Beitrag zur Prävention leisten.
Aufklärungs- und Aussteigerprogramme wollen wir auch Blick auf das linksextremistische Spektrum fördern.
Die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen in unserem Land, die aktiv für unseren gemeinsamen demokratischen Wertekonsens eintreten, werden wir weiter unterstützen.
Verkehrssicherheit
Der „Blitzmarathon“ hat sich als ungeeignet erwiesen, die Verkehrssicherheit dauerhaft zu verbessern. Er wird deshalb eingestellt. Stattdessen werden wir die zielgerichtete Verkehrsüberwachung – beispielsweise in Form von unangekündigten Kontrollen – verstärken, um insbesondere der hohen Anzahl von im Straßenverkehr verunfallten Kindern und illegalen Autorennen entgegenzuwirken.
Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte sollen sich künftig auf Geschwindigkeitsüberwachungen mit Anhaltevorgang fokussieren.
Das Behindern von Rettungseinsätzen kann Menschenleben kosten. Deshalb werden wir geeignete Maßnahmen treffen, um das Bewusstsein für die Schaffung von Rettungsgassen zu stärken. Zudem befürworten wir eine verschärfte Sanktionierung von Zuwiderhandlungen.
Wertschätzung und Respekt für die Polizei
Berufliche Mehrleistungen von Polizistinnen und Polizisten werden wir stärker honorieren. Dazu zählt insbesondere, dass Überstunden sicher vor Verfall geschützt und aufgelaufene Mehrarbeit im Sinne der Bediensteten ausgeglichen werden. Zudem planen wir die Schaffung von Lebenszeitarbeitskonten bei der Polizei Nordrhein-Westfalen. Wir streben eine zielgerichtete Unterstützung der Karrierechancen von Frauen an und lehnen rechtsunsichere starre Quoten ab.
Die gegen das Votum der Polizeigewerkschaften beschlossene Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbeamte werden wir wieder abschaffen.
Wir wollen Körperkameras für Polizeivollzugsbeamte dauerhaft einführen. Bürgerinnen und Bürger dürfen der Löschung der Aufzeichnung widersprechen.
Nach Abschluss eines Pilotprojekts werden wir über die Einführung von Distanz-Elektroimpulsgeräten als einsatzbezogene Ausstattung der Polizei entscheiden.
Ein öffentliches Strafverfolgungsinteresse soll bei Straftaten gegen Einsatzkräfte grundsätzlich bejaht werden. Die Behördenleiter sollen Strafanträge konsequent unterstützen. Wir wollen einen Polizeibeauftragten des Landes bestellen. Er soll Ansprechpartner für alle Polizeibediensteten sein.
Das begonnene Forschungsvorhaben zur Gewalt gegen Einsatzkräfte (Polizeibeamte, Feuerwehrleute, Rettungskräfte) werden wir fortführen.
Das behördliche Gesundheitsmanagement bei der Polizei werden wir weiter verbessern.
Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung
Dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, insbesondere dem Datenschutz, kommt in unserer vernetzten Gesellschaft für den öffentlichen und privaten Bereich große Bedeutung zu. Wir werden die Landesbeauftragte für Datenschutz- und Informationsfreiheit personell verstärken, um die Datenschutz- und Informationsfreiheitsrechte in Nordrhein-Westfalen zu stärken.
Wir wollen die Bürgerrechte verteidigen und den Schutz personenbezogener Daten gewährleisten. Privatheit gehört für uns zum Kern persönlicher Freiheit. Wir brauchen auch in Zukunft einen wirksamen Schutz unserer individuellen Bürgerrechte. Der Rechtsstaat dient der Freiheit und Privatheit jedes Einzelnen und schützt die Grundrechte der Bürger vor unverhältnismäßigen Eingriffen.
Sicherheit bei Großveranstaltungen
Die Gewährleistung der Sicherheit bei Großveranstaltungen bzw. -ereignissen werden wir durch Expertise, Rahmenvorgaben und Leitlinien des Landes künftig stärker unterstützen.
In diesem Zusammenhang werden wir die Aus- und Fortbildung der Polizei im Crowd-Management und die polizeiliche Ausstattung für Veranstaltungslagen verbessern. Dazu werden wir prüfen, wie eine über das polizeiliche Führungszeugnis hinausgehende Information über die Zuverlässigkeit des Sicherheitspersonals gewährleistet werden kann, um den Einsatz von Mitarbeitern mit extremistischen oder kriminellen Kontakten zu verhindern.
Für Opfer von Katastrophenfällen (inklusive Terroranschlägen) werden wir einen Opferfonds des Landes Nordrhein-Westfalen einrichten.
IT-Sicherheit und Kampf gegen Cybercrime
Wir werden eine landesweite IT-Sicherheitsstrategie für alle öffentlichen Stellen und relevanten Infrastrukturen erarbeiten und schlagkräftige Strukturen im Kampf gegen Cybercrime aufbauen.
Weil gerade unsere mittelständische Wirtschaft wirksam vor virtuellen Angriffen auf Geschäftsgeheimnisse und Unternehmenswerte geschützt werden muss, wollen wir ein „Cyber Security Competence Center“ als Servicestelle für Wirtschaft und Landesverwaltung errichten.
Straftaten und Hass im Internet werden wir wirksamer ahnden und das Cybercrime-Recherche- und Fahndungszentrum im Landeskriminalamt in diesem Bereich besser aufstellen.
Feuerschutz und Hilfeleistung stärken
Die nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr ist ein System aus Zivil- und Katastrophenschutz und alltäglicher Gefahrenabwehr. Es wird bei uns im Land durch viele Tausend ehren und hauptamtliche Angehörige in Feuerwehren und anerkannten Hilfsorganisationen getragen. Diese Kräfte – Frauen und Männer, die tagtäglich für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger eintreten – dürfen darauf vertrauen, dass Christdemokraten und Freie Demokraten dieses bewährte Gesamtsystem – auch im Zusammenspiel aus Ehren- und Hauptamt – erhalten und stärken werden.
Wir treten für das Prinzip einer vernetzten Sicherheit ein: Integrierte Konzepte zu den verschiedenen Verantwortlichkeiten aus Feuerwehren, anerkannten Hilfsorganisationen, Rettungsdienst, öffentlichem Gesundheitsdienst und polizeilicher Gefahrenabwehr werden einen Schutz der Bevölkerung vor Gefahren aller Art mit einer starken Gefahrenabwehr gewährleisten.
Die Städte und Gemeinden werden wir künftig dabei unterstützen, die Feuerwehren vor Ort zu stärken. In diesem Zusammenhang wird ein „Feuerwehr- und Hilfeleistungs- Fonds“ eingerichtet, der eine überjährige Bewirtschaftung der Einnahmen aus der Feuerschutzsteuer ermöglicht. Damit wird die Beteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen an Feuerschutz und Hilfeleistung dauerhaft planbar. Wir befürworten die Einstufung von Verkehrsunfällen mit Sonderrechten als besonderen/ qualifizierten Dienstunfall.
Zur Stärkung des bewährten Gesamtsystems aus ehren- und hauptamtlichen Kräften im Zivil- und Katastrophenschutz in der alltäglichen Gefahrenabwehr benötigen wir dauerhaft Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich in Feuerwehren, anerkannten Hilfsorganisationen sowie dem Technischen Hilfswerk engagieren. Diese wollen wir stärker fördern und wertschätzen.
Zur Sicherstellung der Einsatzkommunikation im Zivil- und Katastrophenschutz sowie bei Feuerwehr- und Polizeieinsätzen wollen wir den Digitalfunk stärken und eine Rückfallebene „Kommunikation“ einrichten.
Wir werden prüfen, wie wir gehörlosen Menschen künftig einen angemessenen Zugang zum Notrufsystem ermöglichen können.
JUSTIZ
Personelle Ausstattung und Personalentwicklung
Eckpfeiler einer starken, funktionsfähigen Justiz sind gut ausgebildete, motivierte und leistungsstarke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diesen werden wir sichere Perspektiven für ihr berufliches Fortkommen und ihre persönliche Weiterentwicklung bieten und zugleich die Stellenpläne so gestalten, dass übermäßige Belastungen vermieden werden.
Im Bereich des höheren Dienstes, insbesondere bei Richtern und Staatsanwälten, streben wir mittelfristig eine bessere personelle Ausstattung an. Besonderes Augenmerk gilt in diesem Zusammenhang der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die aufgrund der hohen Anzahl von Asylklagen derzeit besonders belastet ist, sowie den Strafkammern der Landgerichte, damit auch Nichthaftsachen künftig zügiger erledigt werden können.
Ebenso wichtig ist die entsprechende Schaffung zusätzlicher Stellen für Amtsanwältinnen und Amtsanwälte sowie eine entsprechende Anpassung der Zahl der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, des mittleren Justizdienstes und des Wachtmeisterdienstes.
Unsere Bediensteten im Servicebereich sind mit ihrer hohen Einsatzbereitschaft auch bei hoher Arbeitsbelastung unverzichtbare Träger einer funktionierenden Justiz. Aufgrund sich rasch wandelnder Arbeitsbedingungen – gerade auch vor dem Hintergrund der Einführung der elektronischen Akte – wollen wir prüfen, inwieweit das geänderte Berufsbild Möglichkeiten eröffnet, durch Übertragung höherwertiger Tätigkeiten weitere Spielräume für das berufliche Fortkommen zu schaffen.
Den Bereich des Justizwachtmeisterdienstes werden wir weiterentwickeln und die entsprechende Ausbildung gezielt anpassen. Gerade vor dem Hintergrund gestiegener Anforderungen prüfen wir, ob die Ausbildungszeit maßvoll verlängert werden kann. Die Fortbildungsangebote werden wir intensivieren.
Wir werden eine Anpassung der Besoldung der Justizvollstreckungsbeamten an die der Gerichtsvollzieher sowie eine Anpassung der Besoldung der Justizhelfer an die der Wachtmeister prüfen. In diesem Zusammenhang werden wir auch eine Laufbahnreform für den mittleren Justizdienst sowie die Übertragung von richterlichen Aufgaben auf den gehobenen Dienst und von Aufgaben des gehobenen Dienstes auf den mittleren Dienst prüfen.
Die Juristenausbildung werden wir weiter modernisieren. Leitbild ist der wissenschaftlich fundierte und gleichzeitig praxisnah ausgebildete Jurist, der in Zeiten eines rasanten gesellschaftlichen Wandels in der Lage ist, in Justiz, Verwaltung und Wirtschaft auf verschiedenen Ebene Verantwortung zu übernehmen und für den demokratischen und marktwirtschaftlichen Rechtsstaat einzustehen. Dazu werden wir die kritische Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und internationalen Bezügen des Rechts in der Juristenausbildung stärken.
In Zusammenarbeit mit den Rechtsanwaltskammern, den Industrie- und Handelskammern und den Juristischen Fakultäten werden wir über die juristische Pflichtausbildung hinaus ein breites Spektrum an freiwilligen Zusatzveranstaltungen für Rechtsreferendare anbieten, um unser Land als Ausbildungsstandort für Juristen attraktiver zu machen.
Bürgernahe Justiz
Mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung werden wir bei Gerichten und Staatsanwaltschaften ebenso wie im Justizvollzugsbereich eine bürgerorientierte Aufgabenerfüllung sicherstellen. Zu diesem Zweck werden Gerichte und Staatsanwaltschaften mit den erforderlichen Ressourcen ausgestattet sowie zusätzlich personell verstärkt. Sie werden flächendeckend mit moderner und sicherer Technik ausgestattet. Wir bekennen uns zu einer starken und unabhängigen Justiz auch in der Fläche.
Die Schranken für eine effiziente Wahrnehmung des Justizgewährungsanspruchs durch Rechtsuchende werden wir weiter abbauen – etwa durch anwaltliche Beratungsstellen bei den Amtsgerichten, die Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen eine schnelle, unbürokratische und kostenlose Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt bieten. Darüber hinaus werden wir das ehrenamtliche Engagement in der Justiz stärken.
Rechtsschutzmöglichkeiten
Wir werden im Verfassungsgerichtshofgesetz eine Individualverfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen einführen. Dadurch erhält künftig jedermann die Möglichkeit, eine Verletzung seiner in der Landesverfassung garantierten Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte durch Akte der nordrheinwestfälischen Staatsgewalt geltend zu machen. Wir werden dabei einen Filter zur Konzentration auf relevante Fälle vorsehen, etwa durch die Einführung eines Vorprüfungssystems durch die Kammern, das Erfordernis der Annahme zur Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof und eine Missbrauchsgebühr. Die Einlegung einer Individualverfassungsbeschwerde
zum Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen wird durch die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht nicht ausgeschlossen, solange wegen des Beschwerdegegenstandes nicht bereits ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist oder war.
Staatliches Gewaltmonopol
Die Vermittlung des universellen Geltungsanspruchs unserer Rechtsordnung gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern, gerade aber auch gegenüber denjenigen, die als Flüchtlinge oder Zuwanderer aus nicht funktionierenden Rechtsordnungen zu uns kommen, ist uns ein besonders wichtiges Anliegen.
Religiöse Paralleljustiz werden wir in Nordrhein-Westfalen nicht dulden. Dies gilt insbesondere für die Bereiche der Strafjustiz und des Familienrechts. Über die die grundlegenden Wertentscheidungen des Grundgesetzes und deren Ausprägung im Ehe-, Familien- und Familienverfahrensrecht soll künftig bereits im Schulunterricht informiert werden. Wir werden erstmals ein landesweites Lagebild „Paralleljustiz“ erstellen lassen.
Christdemokraten und Freie Demokraten werden weltanschaulich und religiös neutrale Kleidung für Richter und andere Justizangehörige im Gerichtssaal und bei hoheitlichen Tätigkeiten gesetzlich vorschreiben. Zudem werden wir die Gesichtsverschleierung bei Gericht verbieten.
Zwangsvollstreckungen
Für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft ist die schnelle und effektive Beitreibung von Außenständen von erheblicher Bedeutung. Dies werden wir durch moderne Zwangsvollstreckungselemente und durch motivierte, gut ausgebildete und leistungsstarke Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher gewährleisten. Zur Beschleunigung der Zwangsvollstreckung werden wir insbesondere Aufzeichnungspflichten und die Verwaltungsarbeit für Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher reduzieren. Darüber hinaus werden wir die Aus- und Fortbildung für das Gerichtsvollzieherwesen weiterentwickeln.
Digitalisierung in der Justiz
Durch die flächendeckende Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und Einführung der elektronischen Akte schaffen wir eine effizientere, kostengünstigere und bürgerfreundlichere Justiz. Hierbei achten wir insbesondere darauf, den Justizbediensteten durch moderne Hardware und eine benutzerfreundliche elektronische Akte komfortable Arbeitsbedingungen auf dem neuesten technischen Stand zu ermöglichen. Die dazu erforderlichen Sach- und Personalmittel werden auch weiterhin bereitgestellt.
Weil die Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte in Nordrhein-Westfalen bislang schleppend verlaufen ist, werden wir nach einer evaluierenden Bestandsaufnahme zunächst darüber entscheiden, ob wir von der bundesgesetzlich vorgesehenen Opt-Out-Klausel Gebrauch machen werden. Anschließend werden wir einen Masterplan für die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte in unserem Land entwickeln. Dieser wird Fragen der Sicherheitsarchitektur ebenso umfassen wie ein Akzeptanzmanagement und Fortbildungskonzept für die Bediensteten der Justiz. Darüber hinaus streben wir die flächendeckende Einführung des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) an.
Justizstandort Nordrhein-Westfalen
Die Justiz ist von großer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen. Deshalb unterstützen wir für den Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit eine konzeptionelle Spezialisierung der Oberlandesgerichte mit einer entsprechenden „Markenbildung“.
Sicherer Strafvollzug
Berufliche Mehrleistungen werden wir auch im Strafvollzug stärker honorieren. Wir werden zusätzliche Stellen für die Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen schaffen und eine Personalbedarfsberechnung bzw. -erhebung für den Justizvollzug entwickeln.
Der allgemeine Vollzugsdienst und der Werkdienst sind im Hinblick auf die künftige Personalgewinnung attraktiv auszugestalten.
Die Bereitstellung einer ausreichenden Anzahl von Haftplätzen ist eine staatliche Kernaufgabe. Sie stellt die Grundvoraussetzung für einen effektiven Strafvollzug, das Gelingen von Resozialisierung und das Vertrauen der Bevölkerung in eine geordnete Strafrechtspflege dar. Unser Ziel ist deshalb die Sicherstellung ausreichender Haftkapazitäten sowie eine höhere Effektivität des Strafvollzuges.
Wir halten es für geboten, den Sicherungsauftrag des Strafvollzugs wieder als Vollzugsziel gesetzlich festzuschreiben. Die bestehenden Vollzugsgesetze werden wir zudem evaluieren und den Abbau bürokratischer Dokumentationspflichten prüfen.
Wir werden Drogenkonsum und -handel im Strafvollzug konsequent bekämpfen. Zu diesem Zweck werden wir künftig mehr Drogenspürhunde einsetzen und die Anzahl der Kontrollen erhöhen. Außerdem werden wir eine NRW-Initiative zur besseren Bekämpfung von Drogen im Strafvollzug in den Bundesrat einbringen.
In unseren Justizvollzugsanstalten dürfen religiöser Hass und Radikalisierung keinen Platz haben. Daher werden wir die Prävention und Bekämpfung politischer und religiös extremistischer Bestrebungen von Gefangenen im Justizvollzug intensivieren.
Darüber hinaus werden wir die Suizidprävention im Strafvollzug verbessern. Zudem werden wir Mindeststandards für den Kontakt inhaftierter Elternteile zu ihren Kindern festlegen. Die Sozialtherapie werden wir ausweiten, um Rückfallrisiken zu minimieren.
Wir werden prüfen, wie das Ableisten gemeinnütziger Arbeit gefördert werden kann, um Ersatzfreiheitsstrafen zu reduzieren.
Wir werden ein Pilotprojekt für den Jugendstrafvollzug in alternativen Formen auf den Weg bringen.
Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung im Strafvollzug sind unverzichtbare Bausteine für eine erfolgreiche Resozialisierung. Wir streben daher eine Erhöhung der Beschäftigtenquote in den Justizvollzugsanstalten an. Die Zahl der Arbeits- und Ausbildungsplätze für Gefangene in Justizvollzugsanstalten und Unternehmen werden wir weiter erhöhen.
Durch eine Optimierung des Übergangsmanagements zur Vorbereitung der Entlassung aus dem Vollzug werden wir dabei helfen, dass ehemalige Strafgefangene nach Haftverbüßung wieder Fuß fassen. Durch Gewährleistung einer umfassenden Entlassungsvorbereitung in der letzten Phase des Vollzugs werden wir zudem die Basis für den bestmöglichen Übergang zu einem straflosen Leben in Freiheit bieten.
Opferschutz
Bestehende Opferschutzeinrichtungen werden wir stärken. Damit Kriminalitätsopfer so umfassend wie möglich über die ihnen zustehenden Rechte aufgeklärt werden, werden wir die psychosoziale Prozessbegleitung unter Einbeziehung haupt- und ehrenamtlicher Kräfte offensiv bekannt machen und durch staatliche Begleitmaßnahmen stärken. Ebenso werden wir eine auf die Opferbelange ausgerichtete Aus- und Weiterbildung für die Amtsträger der Strafverfolgungsorgane sicherstellen. Dazu zählt insbesondere, dass die Vernehmung eines Opfers zu schambesetzten Sachverhalten bereits im Ermittlungsverfahren durch eine Person gleichen Geschlechts durchgeführt werden muss, wenn das Opfer dies beantragt und eine entsprechende Möglichkeit besteht.
Eine Weiterentwicklung des Opferentschädigungsgesetzes werden wir prüfen. Wir werden die Berufung eines Opferschutzbeauftragten nach dem Vorbild des Landes Berlin prüfen, um den Opferschutz in Nordrhein-Westfalen durch Unterstützungsangebote nachhaltig zu stärken und die verschiedenen bestehenden Hilfsangebote besser zu koordinieren und miteinander zu vernetzen.
Strafrechtspflege
Damit die Strafe der Tat möglichst auf dem Fuße folgt, werden wir die Anwendung der beschleunigten Verfahren ausweiten und erweitern. Hierzu werden wir vermehrt Personal zur Verfügung stellen. Darüber hinaus streben wir eine Zuständigkeitskonzentration für besonders beschleunigte Verfahren entsprechend der Haftzuständigkeiten an.
Die Bekämpfung der Jugendkriminalität ist für uns von besonderer Bedeutung. Auf diese Weise können potenziell kriminelle Karrieren bereits frühzeitig beendet werden.
Die Vernetzung aller Akteure aus Justiz, Polizei und Jugendarbeit in sogenannten Häusern des Jugendrechts werden wir deshalb sukzessive auf das gesamte Land ausdehnen und geeignete Intensivtäterprogramme unterstützen. Zudem prüfen wir eine deutliche Ausweitung des „Staatsanwalts vor Ort“.
Jugendarrest soll künftig nach Möglichkeit in Jugendarrestanstalten vollzogen werden. In diesem Zusammenhang werden wir insbesondere sicherstellen, dass es ausreichende Kapazitäten für die Verhängung des Warnschussarrests gibt und dessen qualitative Ausgestaltung überprüfen. Mit Hilfe eines Teen-Court-Projekts (Schüler „urteilen“ über Schüler) werden wir einen neuen Weg im Umgang mit Jugendkriminalität erproben.
Straftaten mit terroristischem Hintergrund werden wir mit der Einrichtung einer Zentralstelle bei einer Generalstaatsanwaltschaft konsequent und effektiv verfolgen. Strafverfahren, die organisierte Kriminalität, kriminelle Familienclans sowie Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte und Einsatzkräfte betreffen, wollen wir zukünftig durch die Einrichtung personalstarker Schwerpunktstaatsanwaltschaften bzw. Sonderdezernaten zentral und damit schneller bearbeiten. Die bei den Staatsanwaltschaften angesiedelten Fachdienststellen für Cybercrime und Vermögensabschöpfung werden wir stärken.
Zur wirksamen Bekämpfung von Straftaten „reisender Täter“ streben wir die Bündelung der Strafverfolgung solcher Täter bei einer Staatsanwaltschaft an.
Für im Ausland begangene Straftaten zum Nachteil des Fiskus wollen wir Zuständigkeiten schaffen.
Kriminalpolitische Akzente
Wir unterstützen die Bundesratsinitiative des Landes Baden-Württemberg zur Erweiterung des Umfangs der Untersuchungen von DNA-fähigem Material.
Zudem befürworten wir die Zuständigkeit des Staatsanwalts nach dem „Wohnortprinzip“ auch bei der Verfolgung von erwachsenen Intensivtätern.
Wir setzen uns dafür ein, dass Verletzungen von Persönlichkeitsrechten in der digitalen Welt strafrechtlich künftig effizienter verfolgt werden können.
Die Verbindung von polizeilicher Kriminalstatistik und Strafverfolgungsstatistik zu einer einheitlichen Verlaufsstatistik werden wir im Rahmen einer Machbarkeitsstudie prüfen.
4.Land der vielfältigen Regionen
Unsere kommunale Familie ist wie unser ganzes Land vielfältig und von regionalen Besonderheiten geprägt. Nordrhein-Westfalen ist ein Land der großen Städte und der ländlichen Räume. Beide, ländliche Regionen und Ballungszentren, gehören untrennbar zur Identität unseres Landes. Christdemokraten und Freie Demokraten sind Partner der kommunalen Familie, um die Stärken der Regionen weiterzuentwickeln. Ziel ist ein harmonisches Zusammenspiel von Stadt und Land.
Die große Vielfalt in der Siedlungsstruktur unseres Landes soll sich auch in unserer Bau- und Wohnungspolitik widerspiegeln. Wir wollen, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Großstädten und ihrer suburbanen Umgebung bezahlbaren Wohnraum finden können. Dafür werden wir die Schaffung von Eigentum stärker fördern und den Wohnungsbau ankurbeln.
Christdemokraten und Freie Demokraten stehen auch in der Umwelt-, Natur- und Klimaschutzpolitik für eine Politik des Ausgleichs. Unsere Auffassung von Nachhaltigkeit soll die Interessen der Wirtschaft und der ländlichen Räume mit den Schutzbelangen der Natur und der Umwelt sowie sozialen Aspekten in Einklang bringen. Dabei setzen wir auf politische und marktwirtschaftliche Anreize anstatt auf Bevormundung und Verbote.
In Fragen des Verbraucherschutzes ist der mündige und kundige Bürger unser Ziel, der sich auf Grundlage umfassender Informations- und Beratungsangebote auf lokaler Ebene selbst ein Bild von der Wertigkeit von Produkten machen kann. Die Lebensmittel- und Produktsicherheit hat für unsere Politik einen besonders hohen Stellenwert.
KOMMUNEN
Wir werden gleichwertige Lebensverhältnisse sowie Chancen in Stadt und Land fördern. Dafür notwendig sind der Dialog vor Ort sowie verlässliche Rahmenbedingungen für Finanzen und die Gestaltungsmöglichkeiten von Städten und Gemeinden sowie von Kreisen, Regionalräten, Landschaftsverbänden, dem Regionalverband Ruhr und der Städteregion Aachen. Oberste Maxime unserer Kommunalpolitik ist es, staatliches Handeln gemäß des Subsidiaritätsprinzips so bürgernah wie möglich zu gestalten, die kommunale Selbstverwaltung zu achten und wo möglich zu stärken.
Kommunale Selbstverwaltung
Um der Partnerschaft zwischen Land und Kommunen einen Rahmen zu geben, werden wir einen institutionalisierten Austausch zwischen der Landesregierung und der kommunalen Familie im Rahmen eines Konsultationsverfahrens beginnen. Ziel dieses Verfahrens ist eine regelmäßige Beratung und gegenseitige Abstimmung unter anderem über aktuelle kommunale Herausforderungen im Hinblick auf Gesetzgebungs- und Verwaltungsprozesse.
Das Grundgesetz gewährt den Gemeinden das Recht, die örtlichen Angelegenheiten selbstverantwortlich und mit Gestaltungsspielraum zu erledigen. Wir wollen die kommunale Selbstverwaltung stärken und den Kommunen wieder mehr Entscheidungsfreiheiten geben. Insbesondere bei den steigenden Soziallasten der Kommunen ist ein breites Engagement des Landes und des Bundes erforderlich, um finanzielle und organisatorische Freiheiten für die Städte und Gemeinden zu erreichen.
Dafür werden wir umgehend im Dialog mit den Kommunen eine Transparenzkommission zur Aufgabenkritik, zum Bürokratieabbau und zur Standard-Überprüfung einrichten. Gemeinsam mit den Kommunen wollen wir für den Abbau belastender bürokratischer Hürden sorgen. Dabei ist in einer Unterarbeitsgruppe „Soziallasten“ ein Ländervergleich zu den Ursachen unterschiedlich hoher, gesetzlich veranlasster Sozialausgaben anzustellen, die insbesondere die kommunalen Haushalte in Nordrhein-Westfalen belasten.
Im Bundesrat werden wir uns dafür engagieren, dass Standarderhöhungen bei bestehenden kommunalen Aufgaben durch Bundesgesetze nur bei vollem Kostenausgleich zugunsten der Kommunen vorgenommen werden. Wir werden eine Bundesratsinitiative einbringen, um vom Bund eine höhere dauerhafte und dynamische Beteiligung an den kommunalen Soziallasten zu erreichen. Dabei ist insbesondere die Dynamisierung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Eingliederungshilfe in den Blick zu nehmen.
Mit der Ausweitung der Unterhaltsvorschussleistungen werden die Kommunen in Nordrhein-Westfalen wie in keinem anderen Bundesland zusätzlich finanziell belastet. Gleichzeitig bietet die gegenwärtige Aufgabenzuordnung nicht die Gewähr dafür, dass die Rückforderung von Unterhaltsvorschussleistungen in Nordrhein-Westfalen effektiv organisiert ist.
Wir werden die Kommunen durch die Absenkung des kommunalen Kostenanteils am Unterhaltsvorschuss finanziell entlasten. Ergänzend dazu werden wir die Zuständigkeit für die Geltendmachung und Vollstreckung des Rückgriffs beim Unterhaltsvorschuss von den Kommunen auf die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung verlagern. Die Zentralisierung der Rückgriffsvollstreckung auf Landesebene wird diese effizienter machen und die Rückgriffsquote wieder dauerhaft erhöhen. Die Einnahmen aus dem Rückgriff verbleiben beim Land.
Darüber hinaus werden wir eine Bundesratsinitiative zur frühzeitigen Evaluierung und Abschaffung der Doppelbürokratie zwischen Unterhaltsvorschussstellen und Jobcentern nach der Reform des Unterhaltsvorschusses ergreifen.
Interkommunale und regionale Zusammenarbeit
Bei vielen Themen wird regionales Zusammenarbeiten der Kommunen immer wichtiger. Trotz veränderter Rahmenbedingungen kann interkommunale Zusammenarbeit helfen, regionale Identität zu bewahren. Daher messen wir dem weiteren Ausbau der regionalen und interkommunalen Zusammenarbeit große Bedeutung zu. Er ist ein Baustein, um finanzielle Synergieeffekte zu erzielen und Aufgaben der Daseinsvorsorge wirtschaftlich, effizient und gemeinwohlorientiert zu erfüllen.
Wir werden ein direkt beim Kommunalministerium angedocktes Kompetenzzentrum „Interkommunale und regionale Zusammenarbeit“ als zentralen Ansprechpartner, Berater und Förderer zur landesweiten Unterstützung des Prozesses der Zusammenarbeit von Kommunen einrichten. Mit einem begleitenden Förderprogramm werden wir künftig auch Anreize für eine verstärkte Zusammenarbeit bieten, um Synergieeffekte durch die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung zu erzielen.
Wir werden prüfen, ob mittels einer Bundesratsinitiative Steuerneutralität für neue Formen der interkommunalen Zusammenarbeit erreicht werden kann.
In Ergänzung dazu werden wir die praxistaugliche Weiterentwicklung und Überarbeitung des Gesetzes zur Kommunalen Gemeinschaftsarbeit angehen, um gesetzliche Hürden abzubauen, die interkommunale und regionale Zusammenarbeit von Kommunen hemmen. Dabei werden wir auch erforderliche Rechtsinstrumentarien entwickeln, um horizontale und vertikale freiwillige Verwaltungszusammenschlüsse von Kommunen zu ermöglichen. Mit der Städteregion Aachen wurde bereits ein neuer Rahmen für verschiedenste kommunale Kooperationen geschaffen. Wir werden das Modell der Städteregion Aachen weiterentwickeln.
Stärkung von haupt- und ehrenamtlichen Kommunalpolitikern
Unsere Demokratie lebt vom Engagement der kommunalen Amtsträger, Räte und Ausschüsse. Wir sind uns bewusst, dass unsere hauptamtlichen kommunalen Wahlbeamtinnen und -beamten sowie unsere kommunalpolitischen Ehrenamtler eine hohe Verantwortung tragen. Wir wollen das kommunale Haupt- und Ehrenamt weiter stärken und dadurch die Attraktivität einer Kandidatur erhöhen.
Auch das kommunalpolitische Ehrenamt braucht gute Rahmenbedingungen, damit es sich voll entfalten und Wirkung zeigen kann. Wir wollen dieses große Potenzial für unsere Gesellschaft weiterhin unterstützen und fördern. Ehrenamtliches Engagement in Gemeinde- und Stadträten, Kreistagen, den Regionalräten, den beiden Landschaftsversammlungen sowie der Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr soll für alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger zugänglich und attraktiv sein.
Dazu wird eine „Ehrenamtskommission“ im Landtag eingerichtet. Gemeinsam mit Vertretern aller Fraktionen, der kommunalpolitischen Vereinigungen und der kommunalen Spitzenverbände soll unter Begleitung der Landesregierung insbesondere eine Evaluierung und Korrektur der bisherigen Ergebnisse und Umsetzung der Arbeit der Ehrenamtskommission geleistet werden. Dazu gehört auch eine Überprüfung der kritisierten Neuregelung zur Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende sowie der Fraktionsmindestuntergrenzen in den Räten und Kreistagen.
Wir werden noch vor der Kommunalwahl 2020 dafür sorgen, dass eine Revision der Änderungen der Kreisordnungen vorgenommen wird. Die Abschaffung der Kreisausschüsse wird zurückgenommen, das erweiterte Rückholrecht des Kreistags wird wieder abgeschafft.
Kommunalaufsicht
Zum Schutz der Kommunen und zur konsequenten Überwachung von kommunalen Haushalten werden wir die bestehende Kommunalaufsicht weiterentwickeln. So wollen wir ein konsequentes Monitoring des kommunalen Haushaltsverhaltens sicherstellen. Dafür werden wir klare und landesweit einheitliche Vorgaben des Landes an die Kommunalaufsicht insbesondere für die Aufsicht über die wirtschaftliche Betätigung von
Kommunen einführen. Dabei ist künftig auch ein stärkerer Blick auf betriebswirtschaftliche Aspekte zu legen. Zudem werden wir die Aufsicht über die kommunalen Haushalte von einem reaktiven System zu einem Frühwarnsystem weiterentwickeln. Dieses Frühwarnsystem soll die Rechtsaufsicht und die kommunalen Akteure dabei unterstützen, Risiken der kommunalen Haushaltsentwicklung frühzeitig und vor allem rechtzeitig zu erkennen, um die entsprechenden Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Ergänzend dazu werden wir die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen qualitativ stärken und das Aufgabenportfolio weiterentwickeln.
Integrationsräte
Wir werden die Kommunen von der Pflicht entbinden, Integrationsräte vor Ort einzurichten. Wir wollen, dass die Kommunen selbst entscheiden, ob ein solches Gremium oder ein Integrationsausschuss erforderlich ist, oder nicht. Nur ein solches Optionsmodell wird der konkreten individuellen Situation vor Ort tatsächlich gerecht.
Bürgerbeteiligung
Neben der Beteiligung durch Wahlen wollen wir auch die direktdemokratischen Instrumente bei Volksbegehren und Volksinitiativen weiterentwickeln. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Schaffung von schneller Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger bei einem Bürgerbegehren. Dafür werden wir die bestehende Rechtslage um eine Vorprüfung der Zulässigkeit bei Bürgerbegehren ergänzen.
Kommunalfinanzen
Die finanzielle Ausstattung unserer Städte und Gemeinden entscheidet über den Erfolg und die Leistungsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung in der Praxis. Christdemokraten und Freien Demokraten ist die schwierige Finanzlage der nordrhein-westfälischen Kommunen bewusst. Wir werden deshalb die finanziellen Rahmenbedingungen für unsere Städte und Gemeinden im ländlichen Raum wie in den Ballungszentren verbessern. Unser Anspruch ist eine partnerschaftliche Politik zwischen dem Land und der kommunalen Familie.
Viele Kommunen haben sich als Teilnehmer am Programm „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ auf den Weg der finanziellen Konsolidierung begeben und dabei im Vertrauen auf die Hilfszahlungen aus dem Konsolidierungsprogramm einschneidende Maßnahmen ergriffen. Vor allem zum Schutz dieses Vertrauens wird der Stärkungspakt Stadtfinanzen fortgeführt.
Die jährliche Abundanzumlage in Höhe von rund 91 Millionen Euro („Kommunal-Soli“) wird zum Jahr 2018 ersatzlos abgeschafft. Dadurch wird keine Kommune schlechter gestellt.
Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen ist angesichts ihrer massiven Verschuldung von mehr als 50 Milliarden Euro enorm gefährdet. Diese „Altschulden-Problematik“ bedarf daher insbesondere vor dem Hintergrund des Zinsänderungsrisikos einer Lösung. Bislang hat das Programm „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ weder die Verschuldungssituation der Kommunen berücksichtigt noch einen Lösungsansatz für die kommunale Altschuldenproblematik geboten. Daher werden wir den bestehenden Stärkungspakt in Bezug auf eine Lösung der kommunalen Altschuldenproblematik zu einer verlässlichen und nachhaltig wirkenden „Kommunalen Kredithilfe“ weiterentwickeln, ohne dass es zu einer Vergemeinschaftung kommunaler Schulden kommt.
Das landesverfassungsrechtlich abgesicherte Konnexitätsprinzip („Wer bestellt, bezahlt“) als besonderer finanzieller Schutz der Kommunen muss wieder zur Selbstverständlichkeit werden. Christdemokraten und Freie Demokraten bekennen sich zum strikten und stringenten kommunalen Konnexitätsgrundsatz. Die Ausgabenlast folgt der Aufgabenlast.
Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes
Die Finanzkraft unserer Kommunen hängt stark von den Zuweisungen des Landes über den kommunalen Finanzausgleich ab. Wir werden den kommunalen Finanzausgleich rechtssicher, transparent und verlässlich ausgestalten, um einen gerechten Ausgleich zwischen Stadt und Land herzustellen.
Finanzielle Verwerfungen zwischen den Kommunen bei den Schlüsselzuweisungen, insbesondere durch den verstärkten Soziallastenansatz, werden unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sowie einzuholender Fachexpertise im bestehenden System des Gemeindefinanzierungsgesetzes beseitigt.
Das Instrument der „Einwohnerveredelung“ im jährlichen Gemeindefinanzierungsgesetz werden wir wissenschaftlich überprüfen. Dabei wird die grundsätzliche Berücksichtigung besonderer Bedarfe durch zentrale Funktionen großer Städte nicht in Frage gestellt.
Wir haben das Ziel, die Kommunen ab dem Jahr 2020 wieder mit „echten“ 23 Prozent an den Gemeinschaftssteuern über den jährlichen Kommunalen Finanzausgleich zu beteiligen. Dann kann mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz eine verlässliche Unterstützung des Landes sichergestellt werden, um die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen zu erhalten.
Kommunale Investitionen
Um die Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Kommunen dauerhaft zu erhalten, sind nachhaltige Investitionen und verbesserte Rahmenbedingungen zur Verwendung der Investitionsmittel notwendig. Bislang investieren die nordrhein-westfälischen Kommunen im Vergleich der Bundesländer nur unterdurchschnittlich viel. Das wollen wir ändern.
Daher werden wir auf Sonder-Förderprogramme verzichten und stattdessen mit verstärkten, dauerhaften Pauschalen die kommunalen Investitionen vor Ort stärken. Wir werden die Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktur finanzschwacher Kommunen nach den Vorgaben des Bundes zielgerichtet, bedarfsorientiert und ungeschmälert an diese weiterleiten. Parallel dazu werden wir mit Hilfe der weiteren Bundeshilfen ab dem Jahr 2018 die Investitionskraft aller Kommunen weiter stärken und die allgemeine Investitionspauschale im kommunalen Finanzausgleich dauerhaft aufstocken. Dadurch ist gewährleistet, dass überall in Nordrhein-Westfalen die dringend notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur vor Ort erfolgen.
Um die besonderen Investitionsbedarfe vor allem in Sportanlagen und Bildungseinrichtungen zu berücksichtigen, bleiben die bestehenden Investitionspauschalen im Gemeindefinanzierungsgesetz – wie die Sport- oder Bildungspauschale – bestehen.
Stopp der Steuererhöhungsspirale
Die derzeitige Entwicklung der Grund- und Gewerbesteuer-Hebesätze ist dramatisch und bedroht die wirtschaftliche Entwicklung der nordrhein-westfälischen Kommunen. Unsere Städte und Gemeinden haben bundesweit die mit Abstand höchsten Grundund Gewerbesteuer-Hebesätze.
Wir wollen die Steuererhöhungsspirale bei der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer stoppen. Mit der Einführung einer faktischen „Grund- und Gewerbesteuerbremse“ durch das Einfrieren der fiktiven Hebesätze im Gemeindefinanzierungsgesetz wird die finanzielle Anreizwirkung zu kommunalen Steuererhöhungen direkt gemindert. Parallel dazu wollen wir auch im Stärkungspakt den einseitigen Zwang für die betroffenen Kommunen zu Steuererhöhungen beenden.
Für weitere mittel- und langfristige Maßnahmen zur dauerhaften Absenkung des Hebesatz-Niveaus bei den Kommunalsteuern wird ein Runder Tisch „Stopp der Steuererhöhungsspirale“ unter Beteiligung der Landesregierung, der kommunalen Spitzenverbände sowie der Industrie- und Handelskammer NRW eingerichtet. Ziel ist es, auf die landesseitigen Anreize zu steigenden Kommunalsteuern Einfluss zu nehmen und wirtschaftliche Entwicklungsimpulse zu setzen, die zur Stärkung der kommunalen Steuerkraft führen.
In die derzeit auf Bundesebene laufenden Beratungen zur Reform der Grundsteuer B wird sich Nordrhein-Westfalen als Anwalt seiner Kommunen aktiv einbringen, um zu verhindern, dass die geplante Reform zu ihren Lasten geht.
Kommunales Haushaltsrecht
Die Aufgabenwahrnehmung sowie der Umfang der Investitionsmöglichkeiten der Kommunen werden durch das geltende kommunale Haushaltsrecht bestimmt. Wir werden das kommunale Haushaltsrecht prüfen und gegebenenfalls anpassen. Auch der nordrhein-westfälische Krediterlass wird insbesondere im Hinblick auf neue Finanzierungsformen überprüft, um den Kommunen einen verlässlichen Rahmen zu geben.
Regelmäßiger Gemeindefinanzbericht
Um Transparenz über die Leistungsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Kommunen zu erhalten, werden wir in regelmäßigen Abständen einen Gemeindefinanzbericht vorlegen. Dieser Bericht soll einen umfassenden und objektiven Überblick über die Entwicklung der kommunalen Finanzsituation bieten und als Basis für das weitere Handeln der Landesregierung dienen.
BAUEN UND WOHNEN
Nordrhein-Westfalen ist sowohl von ländlichen Regionen als auch von Ballungsräumen geprägt. Diese unterschiedlichen Strukturen wollen wir auch in der Baupolitik berücksichtigen. Unser Ziel ist, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen auch in den Ballungszentren bezahlbaren Wohnraum finden können. Dabei wollen wir den unterschiedlichen Bedürfnissen von Familien sowie älteren, sozial benachteiligten oder Menschen mit Behinderung gleichermaßen Rechnung tragen. Die wirksamste Maßnahme, um den Mietpreisanstieg unter Kontrolle zu bringen, sind Investitionen in neue Wohnraumangebote. Deshalb wollen wir die Rahmenbedingungen für Investoren so verbessern, dass es wieder attraktiv wird, in Nordrhein-Westfalen Wohnraum zu schaffen.
Soziale Wohnraumförderung
Die soziale Wohnraumförderung leistet einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in den Städten. Das Wohnraumförderungsprogramm des Landes wollen wir weiterentwickeln und dabei den Anteil der Eigentumsförderung bedarfsorientiert anheben. Gemeinsam mit den Kommunen werden wir vor allem in und um die Wachstumszentren neue Modelle zur Schaffung preiswerten Wohnraums realisieren. Dazu zählen auch geförderte Genossenschaftsmodelle und Bauherrengemeinschaften. Die Förderbedingungen und Standards werden wir überprüfen, um die Wohnraumförderung effizienter zu gestalten. Auch die NRW.BANK-Programme zum Beispiel zur Sanierung von WEG-Eigentum werden wir evaluieren und am Beispiel anderer Bundesländer fortentwickeln. Im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung werden wir zudem geeignete und zielgerichtete Fördermaßnahmen mit dem Ziel zusätzlichen
bedarfsgerechten Neubaus von Wohnungen mit R-Standard einführen.
Eigentumsförderung
Wir wollen, dass junge Familien in Nordrhein-Westfalen sich den Traum eines Eigenheims verwirklichen können. Wohneigentum ist zugleich der beste Schutz gegen Altersarmut. Um die seit Jahren stagnierende Wohneigentumsquote zu erhöhen, wollen wir die Grunderwerbsteuer reformieren. In einem ersten Schritt werden wir eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines Freibetrages bei der Grunderwerbsteuer für selbst genutztes Wohneigentum starten. In Nordrhein-Westfalen werden wir dann einen Freibetrag in Höhe von 250.000 Euro pro Person bei selbst genutztem Wohneigentum einführen. Kinder sollen darüber hinaus berücksichtigt werden.
Wir bringen uns zudem aktiv in die Diskussion und den Prozess der Verhinderung von sogenannten „Share Deals“ auf Bundesebene ein, die nur das Ziel haben, Grunderwerbsteuer durch Großinvestoren zu umgehen.
Baugenehmigungen
Unser Ziel ist, das Bauen schneller zu ermöglichen. Dazu werden wir Baugenehmigungsverfahren durch die Einführung verbindlicher Fristen zur Bescheidung von Bauanträgen deutlich beschleunigen. Über Anträge im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren soll künftig innerhalb von einem Monat und über Bauanträge in der Regel in zwei Monaten entschieden worden sein. Grundvoraussetzung zur Einhaltung der verbindlichen Fristen ist die Festlegung einer Prüfung der Vollständigkeit beizubringender Bauunterlagen. Dazu werden wir den Behörden maximal drei Wochen einräumen. Ab Vollständigkeit der Bauanträge werden die verbindlichen Bearbeitungsfristen beginnen. Um die Kommunen zu einer fristgerechten und schnellen Bearbeitung der Bauanträge zu motivieren, werden wir entsprechende Anreize setzen und Transparenz über die Länge der Bearbeitungszeit von Baugenehmigungsverfahren in den nordrhein-westfälischen Kommunen herstellen.
Die Chancen der Digitalisierung wollen wir auch in der nordrhein-westfälischen Baupolitik nutzen. Die Kommunen werden wir deshalb bei der Implementierung eines einheitlichen und zeitgemäßen Systems zur Einreichung von Bauanträgen in digitaler Form nach dem Vorbild zum Beispiel der Berliner Bauaufsichtsbehörde unterstützen. Bei der Einführung des Building-Information-Modeling (BIM) soll Nordrhein-Westfalen eine Vorreiterrolle einnehmen. Dazu werden wir das Expertenwissen aus Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Hochschulen zusammenführen.
Mietrecht
Die Mietpreisbremse hat in Nordrhein-Westfalen ihren Zweck nicht erfüllt. Sie hat nicht die Mieten gebremst, sondern private Investitionen in den Wohnungsbau. Um das Angebot auf dem Wohnungsmarkt zu vergrößern und für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, wollen wir private Investitionen wieder attraktiver machen. Dazu werden wir die Kappungsgrenzenverordnung und die Mietpreisbegrenzungsverordnung aufheben.
Das Bundesrecht enthält bereits einen weitreichenden Mieterschutz. Darüber hinausgehende landeseigene Regelungen sind daher nicht erforderlich. Die Kündigungssperrfristverordnung, die Zweckentfremdungsverordnung, die Umwandlungsverordnung werden wir aufheben, das Wohnungsaufsichtsgesetz überprüfen.
Landesentwicklungsplan
Damit die Kommunen mehr geeignete Wohnbauflächen bereitstellen können, werden wir unnötige Hemmnisse zur Ausweisung von Bauland aus dem Landesentwicklungsplan entfernen. Gesetzlich erforderliche Kompensationsmaßnahmen sollen zukünftig nicht mehr in zusätzlicher Inanspruchnahme von Fläche, die über diejenige für das unmittelbare Vorhaben hinausgeht, sondern flächenschonend durch ein Punktesystem zur ökologischen Aufwertung bestehender Natur- und Brachflächen erfolgen. Um angespannte Wohnungsmärkte zu entlasten, werden wir zusätzliche Siedlungsflächen an ÖPNV-Achsen einrichten. Dadurch wird das Pendeln zwischen dem Wohnort und dem Arbeitsplatz attraktiver.
Landesbauordnung
Wir werden das Bauordnungsrecht vereinfachen. Um insbesondere Handwerkern, Architekten und Ingenieuren, die auch in anderen Bundesländern tätig sind, die Arbeit zu erleichtern, werden wir die Landesbauordnung stärker an die Musterbauordnung angleichen. In einem ersten Schritt werden wir die Landesbauordnung mindestens in Bezug auf das Abstandsflächenrecht an die Musterbauordnung anpassen und damit Potenziale zur innerstädtischen Nachverdichtung freisetzen.
Um eine Reduktion von bestehendem Wohnraum zu verhindern, werden wir dafür sorgen, dass Wohngebäude mit Bestandsschutz auch ohne Einhaltung erforderlicher Abstandsflächen im Zuge des Ersatzneubaus an gleicher Stelle und in gleicher Größe neu errichtet werden dürfen. Darüber hinaus werden wir die vorhandene Kubatur unter Beachtung des Brandschutzes auch bei Neubauten im verdichteten Innenstadtbereich wieder ausschöpfen.
Baukostenreduzierung
Politische Entscheidungen und Vorgaben haben das Bauen in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren deutlich verteuert. Wir werden daher eine Kommission zur Baukostensenkung durch Reduktion landeseigener Vorgaben einrichten und das bestehende Bündnis für Wohnen fortentwickeln. Mit einer Bundesratsinitiative wollen wir erreichen, dass die Energieeinsparverordnung 2016 zunächst für drei Jahre ausgesetzt wird und die Vorgaben der Verordnung umfassend evaluiert werden. Dadurch werden weitere Baukostensteigerungen verhindert und der Weg für andere, effizientere Energieeinsparmaßnahmen freigemacht. Zudem werden wir die im Dezember 2016 novellierte Landesbauordnung durch ein oratorium aussetzen mit dem Ziel, die überarbeitete Landesbauordnung, bei der baukostensteigernde Regulierungen und Vorgaben abgeschafft werden sollen, schnellstmöglich in Kraft zu setzen. Wir werden das in der Praxis bewährte, unbürokratische und an Eigenverantwortung appellierende Freistellungsverfahren wieder in die Landesbauordnung aufnehmen.
Um auch auf Bundesebene Impulse zur Stimulierung des Wohnungsbaus zu setzen, werden wir eine Initiative zur Einführung einer dreiprozentigen linearen AfA und einer zusätzlichen, zeitlich begrenzten Sonder-AfA für alle Wohngebäude ergreifen.
Städtebauförderung
Den Fokus der Städtebauförderung legen wir künftig auf die Entwicklung einer klaren Zukunftsperspektive in den geförderten Quartieren. Die Förderung verknüpfen wir daher mit Vorhaben zur Verbesserung der Bildungs- und Qualifizierungsinfrastruktur sowie der ökonomischen Entwicklung. Dem erhöhten Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung tragen wir auch dadurch Rechnung, dass das Thema Sicherheit verpflichtend in die Städtebauförderungsprogramme eingefügt wird. Entscheidungen über die Ausgestaltung der Fördermaßnahmen werden wir verstärkt auf die lokale Ebene übertragen. Dies bewirkt eine zielführende Stadtentwicklungspolitik unter größtmöglicher Einbindung kommunaler Beteiligter. Wir werden die Effektivität und Effizienz der NRW-Stadtentwicklungspolitik verbessern und die Einbeziehung privater Initiativen und bürgerschaftlichen Engagements ermöglichen. Um die erhöhten Bundesmittel für die Städtebauförderung vollständig abrufen zu können, werden wir die Kofinanzierung des Landes sicherstellen.
Wir stehen zu den getroffenen Entscheidungen zur Durchführung von Städtebauförderungsmaßnahmen sowie der REGIONALEN. Den betroffenen Städten und Regionen geben wir Planungssicherheit. Weiterhin wollen wir die interkommunale Kooperation zwischen Großstädten und umliegenden Kommunen fördern und ausbauen. Darin sehen wir Potenziale zur besseren Vernetzung der Städte und zur Aufwertung der einzelnen Regionen.
Denkmalpflege
Wir bekennen uns zu der in der Landesverfassung verankerten Verantwortung für den Erhalt der Denkmäler des Landes. Gemeinsam mit dem vorhandenen ehrenamtlichen Engagement in der Denkmalpflege wollen wir das archäologische und baukulturelle Erbe des Landes für künftige Generationen erhalten. Dazu werden wir unter anderem die Fördermittel für die Baudenkmalpflege wieder auf jährlich rund 12 Millionen Euro anheben.
UMWELT-, NATUR- UND KLIMASCHUTZ
Das Zusammenspiel von Metropolregionen, Stadt- und Industriestrukturen sowie einem hohen Verkehrsaufkommen in ganz Nordrhein-Westfalen zieht komplexe Herausforderungen für reine Luft, Lärmschutz, saubere Gewässer und Böden, artenreiche Naturlandschaften und grüne Erholungsgebiete nach sich. Hinzu kommen die Altlasten der Vergangenheit, unter anderem der Kohleförderung, und Daueraufgaben wie der Hochwasser- und Klimaschutz. In dieser anspruchsvollen Gemengelage werden wir eine neue Balance zwischen Ökologie und Ökonomie schaffen. Wir wollen unsere natürlichen Schätze bewahren und dem Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen gleichzeitig neue Chancen eröffnen.
Christdemokraten und Freie Demokraten treten für eine Politik für Ländliche Räume und Umwelt ein, die sich ambitionierte Ziele setzt und diese mit Augenmaß und in enger Abstimmung mit den Betroffenen umsetzt. Dabei leiten fünf Prinzipien unser Handeln: Wir bekennen uns zum Schutz des Eigentums, mit dem Verantwortung untrennbar verbunden ist. Unsere Umweltverwaltung und der Einsatz öffentlicher Fördermittel sollen höchsten Ansprüchen an Effizienz genügen. Die Grundsätze der Kooperation und der „freiwilligen Verbindlichkeit“ sollen – wo möglich – Vorrang vor Vorschriften haben. Wir ziehen marktwirtschaftliche Anreize den Instrumenten des Ordnungsrechtes vor. Notwendige ordnungsrechtliche Vorgaben von Bund und EU wollen wir eins zu eins umsetzen und darüber hinaus gehende Regelungen nur im Einzelfall erlassen, wenn es besondere Erfordernisse des Landes ausdrücklich erfordern.
Die Umwelt- und Naturschutzverbände leisten einen großen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Nordrhein-Westfalen. Wir wollen auch in Zukunft in einem intensiven Dialog mit den Naturschutzverbänden stehen und ihre Anliegen in unsere Politik miteinbeziehen.
Naturschutz
Wir wollen die natürlichen Schätze Nordrhein-Westfalens bewahren. Diese Zukunftsaufgabe verbindet Christdemokraten und Freie Demokraten. Dabei wertschätzen und anerkennen wir vor allem das große Engagement, das viele Menschen im ehrenamtlichen Naturschutz leisten. Die Kleintierzuchtvereine und Hobby-Züchter leisten einen wertvollen Beitrag zum Erhalt des Artenreichtums. Deshalb werden wir auch Landesschauen in diesem Bereich weiterhin unterstützen.
Wir werden kooperativ und innovativ neue Wege gehen, um die bedrohten Schätze der biologischen Vielfalt in unserem Land zu sichern. Den Vertragsnaturschutz wollen wir spürbar stärken. Dieser Weg, der freiwillige Leistungen zur Zukunftssicherung der natürlichen Vielfalt fördert und initiiert, muss verlässlich honoriert werden.
Wir stehen für eine Politik, die neues Vertrauen schafft. Freiwillige Landschafts- und Biotopleistungen dürfen nicht zum Nachteil der Betroffenen werden, indem ein ungewollter Umwidmungszwang zu Pflichtaufgaben greift. Damit wird erreicht, dass Landeigentümer weiter für solche Aktivitäten motiviert bleiben.
Das Landesnaturschutzgesetz braucht entsprechend der Leitlinien unserer Naturschutzpolitik zügig eine grundlegende Novellierung, um die vielen wichtigen Aufgaben in diesem Bereich wieder mit Augenmaß erfolgreich organisieren zu können. Wir werden bei Eingriffen in Natur und Landschaft nach der Leitlinie „qualitatives Aufwerten vor quantitativer Neuausweisung“ handeln. Wir werden zudem ein landesweites Kataster von Naturschutzflächen erstellen, um deren Qualität zu erhalten und auszubauen. Bestehende Vorkaufs- und Beteiligungsrechte werden wir an das Bundesrecht anpassen.
Die Rückkehr des Wolfes in unsere Region wirft bei vielen Bürgern berechtigte Sorgen um den Schutz von Mensch und Nutztieren auf. Diese Sorgen nehmen wir ernst. Die bisherigen Maßnahmen sind unzureichend. Daher werden wir eine angemessene Strategie entwickeln, die auch Erfahrungen aus anderen betroffenen Bundesländern und Regionen in Europa aufnimmt.
Die Landespolitik muss ihre Verantwortung für den Erhalt der Biodiversität im Sinne einer Zukunftsvorsorge wahrnehmen. Eine kritische Prüfung und Überarbeitung der Biodiversitätsstrategie ist geboten. Um den weiteren Verlust biologischer Vielfalt zu stoppen, wollen wir auf eine bessere Ursachenermittlung statt Beschränkungen für die Landwirtschaft setzen.
Das Gesicht unserer Landschaften wollen wir durch die weitere Entwicklung von Alleen, Baumreihen und Hecken bereichern.
Die insgesamt erfolgreiche Entwicklung des Nationalparks Eifel und der bestehenden Naturparke in Nordrhein-Westfalen werden wir verstetigen und mit den Beteiligten vor Ort vertiefen. Für die Ausweisung eines Nationalparks Senne fehlt die erforderliche breite Akzeptanz in der Bevölkerung der Region. Wir werden prüfen, wie der Erhalt der Sennelandschaft in ihrer jetzigen Form und unter Beibehaltung der gegenwärtigen Flächennutzung sichergestellt werden kann.
Die Biologischen Stationen in unserem Land leisten einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz in Nordrhein-Westfalen. Dabei sollen die vielen Ehrenamtlichen ihre Erfahrungen und Leistungen weiter einbringen. Bei der Umsetzung von staatlich geförderten Maßnahmen muss zukünftig in klaren Strukturen eine gleichberechtigte Mitwirkung aller maßgeblich Beteiligten (Landwirtschaft, Naturschutz, Kommunen) gewährleistet sein.
Wasser- und Hochwasserschutz
Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Der Schutz des Wassers und der Gewässer in Nordrhein-Westfalen hat daher zentralen Stellenwert für unsere Umweltpolitik. Nachweisliche Probleme und neu absehbare Risiken sollen konsequent und kooperativ mit den Akteuren aufgegriffen und einer Lösung zugeführt werden.
Die aktuellen Werte und Tendenzen bei der Nitratbelastung im Grundwasser geben in einigen Teilen unseres Landes Anlass zur Sorge. Wir werden das Messstellennetz deshalb weiterentwickeln, um eine tragfähige Datenbasis für Gegenstrategien zu schaffen. Wissenschaftlichen Sachverstand, der sich mit den Ursachen und Gegenmaßnahmen beschäftigt, wollen wir noch stärker aktivieren. Wir werden das Erfolgsmodell der Wasserkooperationen zwischen Landwirtschaft und Wasserwerken stärken und schrittweise auf das ganze Land ausdehnen.
Der Gebrauch von Medikamenten hat Auswirkungen auf Gewässer und Trinkwasser. Beim Schutz der Gewässer wollen wir dem Vorsorgegedanken konsequenter als bisher Rechnung tragen und den Fokus auf Eintragsvermeidungsstrategien legen. Die flächendeckende Einführung einer 4. Reinigungsstufe für Kläranlagen, die drastische Gebührenerhöhungen nach sich ziehen würde, ist für uns keine Option. Wir werden vielmehr einen vielschichtigen Ansatz verfolgen, Schwerpunkte von Rückstandsaufkommen ermitteln und dort ansetzen.
Hochwasserrisiken haben für die Menschen am Rhein und an vielen anderen Gewässern eine zentrale Bedeutung. Nicht zuletzt auch durch Klimaveränderungen wird Hochwasserschutz für die Menschen, für die Kommunen und Unternehmen in potenziellen Überschwemmungsgebieten immer wichtiger. Aus diesem Grund werden wir die Anstrengungen beim technischen Hochwasserschutz intensivieren und diesen beschleunigen. Bei der Maßnahmenfinanzierung wollen wir auch privates Kapital mit einbinden.
In enger Zusammenarbeit mit unseren europäischen Nachbarn und mit der Bundesregierung werden wir alle zielführenden Möglichkeiten des technischen Hochwasserschutzes nutzen und weiterentwickeln, einschließlich der Prüfung von Retentionsräumen „auf dem Wasser“, zum Beispiel in Kiesabbaugebieten. Dabei ist der ökologische und ökonomische Mehrwert von „integrierten Projekten“ besonders zu berücksichtigen. Die Ausgleichspflicht für Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes wollen wir abschaffen.
Um den Fahrplan zur vollständigen Sicherung des Rheins bis zum Jahr 2025 zeitlich einhalten zu können, werden wir die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Maßnahmen im Hochwasserschutz so ausgestalten, dass die Maßnahmen zeitgerecht realisiert werden können. Polder wollen wir im Regelfall als gesteuerte Polder, die nur im Bedarfsfall gegen Entschädigung in Anspruch genommen werden.
Wir wollen den Hochwasserschutz auch an kleineren Gewässern, die deutlich schneller von Starkregenereignissen betroffen sind, verbessern. Außerdem wollen wir die Warnsysteme und die Abstimmung der Kommunen und Deich- und Wasserverbände bei Starkregenereignissen gemeinsam mit den Betroffenen verbessern.
Wir wollen Erschwerungen für den Rohstoffabbau im Wasserbereich wieder zurücknehmen. Wir werden daher die Einzelfallprüfung für Rohstoffgewinnung in Schutzzone III wieder zulassen.
Viele Bürger wünschen sich die Möglichkeit von Preisvergleichen beim Bezug ihres Trinkwassers. Dieses berechtigte Anliegen wollen wir aufgreifen. Wir wollen auch beim Trinkwasser Transparenz über Preise und Ursachen für Preisdifferenzen herstellen. Das Benchmarking werden wir im Dialog mit den Trinkwasserversorgern weiterentwickeln.
Die falschen Weichenstellungen im jüngst abgeänderten Landeswassergesetz werden wir durch eine Novelle korrigieren. Wir werden es möglichst weitgehend mit den Regelungen des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes synchronisieren. Das betrifft unter anderem die Regelungen zu Gewässerrandstreifen, Vorkaufsrechten, der Entfristung von Genehmigungen und den Berichtspflichten. Dabei wollen wir die Erfahrungen anderer Bundesländer aufgreifen, um beste Ergebnisse für den Gewässerschutz mit möglichst begrenztem Aufwand zu erzielen.
Eine verpflichtende Funktionsprüfung privater Abwasserkanäle (Dichtheitsprüfung) soll es nur bei Neubauvorhaben, bei wesentlichen baulichen Veränderungen auf Grundstücken und bei begründeten Verdachtsverfällen geben.
Auch in Nordrhein-Westfalen ist die Vitalität der Gewässer durch immer mehr Mikroplastikteilchen bedroht. Wir werden uns diesem Problem widmen und in einem ersten Schritt die Forschung und Erkenntnisgewinnung in diesem Bereich vorantreiben, um zeitnah zu Lösungswegen zu kommen. Für eine erfolgreiche Strategie setzen wir insbesondere auf kooperative Ansätze mit den Verursachern innerhalb und außerhalb der Wirtschaft. Wir begrüßen die Selbstverpflichtung der Industrie, bis zum Jahr 2020 auf Mikroplastik in Kosmetikprodukten zu verzichten und werden die Einhaltung dieser Selbstverpflichtung aktiv einfordern.
Den Maßnahmenkatalog zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie werden wir so flexibilisieren, dass damit auch Maßnahmen zum Hochwasserschutz verbunden werden können. Die erfolgreiche Umgestaltung ganzer Flusslandschaften wie zum Beispiel an der Emscher oder der Lippe wird auch in Zukunft ein wichtiges Instrument der Landespolitik bleiben.
Umwelt- und Klimaschutz
Nordrhein-Westfalen ist vielfach geprägt durch Städte und Ballungsräume. Wir erleben einen Trend des Zuzugs hinein in die Städte. Auch daher hat umweltpolitisches Handeln für urbane Lebensqualität für uns eine hohe Priorität.
Eine rationale und realistische Umweltpolitik gelingt nur in Kooperation mit den Kommunen. Die Konzentrationen von Feinstaub und Stickoxyden in Ballungsräumen sind ein akutes Problem, das bisher ungelöst ist. Wir stehen im Vertragsverletzungsverfahren, dass die EU gegen Deutschland führt und das gerade auch große Kommunen in Nordrhein-Westfalen betrifft, an der Seite der betroffenen Städte. Fahrverbote wollen wir nicht. Wir brauchen einen überzeugenden ganzheitlichen Ansatz, um greifbare Verbesserungen für die Menschen, für besonders belastete Stadtquartiere und für eine zukunftsgerechte Mobilität zu erreichen. Dazu muss die Automobilindustrie deutlich mehr beitragen.
Luftschadstoffemissionen und Lärmbelastungen gehen oft miteinander einher. Mehr als eine Million Menschen in Nordrhein-Westfalen sind von beträchtlichen Lärmbelastungen anhaltend betroffen. Das unterstreicht die Notwendigkeit integrierter Ansätze für urbane Umweltqualität. Eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Infrastruktur kann einen Beitrag für gute urbane Umweltbedingungen leisten. Das gilt auch für die Bewahrung und Stärkung vorhandener „grüner Lungen“ in den großen Städten.
Wir wollen erreichen, dass die Neuansiedlung gewerblicher oder industrieller Unternehmen auf bisher entsprechend genutzten Flächen immissionsschutzrechtlich der Vornutzung gleichgestellt werden. Der Umweltwirtschaftsbericht wird fortgeschrieben. Die Umweltwirtschaftsstrategie werden wir evaluieren und fortentwickeln.
Die nordrhein-westfälische Umweltwirtschaft ist nicht nur ein zentraler Problemlöser im Umweltbereich, sondern auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Unser Land ist bundesweit der größte Anbieter von Produkten und Dienstleistungen der Umweltwirtschaft. Diesen Vorsprung gilt es weiter auszubauen sowie Unternehmen, Forschungsund Bildungseinrichtungen dabei zu unterstützen, die vielen Potentiale der Umweltwirtschaft für sich und Nordrhein-Westfalen zu erschließen. Zum Beispiel wollen wir das Know-how der Umweltforschung und -wirtschaft in Nordrhein-Westfalen aktivieren, um neue Lösungen für die Probleme mit Naturdünger zu finden. Stickstoffe und Phosphor sollen durch geeignete Verfahren aus Reststoffen der Tierhaltung entfernt und gezielt nur dort zum Einsatz gebracht werden, wo es nötig ist.
Den effizienten Umgang mit unseren Ressourcen werden wir weiter ausbauen. Auf diesem Weg gilt es zukünftig Abfälle zu vermeiden und dort, wo das nicht möglich ist, erfolgreich stofflich zu verwerten. Gemeinsam mit unserer heimischen Umwelt- und Kreislaufwirtschaft wollen wir Anreize entwickeln, die bereits beim Produktdesign den Kreislaufgedanken einbinden.
Eine immer stärkere Nutzung von Abfall als Rohstoffressource wollen wir unterstützen. Zugleich wollen wir die Gebührenbelastung für die Entsorgung begrenzen. Wir wollen das Landesabfallgesetz daraufhin überprüfen, ob es für diese Zielsetzungen zukunftsgerecht ist. Insbesondere die Dreiteilung des Landes in Entsorgungsregionen wollen wir unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer kritischen Prüfung unterziehen. Eine eins zu eins-Umsetzung von bundes- und europarechtlichen Vorgaben muss der Maßstab sein.
Die Aufbereitung von industriell vorbelasteten Brachflächen durch Flächenrecycling ist eine Zukunftsaufgabe. Die Vermeidung von zusätzlichem Naturverbrauch für kommunales Wachstum geht mit der Vorsorge vor Risiken für Böden und Grundwasser Hand in Hand. Wir werden deshalb die Flächenreaktivierung als Beitrag zur Kompensation fördern.
Der Altlastenaufbereitungsverband Nordrhein-Westfalen (AAV) ist ein international anerkanntes, erfolgreiches Instrument des Flächenrecyclings. Die Organisation des AAV als Partnerschaft von Land und Wirtschaft ist überzeugend, die finanzielle Beteiligung der Industrie in Nordrhein-Westfalen jedoch nicht. Sie wird ihrer Verantwortung, auf alten Lasten neue Zukunft zu gestalten, bislang deutlich nicht gerecht. Eine spürbar stärkere Beteiligung am AAV ist auch ein Prüfstein, ob der kooperative Ansatz in der Umweltpolitik nicht nur anhaltend gefordert, sondern selbst aktiv gelebt wird
Die gesellschaftliche Breitenwirkung ist maßgeblich für die Legitimation jeder Landesstiftung. Diese Breitenwirkung ist bei der Stiftung Umwelt und Entwicklung nicht befriedigend. Insbesondere ist der Eindruck entstanden, wenige Zuwendungsempfänger würden dauerhaft von besonders hohen Zuwendungen profitieren. Daher muss eine selbstkritische Prüfung und Neujustierung der Stiftungsarbeit zeitnah ein besonderer Schwerpunkt in der Arbeit der Stiftungsgremien sein. Für den künftigen Vorstand halten wir eine Erweiterung für zielführend, die erreicht, dass mehr als bisher vielfältiges bürgerschaftliches Engagement in Nordrhein-Westfalen repräsentiert ist.
Christdemokraten und Freie Demokraten bekennen sich zum Klimaschutzabkommen von Paris. Wir brauchen eine gemeinsame und abgestimmte Klimaschutzpolitik auf europäischer und internationaler Ebene. Nordrhein-Westfalen ist über die Bundesrepublik in europäische Klimaschutzziele eingebunden. Isolierte und unwirksame Alleingänge lehnen wir ab.
Nordrhein-Westfalen nimmt seine klimapolitische Verantwortung wahr. Wir brauchen ein Bündel von Ansätzen zur Begrenzung der Erwärmung durch Emissionen, zur unvermeidbaren Anpassung unserer Kulturlandschaften und der Land- und Forstwirtschaft an Klimaveränderungen sowie zum Risikomanagement bei Klimafolgenanpassung.
Mit einem Klimadialog werden wir dazu beitragen, erfolgversprechende Initiativen und praktische Ansätze zu entwickeln und umzusetzen. Eine enge Abstimmung mit anderen Bundesländern, die wie wir auf Kooperation und Dialog setzen, sowie mit dem Bund, streben wir an.
VERBRAUCHERSCHUTZ
Die Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens erwarten gesunde Lebensmittel, faire Dienstleistungen und sichere Produkte. Das bedeutet eine große Verpflichtung für die Landespolitik und erfordert einen starken Verbraucherschutz. Die Möglichkeiten des globalen Handels und die stetig steigende Produktvielfalt bringen viele Vorteile für die Verbraucherinnen und Verbraucher, jedoch auch Risiken. Der Schutz des Verbrauchers ist für uns ein besonderes Anliegen. Unser Leitbild ist der verantwortlich handelnde Verbraucher und souveräne Konsument.
Verbraucherzentralen
Unsere Politik stellt die mündigen Bürgerinnen und Bürger ins Zentrum. Viele Menschen bauen in einer zunehmend komplizierteren Produktwelt auf verlässliche Beratung. Daher ist das regionale und lokale Beratungsangebot der Verbraucherzentrale NRW in den Kommunen des Landes besonders wertvoll. An den langfristigen Zusagen des Landes für eine sichere Finanzierung dieser Verbraucherberatung halten wir fest und wollen so die Arbeit der Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen weiter verstetigen. Wir streben eine Vervollständigung der dezentralen Beratungslandschaft an, sofern die Kommunen dies wünschen und mittragen.
Im Dialog mit Experten und Verbrauchern wollen wir auch neue verbraucherschutzpolitische Impulse und Initiativen vorbereiten und umsetzen. Schwerpunkte sollen dabei unter anderem die Auswirkungen der digitalen Umwälzungen in allen Lebensbereichen, der bewusste und überlegte Umgang mit Lebensmitteln und Fragen der Finanz- und Verbraucherkompetenz sein.
Lebensmittel- und Warensicherheit
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen müssen sich stets auf die Sicherheit ihrer Lebensmittel und die Unbedenklichkeit von Produkten verlassen können. Unsere Verbraucherschutzpolitik setzt auf schlagkräftige, an wirklichen Risikopunkten orientierte öffentliche Kontrollen. Schwerpunkte werden wir unter anderem bei Risikosubstanzen in Textilien, Spielzeugen und anderen Gegenständen des täglichen Bedarfs setzen.
Die so genannte „Hygiene-Ampel“ wird abgeschafft, weil sie nur eine Scheintransparenz erzeugt und unsere Bäcker, Fleischer und Gastwirte gleichzeitig mit unverhältnismäßigen bürokratischen Lasten belegt. Wir werden stattdessen eine Regelung schaffen, die eine übersichtliche und eindeutige Verbraucherinformation zu Hygiene und Lebensmittelsicherheit gewährleistet und unseren Betrieben auf freiwilliger Basis die Möglichkeit bietet, die Kontrollergebnisse darzustellen.
Eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen, die wesentliche Zuständigkeiten im Verbraucherschutz wahrnehmen, hat für uns Priorität. Zusammen mit den Kommunen werden wir die Organisation der Lebensmittelüberwachung im Land effizienter gestalten. Dies gilt insbesondere für die Verbraucherschutzaufgaben im Landesamt. Routinekontrollen von größerem Umfang müssen nicht von öffentlichen Mitarbeitern selbst durchgeführt werden, sondern können auch durch Dritte erledigt werden.
Wir setzen uns für eine Risikobewertung im gesundheitlichen Verbraucherschutz ein, die auf der Grundlage unabhängiger wissenschaftlicher Erkenntnisse beruht.
Wir wollen die Erzeuger gegenüber der Marktkonzentration des Lebensmitteleinzelhandels zugunsten der Verbraucher stärken. Wir stehen für Fairplay, wenn es um Märkte, Marktmacht und Verbraucherinteressen geht. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass unsere heimische Landwirtschaft und unser Gartenbau gegenüber zunehmend marktdominierenden Unternehmen wieder in eine Position kommen, die ihnen langfristig Auskommen und Existenzsicherheit ermöglicht. Das ist auch gut für die Verbraucher.
Wir werden das Schulobst- und Schulmilchprogramm weiterführen. Zusätzlich werden wir Initiativen für die Wertschätzung von Lebensmitteln und den achtsamen Umgang mit ihnen ergreifen und unterstützen.
LÄNDLICHE RÄUME
Die ländlichen Räume in Nordrhein-Westfalen sind vielfältige Landschaften. Sie sind Standort einer leistungsstarken Land- und Forstwirtschaft und vieler weiterer „grüner Berufe“. Sie sind zugleich in vielen Regionen auch die Heimat starker mittelständischer Unternehmen mit zahlreichen Branchen- und Weltmarktführern. Wir wollen eine verantwortungsvolle und ausgleichende Politik verfolgen, die die Stärken und Interessen der Ländlichen Räume nach Kräften fördert.
Wir wollen verlässliche Partner der Land- und Forstwirte sein. Ohne die jahrhundertelange Tätigkeit der Menschen in der Land- und Forstwirtschaft würde es viele Kulturlandschaften und Lebensräume nicht mehr geben. Wir sind der Land- und Forstwirtschaft dankbar für ihr Engagement in der Landschaftspflege und erkennen ihren Beitrag zur Erhaltung des Wohlstandes, der Lebensqualität und zur Steigerung der Wirtschaftskraft unseres Landes ausdrücklich an.
Das Aktionsbündnis ländlicher Raum vertritt die Interessen von rund 600.000 Mitgliedern und 17 Spitzenverbänden des ländlichen Raums. Wir werden in Fragen, die die Belange unserer ländlichen Regionen berühren, den aktiven Austausch mit dem Bündnis suchen.
Bürokratieabbau
Die EU-Förderung mit dem Förderbaustein LEADER ist eine Chance für mehr Lebensqualität im ländlichen Raum. Doch die aufwändige Antragsbürokratie gefährdet den Einsatz und Abruf von rund 70 Millionen Euro an Fördermitteln. Wir wollen gemeinsam mit EU und Finanzministerium die Förderverfahren vereinfachen und die Fachkompetenz und landesweite Lenkungskraft im Ministerium ausbauen.
Kommunen im ländlichen Raum müssen derzeit für zielähnliche Förderungen im Land jeweils eigene Konzepte mit beträchtlichem Aufwand parallel bereitstellen. Wir wollen erreichen, dass für solche Förderungen der ländlichen Entwicklung und des Stadtbaus nur ein einziges integriertes Konzept je Kommune erforderlich ist.
Die Wiedereinführung des Widerspruchsverfahrens in der Zuständigkeit des LANUV war ein gravierender Fehlschlag. Hier wollen wir die zuletzt gültige Rechtslage wieder herstellen.
Bei den Landesstraßen wird auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren im Außenbereich nach dem Vorbild Bayerns zukünftig verzichtet.
Flächenmanagement im ländlichen Raum
Den ökologischen Ausgleich für Flächenverbrauch in Nordrhein-Westfalen wollen wir neu und zielführend ordnen. Dazu sind innovative und integrative Ansätze bei der Kompensationsregelung zu entwickeln und einzuführen, um Verluste landwirtschaftlicher Nutzflächen wirksam zu begrenzen.
Dem landesweit ständig zunehmenden Verbrauch landwirtschaftlicher Nutzfläche wollen wir entgegensteuern. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir moderne Instrumente wie zum Beispiel Flächenzertifikate, Flächenpools über kommunale Grenzen hinweg und flächensparendes Bauen prüfen und aufgreifen.
Tierhaltungsanlagen sind Agrarlandschaften wesenseigen. Gewerbeflächen sind auch in Landregionen knapp. Daher heben wir umgehend die Auflage auf, dass neue Ställe mit gewerblicher Tierhaltung nur in Industrie- oder Gewerbegebieten anzusiedeln sind.
Unsere Wirtschaftswege haben eine hohe Bedeutung für den ländlichen Raum, sowohl für die Landwirtschaft als auch für den Tourismus. Deswegen wollen wir ELER-Mittel für die Unterhaltung, Sanierung und den mitunter notwendigen Rückbau der Wirtschaftswege zur Verfügung stellen.
Land- und Forstwirtschaft
Christdemokraten und Freie Demokraten bekennen sich zum Leitbild einer starken heimischen Landwirtschaft. Wir treten für die Erhaltung und Schaffung angemessener Rahmenbedingungen einer modernen und nachhaltigen, das heißt einer zugleich wirtschaftlich erfolgreichen, umweltverträglichen und sozial verantwortlichen Entwicklung der Landwirtschaft ein. Wir wollen, dass die Landwirtschaft von selbständigen bäuerlichen Familienunternehmen geprägt wird, die über Boden, Gebäude, Nutztiere und notwendige Produktionsmittel verfügen können. Wir wollen, dass die Menschen hochwertige Lebensmittel aus heimischer und regionaler Erzeugung erwerben können. Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Erzeuger ist für uns ebenso bedeutend wie die Bezahlbarkeit von Lebensmitteln. Soziale Nachhaltigkeit heißt für uns, dass gesunde Lebensmittel bezahlbar bleiben müssen.
Entwicklungsperspektiven für unsere Landwirte
Wir wollen gute Entwicklungsperspektiven für die zumeist in Familienhand geführten landwirtschaftlichen Betriebe und die Innovationskraft der Landwirtschaft und der ländlichen Räume in Nordrhein-Westfalen fördern. Die Landwirte entscheiden souverän selbst, welche Bewirtschaftungsform für die Zukunft ihres Betriebes die richtige ist. Diese Frage darf kein Gegenstand staatlicher Lenkung und Bevorzugung sein. Konventionellen und ökologischen Landbau behandeln wir gleichermaßen fair und bieten Beiden gleichberechtigte Chancen, um unterschiedlichen Betriebskonzepten und Verbraucherinteressen gerecht zu werden.
Wir setzen uns im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union für die Beibehaltung des bewährten Fördersystems aus der ersten und zweiten Säule in der bisherigen Gewichtung ein. Weiteren Umschichtungen zulasten der Planungssicherheit für die landwirtschaftlichen Unternehmerinnen und Unternehmer stellen wir uns entgegen. Die nationale Umsetzung der Greening-Vorgaben ist mit Blick auf Praktikabilität und Bürokratie weiterhin kritisch zu überprüfen. Die Agrarinvestitionsförderprogramme wollen wir in den Ländern bei der Verteilung der Mittel aus der zweiten Säule stärker gewichten und entbürokratisieren, um zum Beispiel Investitionen in moderne Tierhaltungssysteme und Agrartechnik zu fördern.
Wir werden die Förderung ökologischer Landwirtschaft prüfen und angemessen fortführen. Wir werden die Vermarktungsstrukturen gleichermaßen für Bio- und konventionelle Erzeugnisse verbessern.
Bei der Düngeverordnung wird es keine Verschärfungen über die Länderöffnungsklausel geben. Wir werden uns für die Entwicklung eines unabhängigen, einheitlichen und repräsentativen europaweiten Nitratmessnetzes auf wissenschaftlicher Grundlage einsetzen. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Gartenbaus in Nordrhein-Westfalen zu erhalten und zu verbessern, werden wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Die Landesgartenschauen
werden wir für die Zukunft nachhaltig absichern.
Für das Landgestüt Warendorf wollen wir eine verlässliche Zukunftsperspektive mit Blick auf das 200-jährige Bestehen im Jahr 2026 gestalten. Wir werden in organisatorischer und rechtlicher Hinsicht prüfen, wie die Wirtschaftlichkeit des Landgestütes verbessert werden kann.
Tierschutz
Wir wollen einen konstruktiven Dialog mit den Tierschutzverbänden und auf deren Expertise bei der Weiterentwicklung einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung nicht verzichten.
Wir wollen eine am Tierwohl orientierte Haltung von Nutz- und Haustieren, die sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichtet und im Dialog mit den Landwirten und Tierhaltern stattfindet. Die neuesten Ergebnisse der Forschung sollen dabei sinnvollen Eingang in die landwirtschaftliche Praxis finden. Die Aus- und Weiterbildung in diesem Bereich wollen wir fördern. In diesem Rahmen wollen wir auch neue Forschungsprojekte zu den Themen nachhaltige Nutztierhaltung, Geflügelpest und Antibiotika-Monitoring initiieren.
Alte und neuartige Tierseuchen bedrohen landwirtschaftliche Existenzen. Wir werden die bisherige Tierseuchenbekämpfung daher überprüfen und neue Wege erproben. Wir halten die Tötung ganzer Tierbestände bei Seuchenzügen für anachronistisch. Wir werden uns für einen differenzierten Einsatz von Methoden des Seuchenschutzes und der Vorbeugung einsetzen, damit in Krisenfällen nicht mehr die massenhafte Tötung, sondern vielmehr der Verzicht darauf die Regel ist.
Wir werden dem Anliegen der Kommunen entsprechen und die Zuständigkeit für die Überwachung tierärztlicher Hausapotheken an die Kreisordnungsbehörden zurückgeben.
Wald- und Holzwirtschaft
27 Prozent der nordrhein-westfälischen Landesfläche bestehen aus Wald. Zwei Drittel davon sind in privater Hand. Unsere Waldlandschaften sind die grünen Lungen in Rheinland, Westfalen und Lippe. Wir sehen in ihnen zugleich ein beachtliches Potential für einen nachhaltigkeitsgeprägten Wirtschaftsstandort. Dieses Potential wollen wir kooperativ für den Klimawandel rüsten und ökonomisch besser aktivieren. Dazu leistet der Landesbetrieb Wald und Holz einen wesentlichen Beitrag. Das Konzept der multifunktionalen Forstwirtschaft und eines integrativen Waldnutzungsmodells wollen wir weiterentwickeln. Das Cluster Forst & Holz NRW werden wir weiterführen. Eine großflächige
Stilllegung landeseigener Forsten lehnen wir ab, sofern sie nicht naturschutzfachlich oder forstwirtschaftlich zum Beispiel für Naturwaldzellen oder Wildnisgebiete zwingend erforderlich ist. Die Initiative des Landes zu einer verbesserten Holzmobilisierung werden wir ausbauen und u.a. das Bauen mit Holz gegenüber anderen Formen des Bauens nicht länger benachteiligen.
In den letzten Jahren wurde es versäumt, eine tragfähige kartellrechtskonforme Beratung und Holzvermarktung sicherzustellen. Diese wollen wir im Dialog mit den maßgeblichen Beteiligten erzielen. Es gilt, den Wettbewerb zu stärken und mit einer zielgerechten Förderung die reichhaltigen Privatwaldstrukturen zu bewahren und zu entwickeln. Die private Vermarktung und Beförsterung wollen wir stärker unterstützen und entsprechende Modellprojekte fortführen, um den Wettbewerb zu stärken. Hohe Qualitätsstandards in der Beförsterung müssen stets garantiert sein. Die Forstliche Umweltbildung wollen wir im Forstgesetz verankern.
Jagd und Fischerei
Wir erkennen auch die vielfältigen Leistungen unserer Gartenbauer, der Jäger und der Fischerei an. Sie bearbeiten, pflegen und schützen unsere Heimat ökonomisch, ökologisch und sozial, weil sie in Generationen denken.
Das Landesjagdgesetz werden wir weitreichend überarbeiten und die Fehler der letzten Novellierung rasch korrigieren. Wir werden dem beachtlichen Beitrag der Jagd für Artenvielfalt und Naturschutz durch Hege- und Waidgerechtigkeit wieder seinen angemessenen Stellenwert geben.
Vitale Gewässer in unseren Landschaften sind ohne aquatische Vielfalt nicht denkbar. Den Beitrag vieler Menschen, die sich dafür beruflich und in der Freizeit einsetzen, erkennen wir an und wollen ihnen mehr Mitwirkungsmöglichkeiten bei Naturschutzzielen ermöglichen. Die heimischen Fischbestände müssen besser geschützt werden. Dazu soll unter anderem eine neue Kormoranverordnung dienen. Bewährte Wanderfischprogramme werden wir fortsetzen.
5. Land des sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalts
In einer Gesellschaft, die von rasanten Veränderungen wie der Globalisierung, der Digitalisierung oder dem demographischen Wandel geprägt ist, kommt es auf den Zusammenhalt der Menschen an. Gesellschaftlicher Zusammenhalt entsteht aus verlässlichen sozialen Beziehungen, einer positiven Verbundenheit der Menschen mit ihrem Gemeinwesen und gelebter Solidarität mit den Schwächeren und Hilfebedürftigen. Mit unserer Politik wollen wir den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land weiter stärken.
Nordrhein-Westfalen ist ebenso vielfältig wie seine Menschen. Wir wollen deswegen die Voraussetzungen für eine hohe Lebensqualität und die Gleichberechtigung aller in unserem Land lebenden Menschen unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft, Alter oder Behinderung verbessern. Die Medien, die Kulturschaffenden sowie die tausenden Ehrenamtlichen in den Sportvereinen in unserem Land leisten dabei einen unverzichtbaren Beitrag zu gesellschaftlicher Integration und Inklusion. Ihre Stärkung und Förderung muss ein selbstverständliches Ziel der Landespolitik sein.
Die christlichen Kirchen sind bedeutende Akteure im gesellschaftlichen Leben unseres Landes. Sie setzen wichtige Impulse für die ethischen Grundlagen unseres Zusammenlebens. Die Kirchen geben vielen Menschen in unserem Land Halt und Zuversicht. Sie leisten zudem einen prägenden und wertvollen Beitrag zum kulturellen Leben in Nordrhein-Westfalen. Viele kulturhistorische Schätze werden von den Kirchen gepflegt und für nachfolgende Generationen erhalten.
Es ist von unschätzbarem Wert, dass sich in Nordrhein-Westfalen wieder jüdisches Gemeindeleben etabliert hat und unser Land religiös wie kulturell bereichert. Das jüdische Gemeindeleben werden wir schützen und fördern.
Die seit vielen Jahrzehnten in Nordrhein-Westfalen lebenden Muslime sind zu einem festen und wichtigen Bestandteil unserer vielfältigen Gesellschaft geworden. Den Dialog mit dem Islam wollen wir in geeigneter Weise fortsetzen.
KULTUR
Kultur ist die Grundlage unserer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft. Unsere Werte und unser Selbstverständnis kommen in kulturellen Formen zum Ausdruck. Nordrhein-Westfalen ist mit dem Reichtum seiner vielfältigen Regionen und seines kulturellen Erbes ein europäisches Kulturland ersten Ranges. Die Kombination aus Industriegeschichte und moderner Kreativität, aus Denkmälern auf Weltniveau und kultureller Vielfalt in der Fläche sowie aus Spitzen- und Breitenkultur sticht dabei besonders hervor.
Die Ruhrtriennale mit ihren unterschiedlichen Spielorten nimmt unsere Industriegeschichte in künstlerischer Weise auf und strahlt damit ebenso wie die Ruhrfestspiele weit über Nordrhein-Westfalen hinaus. In vielen Museen des Landes lassen sich Werke der künstlerischen Moderne aus den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik bewundern. Herausragende Sammlungen privater und öffentlicher Hand wie die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und Ausstellungsereignisse wie das alle zehn Jahre wiederkehrende „Skulptur.Projekte“ in Münster schließen an diese Tradition mit Bezug auf die Gegenwartskunst an. Auch Nordrhein-Westfalens Theaterlandschaft ist durch ihre Vielfalt und Dichte einmalig in Europa. Kommunale Theater und Opern, Tanztheater und die freie Szene prägen das Erscheinungsbild und die kulturelle Vielfalt unseres Landes. Das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch besitzt Weltgeltung.
Auch in der Literatur zeigt sich das vielfältige Gesicht der Kultur in Nordrhein-Westfalen. Zahlreiche Literaturhäuser, Lesegesellschaften und literarische Stiftungen beleben und gestalten Diskurse. Prägend sind auch die unterschiedlichen literarischen Festivals und Veranstaltungen wie die lit.COLOGNE oder das Literaturfest „Wege durch das Land“ in Ostwestfalen-Lippe.
Nicht zuletzt ist Nordrhein-Westfalen ein bedeutendes Musikland. Die kommunalen Orchester, die Landesorchester, die Rundfunkorchester, die zahlreichen professionellen Ensembles, die Musikfestivals und die Laienmusik tragen zur Vielfalt der Musikszene unseres Landes bei. Wir wissen um die nationale und internationale Bedeutung des 250. Geburtstags von Ludwig van Beethoven im Jahr 2020 und werden diese Chance auch für Nordrhein-Westfalen nutzen.
Christdemokraten und Freie Demokraten wollen die Kultur und die Kulturpolitik in unserem Land wieder stärken. Wir wollen Rahmenbedingungen setzen, in denen sich kulturelles Leben in all seinen Formen entfalten kann. Kultur soll wieder einen wichtigen Stellenwert in der Landespolitik bekommen. Bürgerschaftliches und privatwirtschaftliches Engagement ist dabei ebenso wichtig wie die Arbeit öffentlicher Institutionen und Initiativen unterschiedlicher Träger wie der Kommunen, Landschaftsverbände, Kirchen, Initiativen und Verbände. Gemeinsam mit ihnen wollen wir einen kulturpolitischen Aufbruch schaffen.
Sichere Rahmenbedingungen für die Kultur
Kultur braucht vor allem finanzielle Planungssicherheit. Deshalb werden wir den Kulturhaushalt des Landes schrittweise bis zum Jahr 2022 um 50 Prozent gegenüber dem heutigen Stand anheben. Die Zuschüsse für kommunale Theater und Orchester werden wir dabei stufenweise anheben. Landestheater und Landesorchester als weitere Visitenkarten unseres Landes werden wir gezielt fördern.
Wir werden das Kulturfördergesetz weiterentwickeln, ein Bibliotheksgesetz initiieren und alle kulturrelevanten Gesetze in einem „Kulturgesetzbuch“ zusammenführen, um unnötige Bürokratie abzubauen. Dabei soll die Zweckfreiheit von Kunst und Kultur betont werden. Die Schwerpunktbildungen im Kulturfördergesetz wollen wir überprüfen. Ebenfalls werden wir eine Verpflichtung verankern, die kommunale Spitzenverbände sowie Organisationen und Verbände aus Kultur, Kunst und kultureller Bildung an der Aufstellung des Kulturförderplans beteiligt.
Wir werden ein digitales Kunstregister für Kunst im Eigentum des Landes und landeseigener Gesellschaften erstellen und die Inventarisierung von öffentlichem Kunstbesitz befördern. Wir werden Anreize für eine bessere Vernetzung lokaler Kulturinitiativen schaffen. Das Zuwendungsrecht wollen wir möglichst effektiv vereinfachen und das Jährlichkeitsprinzip nach Möglichkeit abbauen.
Wir werden eine gesetzliche Regelung schaffen, die es den Finanz- und Rechtsaufsichtsbehörden des Landes ermöglicht, in Haushaltssicherungskommunen die kulturelle Substanz und die freie Kulturförderung aufrecht zu erhalten. Die Kulturarbeit der beiden Landschaftsverbände werden wir mit der Kulturpolitik des Landes besser vernetzen und koordinieren. Wir werden kulturpolitische Strategien zum demografischen Wandel entwickeln, die die Alterung der Gesellschaft, Fragen der Integration und die Vielfalt der Lebensformen berücksichtigen.
Kulturförderung
Die Digitalisierung umfasst alle Lebensbereiche. Sie bietet auch den kulturellen Einrichtungen und den im Kulturbereich Tätigen in unserem Land große Chancen. Deswegen werden wir Digitalisierungsmaßnahmen in Kunst und Kultur im Land und in den Kommunen fördern, zum Beispiel die Digitalisierung von Museumsbeständen. Wir streben einen Ausbau des europäischen und internationalen Austauschs durch die Förderung von kooperativ entwickelten Kunstprojekten insbesondere der freien Szene an. Gleichzeitig wollen wir durch die Förderung von Spitzeninstitutionen im ganzen Land die internationale Strahlkraft der Kultur unseres Landes erhöhen. Wir werden ein Landesbüro für bildende Kunst etablieren. Christdemokraten und Freie Demokraten werden das Programm „Kunst am Bau“ für öffentliche Bauten in einer erneuerten Form wieder auflegen.
Die Förderung der kulturellen Bildung in allen Altersstufen ist eine Querschnittsaufgabe. Singen und Musizieren mit Kindern als Anteil in der Erzieherausbildung und der Ausbildung von Grundschullehrkräften wollen wir etablieren. In der Schule bleiben wir bei der eindeutigen Aufgabenverteilung zwischen Unterricht (musische Fächer, Kunst- und Musik) und Kulturprojekten als ergänzendem Angebot. Wir werden Projekte, die jedes Kind erreichen – wie „Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“ JeKits), Kultur und Schule oder Kulturrucksack – evaluieren und bedarfsgerecht weiterentwickeln.
Viele Musikschulen in unserem Land werden mit einem zu hohen Anteil an nicht festangestellten Lehrkräften betrieben. Wir finden Wege, die personelle Situation an den Musikschulen zu verbessern.
In Nordrhein-Westfalen gibt es immer noch viele Gemeinden, die nicht über eine Bücherei
verfügen. Dem Engagement vieler ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer –
etwa Kirchen und private Initiativen – ist es zu verdanken, dass zumindest ein Teil der Gemeinden über eine öffentliche Bücherei verfügt. Gerade in ländlichen Regionen, aber auch andernorts bietet sich an, neue oder bestehende Kultureinrichtungen zu bündeln. Dabei werden Synergieeffekte genutzt und die Einrichtungen, wie es in Bibliotheken nach dem Vorbild anderer europäischer Länder bereits geschieht, zu sogenannten „dritten Orten“ ausgebaut. An ihnen können verschiedene kulturelle Aktivitäten der Umgebung ihre Angebote machen, ohne eine eigene Einrichtung unterhalten zu müssen. Wir werden die Kommunen – vor allem im ländlichen Raum – bei der Entwicklung von Konzepten „dritter Orte“, die zur Verbesserung der kulturellen Infrastruktur dienen, unterstützen.
Durch Initiative oder Unterstützung des Landes sind in allen Bereichen der Kultur Partnerschaftsmodelle zwischen öffentlichen und privaten Trägern zu entwickeln, um das ehrenamtliche kulturelle Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu fördern.
Der Erfolg der Kulturwirtschaft in Nordrhein-Westfalen beruht auf der Kreativität der beteiligten Künstlerinnen und Künstler, Veranstalterinnen und Veranstalter, Freiberufler, der Betriebe und Unternehmen. Daher ist es ein zentrales kulturpolitisches Ziel, Kunst und Kultur auch im Zusammenspiel mit anderen Aufgabenfeldern der Politik wie Stadtentwicklung, Tourismus, Wirtschaft, Sport sichtbarer zu machen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Kunst und Kultur mit diesen anderen Aufgabenfeldern vernetzt werden, um künstlerisch-kulturelle Potentiale in diese Bereiche hineinzutragen, um neue Partner gewinnen zu können und um damit neue wirtschafts- und beschäftigungsrelevante Möglichkeiten zu erschließen. Kulturelle Aktivitäten schaffen die Basis für eine vitale Kreativwirtschaft – das gilt auch umgekehrt. Die Games-Entwicklung, der Film und der Kunsthandel sind Beispiele mit hoher Bedeutung für das Land, die wir nach Kräften fördern wollen.
Erhalt und Pflege unseres kulturellen Erbes
Der Erhalt unseres kulturellen Erbes, seine Restaurierung, Bewahrung und kontinuierliche wissenschaftliche Bearbeitung sind ebenso zu fördern wie die Pflege immaterieller Überlieferungen, von Mundarten wie dem gefährdeten Niederdeutsch, von Brauchtümern und Traditionen. In diesem Sinne werden wir Kultur und Denkmalpflege gleichermaßen fördern und den Ausstieg des Landes aus der Denkmalpflege rückgängig machen. Wir werden die Mittel zum kulturellen Substanzerhalt erhöhen und den Erhalt und die Pflege immaterieller Kulturgüter durch unterschiedliche Institutionen und Verbände unterstützen.
Landesgeschichte und Landesidentität gehören untrennbar zusammen. Aus diesem Grund soll die Idee eines „Hauses der Geschichte Nordrhein-Westfalens“ in unmittelbarer Nähe zum Landtag aufgegriffen werden. Experten aus Universitäten, Instituten, Museen und Publizistik, Landtag und Landesregierung sollen dazu ein unabhängiges und überparteiliches Konzept entwickeln.
Die Tätigkeit der Landeszentrale für politische Bildung werden wir institutionell und sachlich stärken, um die geschichtliche und politische Allgemeinbildung gerade der jungen Menschen in unserem Land zu verbessern und einen Beitrag zu einer wirksamen Prävention gegen jegliche Form von Extremismus zu leisten. In diesem Geiste führen wir auch die Förderung der Erinnerungskultur und damit insbesondere die Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus fort und entwickeln diese weiter. Außerdem streben wir die Eröffnung eines Geschichtsorts mit einer wissenschaftlich begleiteten Dauerausstellung zu den Themen Flucht und Vertreibung im historischen und heutigen Zusammenhang an.
MEDIEN
Nordrhein Westfalen ist Heimat einer vielfältigen Medienlandschaft, einer starken Informations- und Kommunikationsbranche sowie einer freien, pluralistischen und kritischen Presse, wie sie Wesensmerkmal einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft ist. Nordrhein-Westfalen ist ein Medienland, dessen Profil wir wieder deutlich schärfen und zu dem eines Medien-Digital-Landes weiterentwickeln wollen. Dafür werden wir die Rahmenbedingungen für die Medienbranche verbessern und insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung zukunftsfähig gestalten. Dabei binden wir die einmalige Branchenvielfalt aus Telekommunikationsunternehmen, Verlagen, Film- und Rundfunkanbietern, Werbewirtschaft, Forschungseinrichtungen wie Grimme-Institut und die wachsende und kreative Software- und Games-Szene mit ein.
Auch führende Messen wie Angacom, dmexco, drupa oder Gamescom zeigen, dass Nordrhein-Westfalen die Voraussetzungen hat, wieder eine führende Rolle in der deutschen Medienpolitik einzunehmen. Die Herausforderungen der Informationsgesellschaft können durch eine aktive und zukunftsorientierte Medien- und Netzpolitik gemeistert werden. Dazu wollen wir alle Akteure der Branche zur Mitgestaltung am Um- und Neuaufbau dieses für die Zukunft des Landes so wichtigen Kultur- und Wirtschaftssektors einladen.
Medienstandort Nordrhein-Westfalen
Wir werden das Landesmediengesetz überarbeiten und die Digitalisierung darin wesentlich stärker abbilden. Die Stiftung „Vor Ort“ werden wir in die Landesmedienanstalt reintegrieren und die Mittel für Projekte zur Stärkung des Journalismus (Coaching und Mentoring) und zur Stärkung der Medienkompetenz einsetzen. Die Besetzungsregeln für die Medienkommission werden wir vereinfachen, die Medienbildung und Medienförderung werden wir neu ordnen.
Zur Stärkung der Presse- und Medienvielfalt werden wir mit einer Bundesratsinitiative die Voraussetzungen dafür schaffen, die Anerkennung von Journalismus als gemeinnützige Tätigkeit in der Abgabenordnung zu ermöglichen.
Wir werden in einem Exzellenz-Startup-Center einen Schwerpunkt „Unterhaltungssoftware/Games“ als Gründungs- und Wachstumsnetzwerk zwischen Startups, Unternehmen, (Weiter-)Bildungseinrichtungen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Verbänden einrichten.
Auch nach außen wollen wir den Medien- und Digitalstandort Nordrhein-Westfalen wieder wirksamer präsentieren. Deshalb werden wir das Medienforum NRW durch ein neues Konzept ersetzen.
Die Film- und Medienstiftung NRW gehört zu den größten Filmförderern Europas. Wir werden die Struktur der Film- und Medienstiftung NRW anpassen, um eine starke Position unseres Landes bei der Filmförderung ebenso wie bei der wachsenden kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung der Games-Branche auszubauen. Unser Ziel ist eine stärkere Fokussierung auf die kulturelle Film- und Medienförderung einerseits und die wirtschaftliche Film- und Medienförderung andererseits. Wir werdendie Mittel für die Film- und Medienförderung einschließlich von Web-Inhalten und Games erhöhen.
Soziale Medien bieten völlig neue Möglichkeiten und Chancen der Kommunikation. Informationen können zielgerichteter und schneller verbreitet werden. Jede und jeder Einzelne ist in der Lage, Diskussionen anzustoßen, Mitstreiter zu gewinnen oder Kritik zu äußern. Soziale Netzwerke nehmen damit eine wichtige Rolle im Alltag der Bürgerinnen und Bürger ein. Gleichzeitig müssen auch sie beim Schutz der Menschenwürde und beim Einsatz gegen Diskriminierung und Hass sowie für gesellschaftlichen Fortschritt und demokratische Meinungsbildung beitragen. Wir wollen die Medienethik in Zukunft noch stärker in das Zentrum der öffentlichen Debatten rücken.
Privater und öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Wir bekennen uns zum dualen Rundfunksystem und passen die Rahmenbedingungen an das digitale Zeitalter an. Die öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanstalten sind bedeutende Faktoren der Medienvielfalt und -wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Der WDR trägt dabei eine besonders herausgehobene Verantwortung für die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Programme und Angebote für die Bürgerinnen und Bürger. Der Lokalfunk in Nordrhein-Westfalen leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Menschen vor Ort mit lokalen Informationen.
Im digitalen Zeitalter kommen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der freien Presse und unabhängigen Informationen eine besondere Bedeutung zu. Der öffentlichrechtliche Rundfunk ist aufgrund der staatlich garantierten Beitragsfinanzierung besonderen Ansprüchen an Transparenz, Effizienz und Qualität verpflichtet. Im Rahmen unserer Möglichkeiten wirken wir auf die Einhaltung dieser Grundsätze hin, mit dem Ziel, Beitragsstabilität zu erreichen.
Wir sehen ein besonderes Profil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Bereichen Bildung, Kultur und Information. Die Verfahren zur Überprüfung öffentlich-rechtlicher Online-Angebote entwickeln wir im Sinne eines fairen Wettbewerbs weiter. Die Regeln für Streaming-Dienste passen wir an das digitale und konvergente Zeitalter an (keine Lizenzpflicht).
Wir erneuern das WDR-Gesetz. Die Regeln zur Besetzung der Aufsichtsgremien entbürokratisieren wir. Mittelfristig wollen wir einen weitgehend werbefreien WDR. Die jetzigen gesetzlichen Regelungen dazu werden wir evaluieren.
Wir entwickeln eine Gesamtstrategie „Radio in NRW 2022“ für ein vielfältiges und zukunftsfähiges Radio und einen wirtschaftlich tragfähigen Lokalfunk im digitalen Zeitalter.
Die regionalen Programme der privaten Fernsehsender leisten einen wichtigen Beitrag zur Information der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Wir schaffen die Voraussetzungen dafür, dass die entsprechenden Angebote noch bekannter und leichter zugänglich werden.
GESUNDHEIT UND PFLEGE
Das oberste Ziel unserer Gesundheitspolitik ist die Sicherstellung einer guten Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen, unabhängig von Wohnort und Einkommen. Wir setzen uns für eine Gesundheitsversorgung ein, die den Bürgerinnen und Bürgern in der höchstmöglichen Qualität und Erreichbarkeit zur Verfügung steht und die gleichzeitig allen Beschäftigten im Gesundheitswesen gute Arbeitsbedingungen und eine zukunftssichere Beschäftigung bietet.
Wir werden bestehende Gesetze, Verordnungen und andere Vorgaben des Landes auf die Möglichkeit zur Reduzierung von Dokumentationspflichten überprüfen, um den Menschen wieder mehr in den Mittelpunkt zu stellen.
Krankenhäuser und Krankenhausplanung
Die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen weisen in der medizinischen Versorgung eine hohe Qualität auf. In Zukunft wird es jedoch immer schwieriger, eine ausreichende Zahl von gut qualifizierten Ärzten und Pflegekräften zu finden. Gleichzeitig müssen unsere Krankenhäuser den Anforderungen einer älter werdenden Gesellschaft, der Zunahme altersbedingter Krankheiten und Operationen, einem höheren Anteil von Menschen mit Demenz oder Behinderungen und der zunehmenden Resistenz von Krankenhauskeimen gerecht werden. Die Digitalisierung stellt unsere Krankenhäuser vor große Herausforderungen, eröffnet aber auch neue Chancen. Wir brauchen daher für eine hochwertige, innovative, flächendeckende und wohnortnahe Patientenversorgung besonders leistungsfähige Krankenhausstrukturen.
In Nordrhein-Westfalen leiden die Krankenhäuser erheblich unter der unzureichenden Investitionskostenförderung durch das Land. Parallel zu einer aktiven Krankenhausplanung werden wir deshalb die Mittel zur Krankenhausinvestitionsfinanzierung im Rahmen eines Sonderprogramms erhöhen und zielgerichtet einsetzen. Das Land wird damit seinen Verpflichtungen zur Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser besser nachkommen mit dem Ziel, nachhaltig eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.
Die deutliche Anhebung der Investitionskostenförderung durch das Land muss zwingend mit der Einleitung von Strukturveränderungen in der Krankenhauslandschaft verbunden werden, die zu mehr Qualität und Effizienz, zu kooperativen Strukturen in der medizinischen Versorgung und zu guten Arbeitsbedingungen für das Personal führen. Wir begrüßen und unterstützen daher auch trägerübergreifende Verbünde, die sich bereit erklären, gemeinsam in einer zu definierenden Region das notwendige Versorgungsangebot sicherzustellen bei gleichzeitiger Reduktion der Anzahl von mehrfach ohne Notwendigkeit vorgehaltenen Fachabteilungen.
Als Folge der demografischen Entwicklung haben wir einen zunehmenden Bedarf an Medizin für ältere Menschen. Deshalb müssen die Altersmedizin und die Gerontopsychiatrie besondere Schwerpunkte darstellen.
Hausärztliche Versorgung
Hausärzte sind die Basis jeder medizinischen Versorgung. Wir werden die Landesförderung für Niederlassungen in Gemeinden mit der Gefahr von Versorgungslücken fortführen, um eine wohnortnahe ambulante Versorgung im ländlichen Raum zu sichern. Unser Ziel ist es, die Zahl der Fachärzte für Allgemeinmedizin unter den Absolventen erheblich zu erhöhen.
Wir fördern den Aufbau einer medizinischen Fakultät OWL in Bielefeld mit dem Schwerpunkt Allgemeinmedizin. Hier sollen in Kooperation mit den Kliniken der Region 200 bis 300 neue Medizinstudienplätze entstehen. Zeitnah werden wir an den medizinischen Fakultäten in Nordrhein-Westfalen Professuren für Allgemeinmedizin (W 3)etablieren. Wir werden die Universität Witten/Herdecke im Bereich der Ärzteausbildung aktiv weiter unterstützen.
Gesundheitsberufe
Wir werden uns für eine moderne und zeitgemäße Weiterentwicklung nicht-akademischer Gesundheitsberufe einsetzen.
Das Berufsbild der Hebammen und ihre wichtige Bedeutung für Eltern muss gestärkt werden. Wir werden uns für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Hebammen einsetzen.
Wir streben eine partnerschaftliche Lösung zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten für die Notfallversorgung an. Bestehende Hemmnisse bei der Fort- und Ausbildung zum Notfallsanitäter werden wir schnellstmöglich beseitigen.
Prävention und Versorgungsstrukturen
Nordrhein-Westfalen wird sich aktiv an der Umsetzung des Präventionsgesetzes beteiligen. Eine stärkere Berücksichtigung von Geschlechteraspekten soll in allen Versorgungsbereichen unterstützt werden: von der Prävention über die Diagnostik und Therapie bis zur Rehabilitation und Pflege. Dazu zählen auch spezifische Angebote zur Förderung der Männergesundheit. Die Ausrichtung des Kompetenzzentrums „Frauen und Gesundheit“ wollen wir in diesem Sinne einer geschlechtergerechten Gesundheit erweitern.
Die Prävention sexuell übertragbarer Infektionen einschließlich HIV/AIDS ist ein wichtiges, im Infektionsschutzgesetz verankertes Aufgabengebiet des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Wir werden die laufenden Programme unterstützen und weiter entwickeln.
Wir setzen uns für eine deutliche Verbesserung der Impfquoten ein, um gefährliche Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Masern endgültig auszurotten. Wir werden entsprechende Konzepte und Kampagnen erarbeiten. Wir wollen aufsuchende Impfangebote mit Hilfe einer Rahmenvereinbarung stärken, die eine Kostenbeteiligung der Krankenkassen beim aufsuchenden Impfen durch den öffentlichen Gesundheitsdienst sichert.
Das bürgerschaftliche Engagement in der Hospiz- und insbesondere in der Kinder- und Jugendhospiz wertschätzen und würdigen wir. Daher werden wir die Hospiz- und Palliativversorgung als wichtiges Versorgungsinstrument in einer besonders schwierigen Lebensphase optimieren und den Bedarfen anpassen. Dabei setzen wir auf eine Vernetzung mit Hausärztinnen und Hausärzten.
Wir werden den Aufbau von Zentren für seltene Krankheiten in Zusammenarbeit mit den Akteuren des Gesundheitssystems unterstützen, um den betroffenen Menschen eine gute Versorgung zu ermöglichen.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass die psychotherapeutische Versorgung in Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage der Krankheitshäufigkeit bedarfsgerecht weiterentwickelt wird.
Wir wollen die Chancen der Telemedizin und der Telematikinfrastruktur nutzen, wie zum Beispiel durch Online-Sprechstunden und eine Fernüberwachung von Vitalwerten.
Wirksame Aktionskampagnen sollen viele Menschen animieren, in regelmäßigen Abständen ihre Kenntnisse der Ersten Hilfe aufzufrischen. Vorhandenen Angebote zur Wiederbelebung durch Laien wie die Telefonreanimation mit Hilfe der Rettungsdienstleitstellen oder Ersthelfer-Apps sollen ausgebaut werden. Durch die Unterrichtung an allen Schulen in Nordrhein-Westfalen wollen wir die Bereitschaft zur Ersten Hilfe und Wiederbelebung von Anfang an fördern.
Organspende rettet Leben. Wir wollen die Aufklärung und Information aller Menschen über die Organspende in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Organspende, den Ärztekammern und den Krankenhäusern intensivieren.
Suchtkrankheiten zerstören soziale Bindungen und nehmen gerade jungen Menschen Lebenschancen. Die Prävention hat in unserer Drogenpolitik deshalb Vorrang. Wir setzen uns für wirksame Aufklärungsprogramme in der Kinder- und Jugendarbeit sowie in der Schule ein. Wir wollen allen Menschen umfassende Hilfe leisten, um zu einem drogen- und suchtfreien Leben zu finden, und werden entsprechende Programm weiter fördern.
Pflege
Die Sicherstellung der Pflege wird für unser Gesundheitssystem mittelfristig eine große Herausforderung. Die steigende Zahl pflegebedürftiger Menschen verlangt von der Gesellschaft eine solidarische Unterstützung und ist ein wichtiges politisches Anliegen. Die Pflegestärkungsgesetze bilden eine gute Grundlage und wir werden sie in Nordrhein-Westfalen zum Nutzen der betroffenen Menschen im Landesrecht umsetzen.
Jeder Mensch soll selbst bestimmen können, wo und wie er lebt. Das gilt auch für Menschen mit Pflegebedarf. Wir setzen uns dafür ein, dass jeder Pflegebedürftige selbst oder mit seiner Familie entscheiden kann, wie und wo er wohnt. Wir wollen dieses Wahlrecht stärken und die Leistungen der Pflegeversicherung dahin leiten, wo die Menschen leben wollen.
Wir werden das Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen und die entsprechende Durchführungsverordnung im Hinblick auf eine Benachteiligung stationärer Einrichtungen und eine Reduzierung der Investitionsbereitschaft überarbeiten.
Nordrhein-Westfalen wird eine Interessenvertretung der Pflegenden errichten, wenn die Pflegenden dies wollen. Deshalb werden wir eine repräsentative Befragung bei den professionell Pflegenden durchführen. Diese Befragung der Pflegekräfte zur beruflichen Interessenvertretung soll über die Frage einer Landespflegekammer sowie der Alternative des Bayerischen Modells erfolgen.
Wir brauchen die Unterstützung der Familien bei der Pflege ihrer Angehörigen. Deshalb erarbeiten wir Konzepte zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und werden die Tages- und Kurzzeitpflegeplätze zur Entlastung aller an der Pflege Beteiligten erweitern.
Die bundesgesetzlichen Vorgaben zur Ausbildung in den Pflegeberufen werden wir in Nordrhein-Westfalen zeitnah umsetzen. Ausbildungsqualität und Ausbildungskapazitäten müssen erhalten bzw. erweitert werden. Nordrhein-Westfalen wird darüber hinaus die Assistenzausbildung in der Pflege stärken und weiterentwickeln.
JUGEND UND SENIOREN
Jugendförderung und Jugendpartizipation
Christdemokraten und Freie Demokraten wollen die Träger- und Angebotsvielfalt in der Kinder- und Jugendarbeit für die nächsten Jahre sicherstellen. Wir werden deshalb die finanzielle Ausstattung des Kinder- und Jugendförderplans dauerhaft verbessern und die Mittelansätze zukunftsfähig gestalten.
Zum 1. Januar 2018 soll ein neuer Kinder- und Jugendförderplan NRW in Kraft treten, der die folgenden Neuerungen enthalten wird:
Im Zusammenhang mit dem im Deutschen Bundestag in Beratung befindlichen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz werden wir uns dafür einsetzen, dass die Verpflichtung zum Einholen eines Führungszeugnisses über eine bereichsspezifische Auskunft geregelt wird.
Das Jugendschutzgesetz muss endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Zeitliche Ausgehbeschränkungen für den Besuch von Gaststätten, Tanzveranstaltungen usw. sollen nicht mehr für Jugendliche ab 16 Jahren gelten.
Wir wollen junge Menschen in Nordrhein-Westfalen ermutigen, sich in die Gesellschaft einzubringen und ihre Anliegen selbstbewusst zu vertreten. Sie sollen für Teilhabe in der parlamentarischen Demokratie befähigt und begeistert werden. Wir werden daher ein unabhängiges und direkt gewähltes Landes-Jugendparlament Nordrhein-Westfalen schaffen, welches über ein Antragsrecht gegenüber dem Landtag verfügen soll.
Die Schule als Bildungszentrum kann in der Zusammenarbeit verschiedener Akteure auch wichtige Unterstützungsfunktionen übernehmen. Kooperationen der Schulen mit den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe sollen auf Augenhöhe stattfinden. Die Vernetzung mit Angeboten der Jugendhilfe werden wir daher über eine verpflichtende integrierte Schul- und Jugendhilfeentwicklungsplanung ausbauen.
Wir werden das ehrenamtliche Engagement stärken und uns dafür einsetzen, dass freiwillige und ehrenamtliche Dienste die entsprechende Anerkennung und Würdigung erfahren. Vor allem Kinder und Jugendliche wollen wir verstärkt motivieren, sich ehrenamtlich zu engagieren. An den Schulen werden wir dafür sorgen, dass die dafür nötigen zeitlichen Freiräume erhalten bleiben und die ehrenamtliche Tätigkeit auf den jeweiligen Zeugnissen angegeben wird.
Wir wollen noch mehr junge Menschen für eine Tätigkeit im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes, des Freiwilligen Sozialen Jahres oder des Freiwilligen Ökologischen Jahres ermutigen und gewinnen.
Senioren – Leben im Alter
Wir werden entschieden gegen jegliche Form von direkter oder indirekter Altersdiskriminierung vorgehen. Freiheit und Verantwortung kennen keine Altersgrenze, Alter allein darf kein Maßstab für die Beurteilung eines Menschen sein.
Unser Ziel ist eine landesweite seniorengerechte Infrastruktur, innerhalb der die Menschen ausreichende Versorgungsangebote vorfinden, soziale Kontakte pflegen, an Kultur und Sport partizipieren sowie Beratungsdienstleistungen aller Art in Anspruch nehmen können.
Der Zugang zur digitalen Welt bietet den Älteren die Chance zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auch bei Mobilitätseinschränkungen. Deswegen wollen wir Seniorinnen und Senioren die digitale Welt näher bringen und ihnen die Handhabung erleichtern. Dazu können auf die besonderen Bedürfnisse und Belange der älteren Generation ausgerichtete Bildungsangebote beitragen.
Wir werden generationen- und familienübergreifende Netzwerke im sozialen Umfeld fördern, um den Austausch zwischen den Generationen zu stärken. In den Familienzentren sehen wir dabei ein wichtiges Instrument. Unser Ziel ist, sie auch im Hinblick auf Austausch und Zusammenhalt der Generationen auszubauen.
Mehrgenerationenhäuser sind ein geeignetes Instrument, um das generationenübergreifende Zusammenleben in unserem Land zu stärken. Wir streben eine Fortführung des Bundes-Aktionsprogramms Mehrgenerationenhäuser ab 2020 an. Gleichzeitig unterstützen wir auch neue Wohnformen wie das Projekt „Wohnen für Hilfe“ oder Wohngemeinschaften Älterer. Wir werden die Weiterentwicklung technischer Assistenzsysteme unterstützen, um älteren Menschen in den eigenen vier Wänden mehr Sicherheit und Eigenständigkeit zu geben.
Jeder Mensch kann unverschuldet in Not geraten und möglicherweise dadurch seine Angelegenheiten nicht mehr selbständig regeln. Immer häufiger entschließen sich Bürgerinnen und Bürger deshalb zu einer Vorsorgevollmacht, mit der eine Person ihres Vertrauens für diesen Fall bevollmächtigt wird. Liegt eine Vorsorgevoll-macht nicht vor, folgt grundsätzlich ein gerichtliches Betreuungsverfahren. An dieser Stelle leisten die Betreuungsvereine in Nordrhein-Westfalen eine herausragen-de Arbeit. Um diese Arbeit im Zusammenspiel aus haupt- und ehrenamtlichen Kräften für unsere Bürgerinnen und Bürger zu sichern, begrüßen wir die bundesgesetzliche Anhebung der Betreuervergütung um 15 Prozent. Wir werden in Abstimmung mit den anderen Ländern Wert darauf legen, dass die Vergütungsanhebung den Betreuungsvereinen zugutekommt.
Christdemokraten und Freie Demokraten erkennen den hohen Stellenwert der rechtlichen Betreuung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter an. Deshalb werden wir Instrumente zur Stärkung der Selbstbestimmung wie die Vorsorgevollmacht oder Betreuungs- und Patientenverfügungen noch stärker in der Gesellschaft verankern. Wir stellen eine angemessene Qualität und Vergütung der Betreuer sicher. Wir bekennen uns zur Pluralität der Gesellschaft und zur Pluralität von Altersbildern mit kulturellen Besonderheiten und individuellen Lebensentwürfen. Immer mehr Eingewanderte, die schon seit vielen Jahren bei uns leben, verbringen auch ihren Lebensabend bei uns. Sie haben aufgrund ihrer Migrationsbiografie eigene Bedürfnisse. Wir wollen alle Zweige der Seniorenarbeit bei Vorbereitung und Durchführung gezielter Maßnahmen unterstützen.
Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung werden die Wohnangebote für hochbetagte Menschen gestärkt und bedarfsgerecht ausgebaut. Wohnortnahe Angebote, wie Nahversorgung, ambulante und stationäre medizinische Versorgungsangebote, haushaltsnahe und pflegerische Dienstleistungen und weitere Unterstützungsmöglichkeiten sollen den Verbleib im bekannten Wohnumfeld möglichst lange sicherstellen. Wir wollen, dass unsere Gesellschaft von der Lebenserfahrung älterer Menschen profitieren kann. Wir wollen gesetzliche Höchstaltersgrenzen in Beruf und Ehrenamt abbauen. Durch passgenaue Angebote für ehrenamtliches Engagement und spezielle Bildungsangebote für Seniorinnen und Senioren werden wir ihre Potentiale für die Gesellschaft besser als bisher zugänglich machen.
Die Landeseniorenvertretung Nordrhein-Westfalen ist eine starke Stimme der älteren Menschen in unserer Gesellschaft. Wir werden ihren Rat und ihre Expertise zur besseren gesellschaftlichen Teilhabe von Seniorinnen und Senioren miteinbeziehen.
SPORT
Rund 19.000 Sportvereine mit mehr als fünf Millionen Mitgliedern machen Nordrhein-Westfalen zum Sportland Nr.1 in der Bundesrepublik Deutschland. Sport leistet einen besonderen gesamtgesellschaftlichen Beitrag, nicht nur im Hinblick auf Gesundheit, Gemeinschaft und Integration, sondern auch bezüglich der individuellen Persönlichkeitsentwicklung. Sport ist generationenübergreifend und verbindet Menschen mit und ohne Behinderung, unterschiedlicher sozialer Herkunft und aller Nationalitäten.
Wir wollen dem Breiten- und Leistungssport in unserem Land eine solide Grundlage geben. Der „Pakt für den Sport“ endet turnusgemäß am 31. Dezember 2017. Wir werden ihn weiterentwickeln und die sportpolitischen Ziele für die kommenden fünf Jahre in einem Plan „Nr. 1: Sportland NRW“ zusammenführen. Der Landessportbund (LSB) als Dachorganisation des Sports in Nordrhein-Westfalen soll sich dabei als zentraler Partner des Landes auf eine mehrjährige, festgeschriebene Förderung verlassen können.
Viele Sportstätten sind marode und dringend sanierungsbedürftig. Deshalb werden wir gemeinsam mit den Städten und Gemeinden, dem Landessportbund und den Vereinen prüfen, wie unter Einbindung auch von privatem und ehrenamtlichem Engagement die Schwimm- und Sportinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen erhalten werden kann.
Daneben werden wir in unserem Plan „Nr. 1: Sportland NRW“ folgende Prioritäten setzen:
Wir haben erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler in Nordrhein-Westfalen und freuen uns über sportliche Großveranstaltungen in unserem Bundesland. Wir unterstützen daher die Bewerbung von nordrhein-westfälischen Städten als Austragungsorte für die Fußball-Europameisterschaft 2024.
Wir begrüßen und unterstützen die Initiative für eine Bewerbung der „Rhein-Ruhr Olympic City" für die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2028 oder 2032. Nordrhein-Westfalens einzigartige Metropolregion verfügt über eine lange sportliche Tradition und eine in ihrer Vielfalt einzigartige Sportlandschaft. Über 70 Prozent der notwendigen Sportstätten und Veranstaltungsorte für die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Sommerpiele in einer „Rhein Ruhr Olympic City" sind bereits heute vorhanden. Deswegen können Olympische und Paralympische Sommerspiele in unserer Region ökonomisch und ökologisch nachhaltig gestaltet werden. Der mit einer Bewerbung einhergehende Investitionsschub für die Infrastruktur, insbesondere für vernetzte Mobilität und Digitalisierung in der Metropolregion, wäre für Nordrhein Westfalen dauerhaft von Nutzen. Durch ein von Beginn an transparentes Bewerbungsverfahren und eine frühzeitige Einbindung der beteiligten Kommunen kann eine breite Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger erreicht werden.
Wir werden Nordrhein-Westfalen als paralympisches Zentrum der Bundesrepublik Deutschland etablieren.
Bei der Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung muss für den Übergangszeitraum für alle Akteure des Leistungssports Planungssicherheit vorhanden sein – auch in finanzieller Hinsicht. Das betrifft die Bundesstützpunkte, die Förderung des Leistungssportpersonals und der Infrastruktur. Dafür werden wir uns auf Bundesebene einsetzen.
INKLUSION
Wir stehen dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt und ohne Bevormundung ihr Leben gestalten können und die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebensbereichen erhalten.
Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt ist ein vorrangiges Ziel und unbedingtes Element einer umfassenden Inklusionspolitik. Auf ihr Wissen und ihre Fertigkeiten können und wollen wir nicht verzichten. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, dass die Förderung von Integrationsmaßnahmen in den Arbeitsmarkt fortgesetzt wird.
Wir wollen ausdrücklich bewährte Strukturen erhalten. Deshalb sollen Werkstätten für behinderte Menschen als Anbieter von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in unserem Land weiterhin ihren festen Platz haben. Wir wollen, dass die Menschen soweit möglich selbst entscheiden, wo sie arbeiten, wohnen und leben.
Deshalb sollen die Möglichkeiten des Budgets für Arbeit von Menschen mit Behinderungen eigenverantwortlich zur Arbeitsmarktintegration genutzt werden können. Das das Instrument des persönlichen Budgets soll mit Hilfe vereinfachter Verfahren und qualifizierter Beratung weiter verbreitet werden.
Wir werden das Bundesteilhabegesetz in Nordrhein-Westfalen zügig zum Nutzender betroffenen Menschen umsetzen und den vorgegebenen Zeitrahmen einhalten.
Barrierefreiheit ist unabdingbar für ein erfolgreiches Gelingen der Inklusion. Wir werden die Barrierefreiheit ausbauen. Im öffentlichen Bereich und im Gesundheitswesen wollen wir Barrierefreiheit zum Standard machen. Auf Dauer darf es keine Apotheker, keine Arztpraxen und keine Krankenhäuser mehr geben, die nicht barrierefrei sind. Dazu zählt auch eine barrierefreie Notruf-App für Menschen mit Hörbehinderungen.
Ziel unserer Politik ist die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt. Dabei stehen Selbstbestimmung und Inklusion im Vordergrund. Jeder Mensch mit Einschränkungen soll das für ihn passende Arbeitsangebot finden. Dazu gehören Angebote zur Berufsorientierung für Jugendliche mit Behinderung ebenso wie die Förderung von Integrationsunternehmen und Außenarbeitsplätzen.
Bei der Anstellung von Menschen mit Behinderungen hat das Land eine Vorbildfunktion. Deshalb wollen wir über die gesetzliche Beschäftigungsquote von fünf Prozent hinausgehen und zusätzlich in den nächsten Jahren bei Neueinstellungen im Landesdienst insgesamt einen jährlichen Anteil Schwerbehinderter von fünf Prozent erreichen.
Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen selber bestimmen, wo sie leben und wohnen möchten. Wir werden diese Wahlmöglichkeit erhalten, in dem wir vielfältige und unterschiedliche Wohnformen unterstützen, ohne bestimmte Modelle zu priorisieren. Betreutes Wohnen, Wohngruppen und stationäre Einrichtungen stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander.
GLEICHSTELLUNG
Berufliche Gleichstellung und Potentialentwicklung
Wir wollen die Frauenerwerbstätigkeit in Nordrhein-Westfalen steigern und streben durch eine zielgerichtete Frauenförderung bessere Voraussetzungen für den Zugang von Frauen zu Führungspositionen an.
In Zusammenarbeit mit der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit werden wir den Wiedereinstieg in den Beruf für Frauen und Männer nach einer Familienpause stärken. Dazu sind bereits vorhandene Instrumente der Förderung des Wiedereinstiegs auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und fortzuentwickeln.
Wir werden einen Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern als Mittel zur Information, Dokumentation und Kontrolle der Gleichstellungspolitik erstellen. Er kann auf dem Weg hin zu einem zukünftigen „Gesetz für Chancengerechtigkeit und Vielfalt“ wichtige Impulse liefern. Im Zuge dessen werden die einzelnen ministeriellen Gleichstellungsberichte aufgegeben.
Wir werden Frauen in „Männerberufen“ und Männer in „Frauenberufen“ fördern. Dazu werden wir unter anderem den „Girls Day“ und den „Boys Day“ weiterentwickeln, damit diese eine nachhaltigere Wirkung erzielen.
Wir wollen den Anteil von erwerbsfähigen Frauen ohne beruflichen Bildungsabschluss reduzieren. Die Teilzeitausbildung in Nordrhein-Westfalen soll gestärkt werden.
Schutz und Hilfe bei Gewalt gegen Frauen und Männer
Laut Studien wird etwa jede vierte Frau in Deutschland im Laufe ihres Lebens Opfer von häuslicher Gewalt. Das ist eine erschreckend hohe Zahl, hinter der sich tragische Einzelschicksale verbergen. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die EU-Kommission das Jahr 2017 zum Jahr der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen erklärt hat.
Die Frauenhäuser stellen für die Betroffenen oft die letzte Zuflucht dar. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Frauenhäusern leisten eine unverzichtbare Arbeit. Wir wollen für das Netz der Frauenhäuser in Nordrhein-Westfalen deshalb eine solide Finanzierung sicherstellen.
Es bedarf auch einer wissenschaftlich fundierten Planung einer landesweit bedarfsdeckenden Versorgung des spezialisierten Hilfeleistungssystems unter Berücksichtigung von ambulanten und stationären Angeboten im städtischen und ländlichen Raum. Auch Jungen und Männer können Opfer von Gewalt werden. Im Rahmen der Planung zum spezialisierten Hilfeleistungssystem wird daher auch der Bedarf an Akutschutzplätzen für von Gewalt betroffene Jungen und Männer berücksichtigt. Für Pflege- und Betreuungsbedürftige, die Opfer von Gewalt geworden sind, ist die Anzahl an Akut- Schutz-Plätzen zu ermitteln und die Kooperation zwischen dem spezialisierten Hilfesystem und anderen Institutionen zu stärken. Wir werden best-practice-Konzepte in Einrichtungen der Behindertenhilfe zur Prävention gegen sexuelle Gewalt fördern.
Es wird eine „Landeskoordinierungsstelle zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Männer und zur Stärkung des Opferschutzes“ eingerichtet. Deren Aufgabe ist es im Besonderen, einen behörden- und institutionenübergreifenden Erfahrungs- und Informationsaustausch zu organisieren und zu moderieren sowie die Umsetzung der Landesaktionspläne fachlich zu begleiten. Die Landeskoordinierungsstelle fungiert zugleich als Bindeglied zu den in Nordrhein-Westfalen ansässigen Interventionsstellen bei häuslicher Gewalt, die durch ihren pro-aktiven Ansatz zeitnah nach einem Polizeieinsatz den betroffenen Opfern ein Beratungsangebot unterbreiten.
Der Landesaktionsplan „Gewalt gegen Mädchen und Frauen“ wird fortgeführt. Es wird ein Landesaktionsplan „Gewalt gegen Jungen, Männer und LSBTTI“ entwickelt.
Mit der Schaffung der Möglichkeit für die Polizei, mit Richtervorbehalt häusliche Gewalttäter längerfristig in Gewahrsam nehmen zu können, werden wir in Nordrhein-Westfalen endlich eine Gesetzeslücke schließen. Die Anonyme Spurensicherung werden wir ausbauen. Nordrhein-Westfalen wird sich zudem an der Dunkelfeldstudie des Landeskriminalamtes Niedersachsen zu Gewalt gegenüber Mädchen und Frauen beteiligen.
Vielfalt statt Diskriminierung
Wir zeigen null Toleranz gegenüber denjenigen, die Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität diskriminieren. Insbesondere junge Menschen müssen unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität ohne Diskriminierungen und Diffamierungen aufwachsen können. Homo- oder Bisexuelle, Transgender oder Intersexuelle stehen auch heute noch oft vor einer schwierigen „Coming out“-Phase. Wir unterstützen deshalb Aufklärungs- und Toleranzprojekte in den Schulen und der Jugendarbeit, aber auch Projekte für Senioren.
Wir wollen eine „Allianz für Vielfalt und Chancengerechtigkeit“ gründen. Dabei umfasst „Vielfalt“ Menschen jeden Geschlechts, Menschen mit Behinderungen oder Migrationshintergrund, LSBTTI, Menschen jedweden Alters oder Religion. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sollen beim Diversity Management und bei der Einführung einer lebensphasenorientierten Personalpolitik im Wege von best-practice- Dialogen unterstützt werden. Das heutige Beauftragtenwesen innerhalb der Landesregierung soll zu einem ganzheitlichen Diversity-Management zusammengeführt werden. Die Landesregierung nimmt damit eine Vorbild- und Vorreiterfunktion ein.
Wir werden Projekte fördern, die aktiv gegen Diskriminierung jeder Art vorgehen. Dies gilt ausdrücklich auch für Projekte, welche die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Menschen nach dem alten § 175 StGB wissenschaftlich und didaktisch aufarbeiten. Wir werden eine Bundesratsinitiative zur Neufassung des weitgehend verfassungswidrigen Transsexuellengesetzes einbringen, bei der insbesondere die Namens- und Personenstandsänderungen erleichtert werden.
INTEGRATION UND EINWANDERUNG
Nordrhein-Westfalen ist ein weltoffenes und vielfältiges Land. Wir werden dafür Sorge tragen, dass dies so bleibt. Wir wollen wieder Motor der Integrationspolitik werden und setzen dabei auf die vier Säulen Sprache, Bildung, Arbeit und Wertevermittlung. Wir wollen jedem unabhängig von seiner Herkunft Chancen auf sozialen Aufstieg eröffnen und darauf, sein Leben nach seinem Willen zu gestalten, Wohlstand zu erarbeiten und an unserem gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Dafür werden wir einen Paradigmenwechsel von einer unverbindlichen hin zu einer verbindlichen Integrationspolitik vollziehen. Wir wollen Nordrhein-Westfalen für qualifizierte Einwanderer noch attraktiver machen, um in Wirtschaft und Gesellschaft von Zuwanderung zu profitieren.
Für eine geordnete Einwanderungspolitik
Wir werden bei der Neuordnung der Einwanderungspolitik im Bund eine aktive Rolle spielen. Die Interessen unseres Bundeslandes werden wir mit Nachdruck vertreten.
Wir wollen Ordnung in der Einwanderungspolitik schaffen, um eine gesteuerte qualifizierte
Einwanderung und einen konsequenten Flüchtlingsschutz zu ermöglichen.
Qualifizierte Zuwanderung nach Nordrhein-Westfalen
In einer alternden Gesellschaft sind wir auf den Zuzug von qualifizierten Fachkräften angewiesen, um unseren Wohlstand und die Stabilität unserer sozialen Sicherungssysteme für die Zukunft zu sichern. Wir wollen Nordrhein-Westfalen attraktiver für Fachkräfte aus aller Welt machen und Menschen mit Einwanderungsgeschichte ermöglichen, ihre Potentiale bei uns vollständig zur Entfaltung zu bringen.
Eine Integrationsstrategie für Nordrhein-Westfalen
Wir wollen eine „NRW-Integrationsstrategie 2030“ entwickeln, die umfassende Teilhabe am Arbeitsmarkt und dem gesellschaftlichem Leben ermöglichen soll. Dazu werden wir alle bestehenden Integrationsmaßnahmen evaluieren, bündeln und mit neuen Initiativen zu einer Integrationsstrategie aus einem Guss zusammenfassen.
Verbindliche Integration: Sprache, Bildung und Arbeit
Das Beherrschen der deutschen Sprache ist die Grundvoraussetzung für den Austausch mit anderen und Grundlage der Integration. Ihrem Erlernen werden wir höchste Priorität einräumen. Wir wollen mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte in Arbeit bringen und unsere Schulen und Bildungseinrichtungen noch stärker auf eine nachhaltige Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft auslegen.
Religiöse Vielfalt und interreligiöser Dialog
Religiöse Toleranz ist eine der Grundlagen unseres Zusammenlebens. Wir werden die freie und gleichberechtigte Ausübung der Religionen in Nordrhein-Westfalen garantieren und den interreligiösen Dialog fördern. Wenn jedoch unter dem Vorwand der Religion Desintegration betrieben wird und Konflikte geschürt werden, werden wir dem mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Wir dulden keine Hassprediger und keine Einflussnahme fremder Staaten. Die Zusammenarbeit mit religiösen Verbänden wird sich danach richten, inwiefern sie Integration fördern oder behindern.
Wertevermittlung
Die Werte des Grundgesetzes gelten für alle gleichermaßen. In unserer offenen Gesellschaft ist kein Platz für Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres individuellen Lebensstils. Konflikte werden ohne Gewalt gelöst. Die Vermittlung unserer Grundwerte ist Aufgabe aller am Integrationsprozess beteiligter Personen und Institutionen, muss mit der Einreise beginnen und soll sich durch den Alltag ziehen.
Erinnerung an Migration, Flucht und Vertreibung
Den Beitrag, den die Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler sowie die Menschen mit Einwanderungsgeschichte für die gute Entwicklung unseres Landes geleistet haben, insbesondere beim Wiederaufbau und dem Wirtschaftswunder, wollen wir besonders würdigen und zugleich die Erinnerung an Flucht und Vertreibung wachhalten.
Flüchtlinge
Es ist für uns eine selbstverständliche humanitäre Verpflichtung, Flüchtlingen Schutz zu bieten. Wir werden Recht und Gesetz auch in der Flüchtlingspolitik konsequent anwenden. Das bedeutet auch, Ausreisepflichtige zügig in ihre Herkunftsländer zurückzuführen.
Wir wollen eine neue, wesentlich stärkere Verbindlichkeit in der Flüchtlingsintegration. Sprache, Bildung, Arbeit und Wertevermittlung bilden das Fundament unseres „Konzepts für eine verbindliche Flüchtlingsintegration“.
Die Kommunen haben in der Flüchtlingskrise Hervorragendes geleistet. Wir werden sie so angemessen finanzieren, dass kommunale Vorhaben und die gesamtstaatliche Aufgabe des Flüchtlingsschutzes nicht in Konkurrenz zueinander stehen.
Sprache und Bildung
Sprachkurse und eine Grundbildung wollen wir in großen Teilen verpflichtend anbieten. Denn sie sind die Grundlage, um später ein eigenständiges und aus eigener Arbeit finanziertes Leben selbstbestimmt zu führen.
Integration in den Arbeitsmarkt
In der Vergangenheit ist die Erwerbsbeteiligung von Flüchtlingen nur unvollständig gelungen. Denn mangelnde Sprachkenntnisse und fehlende Berufsqualifikationen stehen einer zügigen Arbeitsaufnahme entgegen. In enger Kooperation mit der Wirtschaft werden wir die Anstrengung des Landes intensivieren, um in Deutschland Vorreiter bei der Integration von Flüchtlingen in Arbeit zu werden.
Ehrenamtliche Flüchtlingshilfe
Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer wäre die Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016 nicht zu bewältigen gewesen. Auch heute leisten sie unverzichtbare Arbeit für die Integration von Flüchtlingen, gerade auch als Vorbild und erste Orientierungshilfe für das Leben in Deutschland. Ihnen gelten unser Dank und unsere besondere Anerkennung. Wir wollen die ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit deutlich besser unterstützen und wertschätzen als in der Vergangenheit.
Entlastung der Kommunen
Wir wollen die Landeseinrichtungen soweit wie möglich zur Entlastung der Kommunen nutzen, damit sich die Kommunen auf die Integration von Bleibeberechtigten konzentrieren können und von der Unterbringung von Personen ohne Bleiberecht weitestgehend entlastet werden.
Rückführungen
Die Regeln des Rechtsstaats sind bei Flüchtlingen genauso verbindlich anzuwenden wie in jedem anderen Rechtsgebiet. Wer nach unseren Gesetzen ein Recht auf unseren Schutz hat, bekommt ihn. Wer nicht schutzberechtigt ist, muss unser Land möglichst zügig wieder verlassen. Dabei setzen wir in erster Linie auf die Förderung freiwilliger Ausreisen. Wenn diese Chance nicht genutzt wird, muss das Recht angewendet und Ausreisepflichtige konsequent abgeschoben werden.
EUROPA UND INTERNATIONALES
Die europäische Einigung ist eine Erfolgsgeschichte. Auf der Grundlage gemeinsamer Werte und kultureller Vielfalt hat sie uns in den letzten sieben Jahrzehnten ein friedliches und freies Zusammenleben in Europa ermöglicht. Darauf können wir stolz sein. Nordrhein-Westfalen hat von der europäischen Integration wie kaum ein anderes Bundesland profitiert. Der gemeinsame Binnenmarkt, die Freizügigkeit von Personen, Waren und Dienstleistungen und die Gemeinschaftswährung Euro sichern den Wohlstand des Export- und Industrielandes Nordrhein-Westfalen. In einer Zeit, in der sich die Europäische Union großen Herausforderungen und Bedrohungen ausgesetzt sieht, muss sich deshalb gerade unser Land verstärkt für die europäische Idee einsetzen und die Zukunft Europas aktiv mitgestalten. Unser Ziel ist ein starkes Nordrhein-Westfalen in einem starken Europa.
Die Vereinheitlichung von Industriestandards und die Beseitigung von Handelshemmnissen auch über Europa hinaus liegen im ureigenen Interesse des Wirtschaftsstandorts Nordrhein-Westfalen. Wir bekennen uns daher in aller Deutlichkeit zu den Grundsätzen eines fairen und nachhaltigen Freihandels in einer globalisierten Welt und unterstützen die Europäische Union und die Bundesregierung bei der Umsetzung entsprechender internationaler Abkommen.
Nordrhein-Westfalen stellt sich zudem seiner internationalen Verantwortung als verlässlicher globaler Partner. Unsere bisherigen bilateralen Partnerschaften werden wir weiter ausbauen. Die Bundesstadt Bonn werden wir als Deutschlands Kompetenzzentrum für internationale Politik und globale Nachhaltigkeitsstrategien weiter stärken.
Nordrhein-Westfalen in Europa
Christdemokraten und Freie Demokraten eint der Anspruch, Nordrhein-Westfalen wieder zu einer treibenden Kraft in der Europapolitik und einem wichtigen Akteur bei der künftigen Ausgestaltung der Europäischen Union zu machen. Wir werden deshalb die Mitwirkung des Landes in europäischen Angelegenheiten und die Vertretung nordrhein-westfälischer Interessen in Brüssel auf verschiedenen Ebenen ausbauen.
Unsere Landesvertretung in Brüssel hat drei zentrale Aufgaben: Sie ist Plattform für die Arbeit der dortigen nordrhein-westfälischen Akteure und Schaufenster für die Vorstellung nordrhein-westfälischer Interessen und Ideen auf europäischer Ebene. Sie ist aber auch ein wichtiges Frühwarnsystem mit Blick auf Initiativen und absehbare Rechtsetzungen der EU, die die Belange unseres Landes in besonderer Weise betreffen. In diesem Rahmen soll die Landesregierung zukünftig auch dafür sorgen, dass Dokumente in nichtdeutscher Sprache, die sich an Unternehmen, Verbände und Bürgerinnen und Bürger richten, so schnell wie möglich in deutscher Sprache zur Verfügung stehen. Wir werden der Landesvertretung für all diese Aufgaben die notwendigen Ressourcen bereitstellen.
Wir werden uns auf der Ebene des Bundes und der EU dafür einsetzen und konstruktiv daran mitwirken, die Interoperabilität der vorhandenen und künftigen europäischen (u.a. EURODAC, VIS, SIS, INPOL) und nationalen Datenbanken zwecks eines effektiveren Datenaustauschs zwischen den EU-Mitgliedstaaten, dem Bund und den Bundesländern zu ermöglichen und zu verbessern. Zu diesem Zweck wollen wir eine Bundesratsinitiative einbringen.
Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 wollen wir aktiv und im Sinne der europapolitischen Agenda Nordrhein-Westfalens begleiten.
Die Bande zwischen Großbritannien und Nordrhein-Westfalen sind besonders eng. Großbritannien stand Pate bei der Gründung unseres Landes 1946, fast 30.000 Briten leben in Nordrhein-Westfalen. Die Freundschaft zwischen Nordrhein-Westfalen und Großbritannien ist heute – nach dem Brexit – wichtiger denn je. Wir werden die engen und vertrauensvollen Beziehungen zu Großbritannien deshalb weiter pflegen und intensivieren. Gleichzeitig werden wir die Alltagsprobleme der vom Brexit betroffenen Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen nach dem Brexit im Blick behalten und ihnen im Rahmen unserer Möglichkeiten Hilfe anbieten. Wir wollen mit der Einsetzung eines Brexit-Beauftragten dazu beitragen, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft in Nordrhein-Westfalen auf die Folgen des Brexit vorzubereiten und neue Perspektiven für die Beziehungen zu entwickeln.
Europa in Nordrhein-Westfalen
Wir wollen die Idee der europäischen Einigung in der nordrhein-westfälischen Zivilgesellschaft fester verankern. Durch gezielte Veranstaltungen und die Unterstützung proeuropäischer Initiativen und Akteure durch das Land wollen wir allen Bürgerinnen und Bürgern Europa und seine Institutionen näher bringen und ihre Europakompetenz stärken. Eine besondere Rolle spielen dabei unsere Schulen und Universitäten. Unsere Schülerinnen und Schüler von heute müssen die überzeugten Europäer von morgen werden. Wir werden das Europagefühl bei jungen Menschen fördern, unter anderem durch dem Europagedanken gewidmete Schulfahrten in das europäische Ausland. Wir werden prüfen, in welchem Umfang und in welcher Form die Themen Europa und EU noch stärker als bisher im Schulunterricht behandelt werden können. Internationale Schulen, „Europaschulen“ und europäische Studiengänge wollen wir zur Stärkung des europäischen Gedankens in der Bildung ausbauen.
Weiter bestehende Schwierigkeiten beim Übergang aus dem System der Europäischen Schulen und den Schulen anderer europäischer Länder in das nordrhein-westfälische Bildungssystem wollen wir beseitigen. EU-Austauschprogramme wie Erasmus+ zur Stärkung des Europagedankens wollen wir noch stärker auf Auszubildende ausrichten.
Grenzüberschreitende und regionale Zusammenarbeit
Wir werden die schon heute enge Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn Niederlande, Belgien und Luxemburg weiter intensivieren. Neben der gut funktionierenden Kooperation mit den Niederlanden wollen wir einen neuen Anlauf für eine noch engere Zusammenarbeit mit Belgien unternehmen.
Viele Menschen in Nordrhein-Westfalen denken und leben in ihrem Alltag längst grenzüberschreitend. Die Landespolitik muss dafür Sorge tragen, dass die Potenziale der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in den Bereichen Arbeit, Bildung, Medizin, Katastrophenschutz, Verkehr und Sicherheit zum Wohle der Menschen dies- und jenseits der Grenze voll ausgeschöpft werden können. In den kommenden Jahren werden wir deshalb folgende Schwerpunkte und Initiativen setzen:
Innere Sicherheit muss heute mehr denn je grenzüberschreitend gedacht werden. Sowohl im Bereich des islamistischen Terrorismus als auch bei der Einbruchs- und Drogenkriminalität haben wir es mit hochmobilen, europäisch vernetzten Tätern zu tun. Beispielgebend für eine effektive grenzüberschreitende Kooperation von Polizei und Justiz sind das Saarland und Baden-Württemberg, an denen auch wir uns bei einigen Punkten orientieren wollen.
Wir werden uns für eine Verbesserung des Grenzschutzes an den Grenzen zu den
Niederlanden und Belgien einsetzen, auch unter Einbeziehung stärkerer Bundespolizeikräfte.
Auch im Bereich der Energie- und Industriepolitik brauchen wir mehr Kooperation mit unseren Nachbarn. Unternehmen und Endverbrauchern wollen wir einen grenzüberschreitenden Energiebezug ermöglichen. Wir setzen uns zudem mit Nachdruck für die Abschaltung der Kernkraftwerke in Tihange und Doel ein. In Gesprächen mit der Europäischen Kommission und unseren Nachbarn wollen wir Perspektiven für Energielieferungen aus den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen als Ausgleich für die abgeschalteten belgischen Atomkraftwerke entwickeln. Zudem wollen wir prüfen, wie eine sinnvolle gemeinsam Entwicklung der Chemieregion Rheinland-Flandern zum Beispiel im Bereich der Infrastruktur unterstützt werden kann.
Wir wollen eine Politik, die das Leben der Menschen und eine wirtschaftliche Betätigung über die Grenzen hinweg soweit wie möglich erleichtert. Darin sehen wir eine Querschnittsaufgabe aller Ressorts.
Internationales Engagement
Die seit 2014 bestehende Kooperation mit Schlesien und der Région Hauts-de-France im Rahmen des „Kleinen Weimarer Dreiecks“ wollen wir im Dialog mit den Partnern weiterentwickeln, auch unter Einbeziehung der deutschen Minderheit in Oberschlesien. Nach den Erfolgen des Polen-Jahres und des Frankreich-Jahres soll es künftig auch ein Niederlande-Jahr, ein Belgien-Jahr und ein Luxemburg-Jahr geben. Auch eine Neuauflage des Polen- und des Frankreich-Jahres ist zu prüfen.
Unsere Beziehungen zu Israel und den Palästinensergebieten werden wir ausbauen. Den Jugendaustausch mit Israel werden wir intensivieren. Wir wollen nicht nur das Erinnern und Gedenken an den Holocaust an die nächste Generation weitergeben, sondern die Beziehungen auf weiteren Feldern intensivieren, zum Beispiel bei Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft.
Die wirtschaftlichen Kooperationen mit den wichtigen Handelsnationen in aller Welt werden wir fortführen und unsere Exportwirtschaft bei der Erschließung neuer Märkte insbesondere in den USA, in Russland, Indien und China unterstützen. Nordrhein-Westfalen und insbesondere seine Landeshauptstadt haben traditionell eine besondere Beziehung zu Japan. Wir wollen den politischen und gesellschaftlichen Austausch zwischen unseren Ländern in den nächsten Jahren neu beleben und ausbauen. Unsere langjährige Partnerschaft mit Ghana wollen wir durch einen verstärkten wechselseitigen Austausch in sämtlichen Politikfeldern beleben. Dabei steht die Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen im Mittelpunkt.
Unser Land wird auch in Zukunft engagierter Akteur in der Entwicklungspolitik bleiben. Im Rahmen unserer Möglichkeiten wollen wir unseren Partnerländern beim Aufbau stabiler Gesellschaftsstrukturen und einer nachhaltigen und starken Wirtschaft helfen. So wollen wir auch einen Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen leisten. Dafür setzen wir auch auf die vielfältigen privaten Initiativen zur Unterstützung von Rückkehrern in ihren Heimatländern.
Der Einsatz des Landes in der Entwicklungszusammenarbeit soll sich aber in das Gerüst bestehender Programme des Bundes und der Europäischen Union einfügen. Doppelstrukturen wollen wir vermeiden und, wo vorhanden, beseitigen. Wir werden deshalb die bestehenden Instrumente der nordrhein-westfälischen Entwicklungspolitik mit dem Ziel überprüfen, das Fördervolumen insbesondere dort zu reduzieren, wo der Nachweis eines konkreten Nutzens nicht durch unabhängige Evaluierung erbracht ist.
Bundesstadt Bonn
Wir werden die ehemalige Hauptstadt Bonn als zweites bundespolitisches Zentrum erhalten und stärken. Deshalb werden wir jeglichen Bestrebungen, die von den Vereinbarungen des Berlin/Bonn-Gesetzes abweichen, entschieden entgegentreten. Zudem werden wir die Region Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler dabei unterstützen, mit dem Bund eine vertragliche Zusatzvereinbarung zum Berlin/Bonn-Gesetz zu schließen, mit der langfristige Planungssicherheit erreicht wird.
In Bonn sind regionale Netzwerkstrukturen zwischen verschiedenen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und internationalen Organisationen entstanden. Diese Kompetenzcluster sind ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt und deshalb zentrale Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung der Region. Eine fortdauernde Präsenz der Bundesministerien mit erstem Dienstsitz in Bonn ist dabei eine unverzichtbare Grundlage für die Fortentwicklung der bereits vorhandenen Kompetenzfelder.
Zusätzlich wollen wir die bundespolitischen Einrichtungen in Bonn synergetisch für die Entwicklung des Wissenschaftsstandorts nutzen. Dazu gehört auch die Einrichtung eines Zentrums für Sicherheits-, Krisen- und Konfliktstudien, das auch den Cyberraum miteinschließt.
UN-Standort Bonn
Bonn hat sich in den letzten Jahren als einziger deutscher Standort der Vereinten Nationen zu einem Kompetenzzentrum für Deutschland als internationalem Akteur entwickelt. Dazu gehören insbesondere die im Berlin/Bonn-Gesetz festgelegten Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung, Internationale Zusammenarbeit, Umwelt und nachhaltige Entwicklung, Telekommunikation und Cyber-Sicherheit.
Wir werden die Entwicklung des UN-Standortes Bonn weiter fördern. In diesem Rahmen unterstützen wir ausdrücklich die Bewerbung Bonns als neuem Standort der Europäischen Arzneimittelagentur. Wir werden die Stadt aktiv bei der Ansiedlung weiterer internationaler Agenturen sowie der Anwerbung und Durchführung internationaler Kongresse und Konferenzen unterstützen. So können wir das Potenzial des internationalen Standortes Bonn als Kompetenzzentrum für globale Entwicklung und Umwelt weiter ausbauen. Wir wollen vor Ort Synergien bilden und so die internationale Sichtbarkeit von Nordrhein-Westfalen erhöhen.
In diesem Sinne wollen wir die Arbeitsbedingungen für internationale Organisationen in Bonn verbessern. Dafür werden wir die Bundesratsinitiative für ein Gaststaatengesetz um Regelungen zugunsten nichtstaatlicher Organisationen erweitern, ohne dass eine zügige Verabschiedung gefährdet wird.
6. Kooperation der Koalitionspartner
Landtag
Beide Partner werden im Landtag und in den Gremien ein einheitliches Votum abgeben. Das gilt auch für die Fragen, die nicht Gegenstand der Koalitionsvereinbarung sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen. Über das Verfahren und die Arbeit im Parlament wird Einvernehmen zwischen den Koalitionsfraktionen hergestellt. Anträge, Gesetzesinitiativen und Große Anfragen werden in den Landtag nur im Einvernehmen der Koalitionspartner eingebracht. Bei Unstimmigkeiten wird der Koalitionsausschuss angerufen.
Koalitionsausschuss
Beide Partner bilden für die Klärung der als wesentlich erachteten Angelegenheiten einen paritätisch besetzten Koalitionsausschuss. Dieser besteht aus: Dem Ministerpräsidenten, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten, jeweils einem weiteren Regierungsmitglied und den Partei- und Fraktionsvorsitzenden. Er tritt regelmäßig in Plenarwochen des nordrhein-westfälischen Landtags zusammen und ansonsten auf Wunsch eines Koalitionspartners. Vorsitzender des Gremiums ist der Ministerpräsident, bei dessen Verhinderung der stellvertretende Ministerpräsident. Entscheidungen werden einstimmig getroffen.
Bundesrat
Die Landesregierung wird sachbezogen und konstruktiv an der Gesetzgebung des Bundes mitwirken und dabei die Interessen Nordrhein-Westfalens wirksam vertreten. Die Koalitionspartner vereinbaren, bei Festlegungen des Abstimmungsverhaltens im Bundesrat nur übereinstimmende Entscheidungen zu treffen. Dies gilt zwingend für die im Koalitionsvertrag fest vorgesehenen und vereinbarten Bundesratsinitiativen der Nordrhein-Westfalen-Koalition. Kommt eine Einigung über das Abstimmungsverhalten bei weiteren Bundesratsangelegenheiten nicht zustande, wird sich das Land Nordrhein-Westfalen im Bundesrat der Stimme enthalten.
Mitglieder des Bundesrates sind: Der Ministerpräsident, der stellvertretende Ministerpräsident, drei Minister der CDU und ein Minister der FDP. Die Stellvertreter sind ein Minister der FDP und fünf Minister der CDU. Sie werden je nach Sachgebiet die Interessen Nordrhein-Westfalens vertreten.
Im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag wird Nordrhein-Westfalen durch den Ministerpräsidenten vertreten. Stellvertreter des Ministerpräsidenten im Vermittlungsausschuss ist der stellvertretende Ministerpräsident.
7. Kabinett
Das Vorschlagsrecht zur Ernennung der Minister und Staatssekretäre obliegt für folgende Geschäftsbereiche der CDU (neun Ministerien):
Finanzen
Arbeit
Gesundheit
Inneres
Justiz
Umwelt
Landwirtschaft
Verkehr
Bau
Wissenschaft
Kommunales
Bundes- und Europaangelegenheiten
Das Vorschlagsrecht zur Ernennung der Minister und Staatssekretäre obliegt für folgende
Geschäftsbereiche der FDP (drei Ministerien):
Integration
Familie
Wirtschaft
Digitalisierung
Schule
Darüber hinaus hat die FDP das Vorschlagsrecht für den beamteten Staatssekretär im Justizministerium.